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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Ein Aventurier ohne Geld, dem man selbst die rechtmäßige Geburt streitig machte, hatte sich zum Vertheidiger eines Königs aufgestellt, den einer seiner nächsten Verwandten zu Grunde richtete, und der Vater seiner Gemahlin im Stich ließ. Ein regierender Prinz begab sich seiner Länder, die er ruhig beherrschte, um für einen andern, der ihm fremd war, das ungewisse Glück des Kriegs zu versuchen. Ein neuer Glücksritter, an Staaten arm, desto reicher an glorreichen Ahnen, übernimmt nach ihm die Vertheidigung einer Sache, welche er auszuführen verzweifelte. Herzog Christian von Braunschweig, Administrator von Halberstadt, glaubte dem Grafen von Mansfeld das Geheimniß abgelernt zu haben, eine Armee von zwanzig tausend Mann ohne Geld auf den Beinen zu erhalten. Von jugendlichem Uebermuth getrieben, und voll Begierde, sich auf Kosten der katholischen Geistlichkeit, die er ritterlich haßte, einen Namen zu machen, und Beute zu erwerben, versammelte er in Niedersachsen ein beträchtliches Heer, welchem die Vertheidigung Friedrichs und der Deutschen Freyheit den Namen leihen mußte. Gottes Freund und der Pfaffen Feind war der Wahlspruch, den er auf seinen Münzen von eingeschmolzenem Kirchensilber führte, und dem er durch seine Thaten keine Schande machte.

Der Weg, den diese Räuberbande nahm, war wie gewöhnlich mit der schrecklichsten Verheerung bezeichnet. Durch Plünderung der Niedersächsischen und Westphälischen Stifter sammelte sie Kräfte, die Bißthümer am Oberrhein zu plündern. Von Freund und Feind dort vertrieben, näherte sich der Administrator bey der Maynzischen Stadt Höchst dem Maynstrome, den er nach einem mörderischen Gefechte mit Tilly, der ihm den Uebergang streitig machen wollte, passirte. Mit Verlust seines halben Heers erreichte er das jenseitige Ufer, wo er den Ueberrest seiner Truppen schnell wieder sammelte, und mit demselben zu

Ein Aventurier ohne Geld, dem man selbst die rechtmäßige Geburt streitig machte, hatte sich zum Vertheidiger eines Königs aufgestellt, den einer seiner nächsten Verwandten zu Grunde richtete, und der Vater seiner Gemahlin im Stich ließ. Ein regierender Prinz begab sich seiner Länder, die er ruhig beherrschte, um für einen andern, der ihm fremd war, das ungewisse Glück des Kriegs zu versuchen. Ein neuer Glücksritter, an Staaten arm, desto reicher an glorreichen Ahnen, übernimmt nach ihm die Vertheidigung einer Sache, welche er auszuführen verzweifelte. Herzog Christian von Braunschweig, Administrator von Halberstadt, glaubte dem Grafen von Mansfeld das Geheimniß abgelernt zu haben, eine Armee von zwanzig tausend Mann ohne Geld auf den Beinen zu erhalten. Von jugendlichem Uebermuth getrieben, und voll Begierde, sich auf Kosten der katholischen Geistlichkeit, die er ritterlich haßte, einen Namen zu machen, und Beute zu erwerben, versammelte er in Niedersachsen ein beträchtliches Heer, welchem die Vertheidigung Friedrichs und der Deutschen Freyheit den Namen leihen mußte. Gottes Freund und der Pfaffen Feind war der Wahlspruch, den er auf seinen Münzen von eingeschmolzenem Kirchensilber führte, und dem er durch seine Thaten keine Schande machte.

Der Weg, den diese Räuberbande nahm, war wie gewöhnlich mit der schrecklichsten Verheerung bezeichnet. Durch Plünderung der Niedersächsischen und Westphälischen Stifter sammelte sie Kräfte, die Bißthümer am Oberrhein zu plündern. Von Freund und Feind dort vertrieben, näherte sich der Administrator bey der Maynzischen Stadt Höchst dem Maynstrome, den er nach einem mörderischen Gefechte mit Tilly, der ihm den Uebergang streitig machen wollte, passirte. Mit Verlust seines halben Heers erreichte er das jenseitige Ufer, wo er den Ueberrest seiner Truppen schnell wieder sammelte, und mit demselben zu

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[126/0134] Ein Aventurier ohne Geld, dem man selbst die rechtmäßige Geburt streitig machte, hatte sich zum Vertheidiger eines Königs aufgestellt, den einer seiner nächsten Verwandten zu Grunde richtete, und der Vater seiner Gemahlin im Stich ließ. Ein regierender Prinz begab sich seiner Länder, die er ruhig beherrschte, um für einen andern, der ihm fremd war, das ungewisse Glück des Kriegs zu versuchen. Ein neuer Glücksritter, an Staaten arm, desto reicher an glorreichen Ahnen, übernimmt nach ihm die Vertheidigung einer Sache, welche er auszuführen verzweifelte. Herzog Christian von Braunschweig, Administrator von Halberstadt, glaubte dem Grafen von Mansfeld das Geheimniß abgelernt zu haben, eine Armee von zwanzig tausend Mann ohne Geld auf den Beinen zu erhalten. Von jugendlichem Uebermuth getrieben, und voll Begierde, sich auf Kosten der katholischen Geistlichkeit, die er ritterlich haßte, einen Namen zu machen, und Beute zu erwerben, versammelte er in Niedersachsen ein beträchtliches Heer, welchem die Vertheidigung Friedrichs und der Deutschen Freyheit den Namen leihen mußte. Gottes Freund und der Pfaffen Feind war der Wahlspruch, den er auf seinen Münzen von eingeschmolzenem Kirchensilber führte, und dem er durch seine Thaten keine Schande machte. Der Weg, den diese Räuberbande nahm, war wie gewöhnlich mit der schrecklichsten Verheerung bezeichnet. Durch Plünderung der Niedersächsischen und Westphälischen Stifter sammelte sie Kräfte, die Bißthümer am Oberrhein zu plündern. Von Freund und Feind dort vertrieben, näherte sich der Administrator bey der Maynzischen Stadt Höchst dem Maynstrome, den er nach einem mörderischen Gefechte mit Tilly, der ihm den Uebergang streitig machen wollte, passirte. Mit Verlust seines halben Heers erreichte er das jenseitige Ufer, wo er den Ueberrest seiner Truppen schnell wieder sammelte, und mit demselben zu

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/134>, abgerufen am 30.04.2024.