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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Krieg dieses Recht zu geben schien, dessen Vergehungen schwer genug abgeschildert werden konnten, um jede Gewaltthätigkeit durch den Namen einer gesezmäßigen Züchtigung zu entschuldigen? Friedrich mußte also weiter verfolgt, Friedrich zu Grunde gerichtet werden, damit Maximilian belohnt werden könnte, und ein neuer Krieg ward eröffnet, um den alten zu bezahlen.

Aber ein ungleich wichtigerer Beweggrund kam hinzu, das Gewicht dieses erstern zu verstärken. Bis hieher hatte Ferdinand bloß für seine Existenz gefochten, und keine andre Pflichten, als die der Selbstvertheidigung erfüllt. Jezt aber, da der Sieg ihm Freyheit zu handeln gab, gedachte er seiner vermeintlichen höheren Pflichten, und erinnerte sich an das Gelübde, das er zu Loretto und Rom seiner Generalissima, der heiligen Jungfrau, gethan, mit Gefahr seiner Kronen und seines Lebens ihre Verehrung auszubreiten. Die Unterdrückung der Protestanten war mit diesem Gelübde unzertrennlich verknüpft. Günstigere Umstände konnten sich zu Erfüllung desselben nicht vereinigen, als sich jezt nach Endigung des Böhmischen Kriegs beysammen fanden. Die Pfälzischen Lande in katholische Hände zu bringen, fehlte es ihm weder an Macht noch an einem Schein des Rechts, und unübersehlich wichtig waren die Folgen dieser Veränderung für das ganze katholische Deutschland. Indem er den Herzog von Bayern mit dem Raube seines Verwandten belohnte, befriedigte er zugleich seine niedrigsten Begierden, und erfüllte seine erhabenste Pflicht: er zermalmte einen Feind, den er haßte; er ersparte seinem Eigennuz ein schmerzhaftes Opfer, indem er sich die himmlische Krone verdiente.

Friedrichs Untergang war längst im Kabinet des Kaisers beschlossen, ehe das Schicksal sich gegen ihn erklärte; aber erst, nachdem dieses lezte geschehen war, wagte man es, diesen Donner der willkührlichen

Krieg dieses Recht zu geben schien, dessen Vergehungen schwer genug abgeschildert werden konnten, um jede Gewaltthätigkeit durch den Namen einer gesezmäßigen Züchtigung zu entschuldigen? Friedrich mußte also weiter verfolgt, Friedrich zu Grunde gerichtet werden, damit Maximilian belohnt werden könnte, und ein neuer Krieg ward eröffnet, um den alten zu bezahlen.

Aber ein ungleich wichtigerer Beweggrund kam hinzu, das Gewicht dieses erstern zu verstärken. Bis hieher hatte Ferdinand bloß für seine Existenz gefochten, und keine andre Pflichten, als die der Selbstvertheidigung erfüllt. Jezt aber, da der Sieg ihm Freyheit zu handeln gab, gedachte er seiner vermeintlichen höheren Pflichten, und erinnerte sich an das Gelübde, das er zu Loretto und Rom seiner Generalissima, der heiligen Jungfrau, gethan, mit Gefahr seiner Kronen und seines Lebens ihre Verehrung auszubreiten. Die Unterdrückung der Protestanten war mit diesem Gelübde unzertrennlich verknüpft. Günstigere Umstände konnten sich zu Erfüllung desselben nicht vereinigen, als sich jezt nach Endigung des Böhmischen Kriegs beysammen fanden. Die Pfälzischen Lande in katholische Hände zu bringen, fehlte es ihm weder an Macht noch an einem Schein des Rechts, und unübersehlich wichtig waren die Folgen dieser Veränderung für das ganze katholische Deutschland. Indem er den Herzog von Bayern mit dem Raube seines Verwandten belohnte, befriedigte er zugleich seine niedrigsten Begierden, und erfüllte seine erhabenste Pflicht: er zermalmte einen Feind, den er haßte; er ersparte seinem Eigennuz ein schmerzhaftes Opfer, indem er sich die himmlische Krone verdiente.

Friedrichs Untergang war längst im Kabinet des Kaisers beschlossen, ehe das Schicksal sich gegen ihn erklärte; aber erst, nachdem dieses lezte geschehen war, wagte man es, diesen Donner der willkührlichen

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[121/0129] Krieg dieses Recht zu geben schien, dessen Vergehungen schwer genug abgeschildert werden konnten, um jede Gewaltthätigkeit durch den Namen einer gesezmäßigen Züchtigung zu entschuldigen? Friedrich mußte also weiter verfolgt, Friedrich zu Grunde gerichtet werden, damit Maximilian belohnt werden könnte, und ein neuer Krieg ward eröffnet, um den alten zu bezahlen. Aber ein ungleich wichtigerer Beweggrund kam hinzu, das Gewicht dieses erstern zu verstärken. Bis hieher hatte Ferdinand bloß für seine Existenz gefochten, und keine andre Pflichten, als die der Selbstvertheidigung erfüllt. Jezt aber, da der Sieg ihm Freyheit zu handeln gab, gedachte er seiner vermeintlichen höheren Pflichten, und erinnerte sich an das Gelübde, das er zu Loretto und Rom seiner Generalissima, der heiligen Jungfrau, gethan, mit Gefahr seiner Kronen und seines Lebens ihre Verehrung auszubreiten. Die Unterdrückung der Protestanten war mit diesem Gelübde unzertrennlich verknüpft. Günstigere Umstände konnten sich zu Erfüllung desselben nicht vereinigen, als sich jezt nach Endigung des Böhmischen Kriegs beysammen fanden. Die Pfälzischen Lande in katholische Hände zu bringen, fehlte es ihm weder an Macht noch an einem Schein des Rechts, und unübersehlich wichtig waren die Folgen dieser Veränderung für das ganze katholische Deutschland. Indem er den Herzog von Bayern mit dem Raube seines Verwandten belohnte, befriedigte er zugleich seine niedrigsten Begierden, und erfüllte seine erhabenste Pflicht: er zermalmte einen Feind, den er haßte; er ersparte seinem Eigennuz ein schmerzhaftes Opfer, indem er sich die himmlische Krone verdiente. Friedrichs Untergang war längst im Kabinet des Kaisers beschlossen, ehe das Schicksal sich gegen ihn erklärte; aber erst, nachdem dieses lezte geschehen war, wagte man es, diesen Donner der willkührlichen

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/129>, abgerufen am 30.04.2024.