Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.hatte - Gustavs Heldengröße, zerriß das Gewebe dieser betrügerischen Staatskunst. Dieser achtjährige Pohlnische Krieg, weit entfernt, die Schwedische Macht zu erschöpfen, hatte bloß dazu gedient, das Feldherrngenie Gustav Adolphs zu zeitigen, in einer langen Fechtübung die Schwedischen Heere zu stählen, und unvermerkt die neue Kriegskunst in Gang zu bringen, durch welche sie nachher auf Deutschem Boden Wunder thun sollten. Nach dieser nothwendigen Digreßion über den damaligen Zustand der Europäischen Staaten sey mir erlaubt, den Faden der Geschichte wieder aufzunehmen. Seine Staaten hatte Ferdinand wieder, aber noch nicht den Aufwand, den ihre Wiedereroberung ihm gekostet hatte. Eine Summe von 40 Millionen Gulden, welche die Konfiskationen in Böhmen und Mähren in seine Hände brachten, würde hinreichend gewesen seyn, ihm und seinen Alliirten alle Unkosten zu vergüten; aber diese unermeßliche Summe war bald in den Händen der Jesuiten und seiner Günstlinge zerronnen. Herzog Maximilian von Bayern, dessen siegreichem Arme der Kaiser fast allein den Besiz seiner Staaten verdankte, der, um seiner Religion und seinem Kaiser zu dienen, einen nahen Verwandten aufgeopfert hatte, Maximilian hatte die gegründetsten Ansprüche auf seine Dankbarkeit und in einem Vertrage, den der Herzog noch vor dem Ausbruch des Kriegs mit dem Kaiser schloß, hatte er sich ausdrücklich den Ersatz aller Unkosten ausbedungen. Ferdinand fühlte die ganze Verbindlichkeit, welche dieser Vertrag und jene Dienste ihm auflegten, aber er hatte nicht Lust, sie mit eignem Verlust zu erfüllen. Seine Absicht war, den Herzog auf das glänzendste zu belohnen, aber ohne sich selbst zu berauben. Wie konnte dieses besser geschehen, als auf Unkosten desjenigen Fürsten, gegen welchen ihm der hatte – Gustavs Heldengröße, zerriß das Gewebe dieser betrügerischen Staatskunst. Dieser achtjährige Pohlnische Krieg, weit entfernt, die Schwedische Macht zu erschöpfen, hatte bloß dazu gedient, das Feldherrngenie Gustav Adolphs zu zeitigen, in einer langen Fechtübung die Schwedischen Heere zu stählen, und unvermerkt die neue Kriegskunst in Gang zu bringen, durch welche sie nachher auf Deutschem Boden Wunder thun sollten. Nach dieser nothwendigen Digreßion über den damaligen Zustand der Europäischen Staaten sey mir erlaubt, den Faden der Geschichte wieder aufzunehmen. Seine Staaten hatte Ferdinand wieder, aber noch nicht den Aufwand, den ihre Wiedereroberung ihm gekostet hatte. Eine Summe von 40 Millionen Gulden, welche die Konfiskationen in Böhmen und Mähren in seine Hände brachten, würde hinreichend gewesen seyn, ihm und seinen Alliirten alle Unkosten zu vergüten; aber diese unermeßliche Summe war bald in den Händen der Jesuiten und seiner Günstlinge zerronnen. Herzog Maximilian von Bayern, dessen siegreichem Arme der Kaiser fast allein den Besiz seiner Staaten verdankte, der, um seiner Religion und seinem Kaiser zu dienen, einen nahen Verwandten aufgeopfert hatte, Maximilian hatte die gegründetsten Ansprüche auf seine Dankbarkeit und in einem Vertrage, den der Herzog noch vor dem Ausbruch des Kriegs mit dem Kaiser schloß, hatte er sich ausdrücklich den Ersatz aller Unkosten ausbedungen. Ferdinand fühlte die ganze Verbindlichkeit, welche dieser Vertrag und jene Dienste ihm auflegten, aber er hatte nicht Lust, sie mit eignem Verlust zu erfüllen. Seine Absicht war, den Herzog auf das glänzendste zu belohnen, aber ohne sich selbst zu berauben. 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Wie konnte dieses besser geschehen, als auf Unkosten desjenigen Fürsten, gegen welchen ihm der </p> </div> </body> </text> </TEI> [120/0128]
hatte – Gustavs Heldengröße, zerriß das Gewebe dieser betrügerischen Staatskunst. Dieser achtjährige Pohlnische Krieg, weit entfernt, die Schwedische Macht zu erschöpfen, hatte bloß dazu gedient, das Feldherrngenie Gustav Adolphs zu zeitigen, in einer langen Fechtübung die Schwedischen Heere zu stählen, und unvermerkt die neue Kriegskunst in Gang zu bringen, durch welche sie nachher auf Deutschem Boden Wunder thun sollten.
Nach dieser nothwendigen Digreßion über den damaligen Zustand der Europäischen Staaten sey mir erlaubt, den Faden der Geschichte wieder aufzunehmen.
Seine Staaten hatte Ferdinand wieder, aber noch nicht den Aufwand, den ihre Wiedereroberung ihm gekostet hatte. Eine Summe von 40 Millionen Gulden, welche die Konfiskationen in Böhmen und Mähren in seine Hände brachten, würde hinreichend gewesen seyn, ihm und seinen Alliirten alle Unkosten zu vergüten; aber diese unermeßliche Summe war bald in den Händen der Jesuiten und seiner Günstlinge zerronnen. Herzog Maximilian von Bayern, dessen siegreichem Arme der Kaiser fast allein den Besiz seiner Staaten verdankte, der, um seiner Religion und seinem Kaiser zu dienen, einen nahen Verwandten aufgeopfert hatte, Maximilian hatte die gegründetsten Ansprüche auf seine Dankbarkeit und in einem Vertrage, den der Herzog noch vor dem Ausbruch des Kriegs mit dem Kaiser schloß, hatte er sich ausdrücklich den Ersatz aller Unkosten ausbedungen. Ferdinand fühlte die ganze Verbindlichkeit, welche dieser Vertrag und jene Dienste ihm auflegten, aber er hatte nicht Lust, sie mit eignem Verlust zu erfüllen. Seine Absicht war, den Herzog auf das glänzendste zu belohnen, aber ohne sich selbst zu berauben. Wie konnte dieses besser geschehen, als auf Unkosten desjenigen Fürsten, gegen welchen ihm der
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/128>, abgerufen am 16.02.2025. |