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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Tod seines Vaters erledigt wurde; aber die frühe Reife seines Geistes vermochte die Stände, den gesezmäßigen Termin der Minderjährigkeit zu seinem Vortheil zu verkürzen. Mit einem glorreichen Siege über sich selbst eröffnete er eine Regierung, die den Sieg zum beständigen Begleiter haben und siegend endigen sollte. Die junge Gräfin von Brahe, eine Tochter seines Unterthans, hatte die Erstlinge seines großen Herzens, und sein Entschluß war aufrichtig, den Schwedischen Thron mit ihr zu theilen. Aber von Zeit und Umständen bezwungen, unterwarf sich seine Neigung der höhern Regentenpflicht, und die Heldentugend gewann wieder ausschließend ein Herz, das nicht bestimmt war, sich in das stille Glück eines einzigen Geschöpfs einzuschließen.

Christian IV. von Dänemark, König schon, ehe Gustav das Licht der Welt erblickte, hatte die Schwedischen Grenzen angefallen, und über den Vater dieses Helden wichtige Vortheile errungen. Gustav Adolph eilte, diesen verderblichen Krieg zu endigen, und erkaufte durch weise Aufopferungen den Frieden, um seine Waffen gegen den Czar von Moskau zu kehren. Nie versuchte ihn der zweydeutige Ruhm eines Eroberers, das Blut seiner Völker in ungerechten Kriegen zu versprizen; aber ein gerechter wurde nie von ihm verschmäht. Seine Waffen waren glücklich gegen Rußland, und das Schwedische Reich sah sich mit wichtigen Provinzen gegen Osten vergrößert.

Unterdessen sezte König Sigismund von Polen gegen den Sohn die feindseligen Gesinnungen fort, wozu der Vater ihn berechtigt hatte, und ließ keinen Kunstgriff unversucht, die Unterthanen Gustav Adolphs in ihrer Treue wankend, seine Freunde kaltsinnig, seine Feinde unversöhnlich zu machen. Weder die großen Eigenschaften seines Gegners, noch die gehäuftesten Merkmale von Ergebenheit, welche Schweden seinem angebeteten König gab, konnten diesen betrogenen Fürsten von

Tod seines Vaters erledigt wurde; aber die frühe Reife seines Geistes vermochte die Stände, den gesezmäßigen Termin der Minderjährigkeit zu seinem Vortheil zu verkürzen. Mit einem glorreichen Siege über sich selbst eröffnete er eine Regierung, die den Sieg zum beständigen Begleiter haben und siegend endigen sollte. Die junge Gräfin von Brahe, eine Tochter seines Unterthans, hatte die Erstlinge seines großen Herzens, und sein Entschluß war aufrichtig, den Schwedischen Thron mit ihr zu theilen. Aber von Zeit und Umständen bezwungen, unterwarf sich seine Neigung der höhern Regentenpflicht, und die Heldentugend gewann wieder ausschließend ein Herz, das nicht bestimmt war, sich in das stille Glück eines einzigen Geschöpfs einzuschließen.

Christian IV. von Dänemark, König schon, ehe Gustav das Licht der Welt erblickte, hatte die Schwedischen Grenzen angefallen, und über den Vater dieses Helden wichtige Vortheile errungen. Gustav Adolph eilte, diesen verderblichen Krieg zu endigen, und erkaufte durch weise Aufopferungen den Frieden, um seine Waffen gegen den Czar von Moskau zu kehren. Nie versuchte ihn der zweydeutige Ruhm eines Eroberers, das Blut seiner Völker in ungerechten Kriegen zu versprizen; aber ein gerechter wurde nie von ihm verschmäht. Seine Waffen waren glücklich gegen Rußland, und das Schwedische Reich sah sich mit wichtigen Provinzen gegen Osten vergrößert.

Unterdessen sezte König Sigismund von Polen gegen den Sohn die feindseligen Gesinnungen fort, wozu der Vater ihn berechtigt hatte, und ließ keinen Kunstgriff unversucht, die Unterthanen Gustav Adolphs in ihrer Treue wankend, seine Freunde kaltsinnig, seine Feinde unversöhnlich zu machen. Weder die großen Eigenschaften seines Gegners, noch die gehäuftesten Merkmale von Ergebenheit, welche Schweden seinem angebeteten König gab, konnten diesen betrogenen Fürsten von

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[118/0126] Tod seines Vaters erledigt wurde; aber die frühe Reife seines Geistes vermochte die Stände, den gesezmäßigen Termin der Minderjährigkeit zu seinem Vortheil zu verkürzen. Mit einem glorreichen Siege über sich selbst eröffnete er eine Regierung, die den Sieg zum beständigen Begleiter haben und siegend endigen sollte. Die junge Gräfin von Brahe, eine Tochter seines Unterthans, hatte die Erstlinge seines großen Herzens, und sein Entschluß war aufrichtig, den Schwedischen Thron mit ihr zu theilen. Aber von Zeit und Umständen bezwungen, unterwarf sich seine Neigung der höhern Regentenpflicht, und die Heldentugend gewann wieder ausschließend ein Herz, das nicht bestimmt war, sich in das stille Glück eines einzigen Geschöpfs einzuschließen. Christian IV. von Dänemark, König schon, ehe Gustav das Licht der Welt erblickte, hatte die Schwedischen Grenzen angefallen, und über den Vater dieses Helden wichtige Vortheile errungen. Gustav Adolph eilte, diesen verderblichen Krieg zu endigen, und erkaufte durch weise Aufopferungen den Frieden, um seine Waffen gegen den Czar von Moskau zu kehren. Nie versuchte ihn der zweydeutige Ruhm eines Eroberers, das Blut seiner Völker in ungerechten Kriegen zu versprizen; aber ein gerechter wurde nie von ihm verschmäht. Seine Waffen waren glücklich gegen Rußland, und das Schwedische Reich sah sich mit wichtigen Provinzen gegen Osten vergrößert. Unterdessen sezte König Sigismund von Polen gegen den Sohn die feindseligen Gesinnungen fort, wozu der Vater ihn berechtigt hatte, und ließ keinen Kunstgriff unversucht, die Unterthanen Gustav Adolphs in ihrer Treue wankend, seine Freunde kaltsinnig, seine Feinde unversöhnlich zu machen. Weder die großen Eigenschaften seines Gegners, noch die gehäuftesten Merkmale von Ergebenheit, welche Schweden seinem angebeteten König gab, konnten diesen betrogenen Fürsten von

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/126>, abgerufen am 30.04.2024.