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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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zu nehmen. Ein angebornes Grauen vor jeder blossen Klinge schreckte ihn auch von dem gerechtesten Kriege zurück; sein Liebling Buckingham spielte mit seinen Schwächen, und seine selbstgefällige Eitelkeit machte es der Spanischen Arglist leicht, ihn zu betrügen. Während daß man seinen Eidam in Deutschland zu Grunde richtete, und das Erbtheil seiner Enkel an andre verschenkte, zog dieser blödsinnige Alte mit glückseligem Wohlgefallen den Weihrauch ein, den ihm Oesterreich und Spanien streuten. Um seine Aufmerksamkeit von dem Deutschen Kriege abzulenken, zeigte man ihm eine Schwiegertochter in Madrid, und der spaßhafte Vater rüstete seinen abenteuerlichen Sohn selbst zu dem Gaukelspiel aus, mit welchem dieser seine Spanische Braut überraschte. Die Spanische Braut verschwand seinem Sohne, wie die Böhmische Krone und der Pfälzische Churhut seinem Eidam, und nur der Tod entriß ihn der Gefahr, seine friedfertige Regierung mit einem Kriege zu beschließen, bloß weil er den Muth nicht gehabt hatte, ihn von weitem zu zeigen.

Die bürgerlichen Stürme, durch sein ungeschicktes Regiment vorbereitet, erwachten unter seinem unglücklichen Sohn, und nöthigten diesen bald nach einigen unerheblichen Versuchen, jedem Antheil an dem Deutschen Kriege zu entsagen, um die Wuth der Faktionen in seinem eigenen Reiche zu löschen, von denen er endlich ein beklagenswerthes Opfer ward.

Zwey verdienstvolle Könige, an persönlichem Ruhm einander zwar bey weitem nicht gleich, aber gleich an Macht und an Ruhmbegierde, sezten damals den Europäischen Norden in Achtung. Unter der langen und thätigen Regierung Christians IV. wuchs Dänemark zu einer bedeutenden Macht empor. Die persönlichen Eigenschalten dieses Fürsten, eine vortreffliche Marine, auserlesene Truppen, wohl bestellte Finanzen und staatskluge Bündnisse vereinigten sich, diesem Staate

zu nehmen. Ein angebornes Grauen vor jeder blossen Klinge schreckte ihn auch von dem gerechtesten Kriege zurück; sein Liebling Buckingham spielte mit seinen Schwächen, und seine selbstgefällige Eitelkeit machte es der Spanischen Arglist leicht, ihn zu betrügen. Während daß man seinen Eidam in Deutschland zu Grunde richtete, und das Erbtheil seiner Enkel an andre verschenkte, zog dieser blödsinnige Alte mit glückseligem Wohlgefallen den Weihrauch ein, den ihm Oesterreich und Spanien streuten. Um seine Aufmerksamkeit von dem Deutschen Kriege abzulenken, zeigte man ihm eine Schwiegertochter in Madrid, und der spaßhafte Vater rüstete seinen abenteuerlichen Sohn selbst zu dem Gaukelspiel aus, mit welchem dieser seine Spanische Braut überraschte. Die Spanische Braut verschwand seinem Sohne, wie die Böhmische Krone und der Pfälzische Churhut seinem Eidam, und nur der Tod entriß ihn der Gefahr, seine friedfertige Regierung mit einem Kriege zu beschließen, bloß weil er den Muth nicht gehabt hatte, ihn von weitem zu zeigen.

Die bürgerlichen Stürme, durch sein ungeschicktes Regiment vorbereitet, erwachten unter seinem unglücklichen Sohn, und nöthigten diesen bald nach einigen unerheblichen Versuchen, jedem Antheil an dem Deutschen Kriege zu entsagen, um die Wuth der Faktionen in seinem eigenen Reiche zu löschen, von denen er endlich ein beklagenswerthes Opfer ward.

Zwey verdienstvolle Könige, an persönlichem Ruhm einander zwar bey weitem nicht gleich, aber gleich an Macht und an Ruhmbegierde, sezten damals den Europäischen Norden in Achtung. Unter der langen und thätigen Regierung Christians IV. wuchs Dänemark zu einer bedeutenden Macht empor. Die persönlichen Eigenschalten dieses Fürsten, eine vortreffliche Marine, auserlesene Truppen, wohl bestellte Finanzen und staatskluge Bündnisse vereinigten sich, diesem Staate

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[115/0123] zu nehmen. Ein angebornes Grauen vor jeder blossen Klinge schreckte ihn auch von dem gerechtesten Kriege zurück; sein Liebling Buckingham spielte mit seinen Schwächen, und seine selbstgefällige Eitelkeit machte es der Spanischen Arglist leicht, ihn zu betrügen. Während daß man seinen Eidam in Deutschland zu Grunde richtete, und das Erbtheil seiner Enkel an andre verschenkte, zog dieser blödsinnige Alte mit glückseligem Wohlgefallen den Weihrauch ein, den ihm Oesterreich und Spanien streuten. Um seine Aufmerksamkeit von dem Deutschen Kriege abzulenken, zeigte man ihm eine Schwiegertochter in Madrid, und der spaßhafte Vater rüstete seinen abenteuerlichen Sohn selbst zu dem Gaukelspiel aus, mit welchem dieser seine Spanische Braut überraschte. Die Spanische Braut verschwand seinem Sohne, wie die Böhmische Krone und der Pfälzische Churhut seinem Eidam, und nur der Tod entriß ihn der Gefahr, seine friedfertige Regierung mit einem Kriege zu beschließen, bloß weil er den Muth nicht gehabt hatte, ihn von weitem zu zeigen. Die bürgerlichen Stürme, durch sein ungeschicktes Regiment vorbereitet, erwachten unter seinem unglücklichen Sohn, und nöthigten diesen bald nach einigen unerheblichen Versuchen, jedem Antheil an dem Deutschen Kriege zu entsagen, um die Wuth der Faktionen in seinem eigenen Reiche zu löschen, von denen er endlich ein beklagenswerthes Opfer ward. Zwey verdienstvolle Könige, an persönlichem Ruhm einander zwar bey weitem nicht gleich, aber gleich an Macht und an Ruhmbegierde, sezten damals den Europäischen Norden in Achtung. Unter der langen und thätigen Regierung Christians IV. wuchs Dänemark zu einer bedeutenden Macht empor. Die persönlichen Eigenschalten dieses Fürsten, eine vortreffliche Marine, auserlesene Truppen, wohl bestellte Finanzen und staatskluge Bündnisse vereinigten sich, diesem Staate

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/123>, abgerufen am 30.04.2024.