Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784. Präsident. Und den Brief irgend wo heraus- fallen laßen, wo er dem Major zu Gesicht kom- men muß. Hofmarschall. Zum Exempel auf der Parade will ich ihn als von Ohngefehr, mit dem Schnupf- tuch herausschleudern? Präsident. Und die Rolle ihres Liebhabers ge- gen den Major behaupten? Hofmarschall. Mort de ma vie! Ich will ihn schon waschen! Ich will dem Naseweis den Appetit nach meinen Amouren verleiden. Präsident. Nun gehts nach Wunsch. Der Brief mus noch heute geschrieben seyn. Sie müssen vor Abend noch her kommen, ihn abzuholen, und ihre Rolle mit mir zu berichtigen. Hofmarschall. Sobald ich sechszehn Visiten werde gegeben haben, die von allerhöchster Impor- tance sind. Verzeihen Sie also, wenn ich mich oh- ne Aufschub beurlaube (geht) Präsident. (klingelt) Ich zäle auf Ihre Ver- schlagenheit, Marschall. Hofmarschall. (ruft zurük) Ah mon Dieu! Sie kennen mich ja. Drit-
Praͤſident. Und den Brief irgend wo heraus- fallen laßen, wo er dem Major zu Geſicht kom- men muß. Hofmarſchall. Zum Exempel auf der Parade will ich ihn als von Ohngefehr, mit dem Schnupf- tuch herausſchleudern? Praͤſident. Und die Rolle ihres Liebhabers ge- gen den Major behaupten? Hofmarſchall. Mort de ma vie! Ich will ihn ſchon waſchen! Ich will dem Naſeweis den Appetit nach meinen Amouren verleiden. Praͤſident. Nun gehts nach Wunſch. Der Brief mus noch heute geſchrieben ſeyn. Sie muͤſſen vor Abend noch her kommen, ihn abzuholen, und ihre Rolle mit mir zu berichtigen. Hofmarſchall. Sobald ich ſechszehn Viſiten werde gegeben haben, die von allerhoͤchſter Impor- tance ſind. Verzeihen Sie alſo, wenn ich mich oh- ne Aufſchub beurlaube (geht) Praͤſident. (klingelt) Ich zaͤle auf Ihre Ver- ſchlagenheit, Marſchall. Hofmarſchall. (ruft zuruͤk) Ah mon Dieu! Sie kennen mich ja. Drit-
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Praͤſident. Und den Brief irgend wo heraus-
fallen laßen, wo er dem Major zu Geſicht kom-
men muß.
Hofmarſchall. Zum Exempel auf der Parade
will ich ihn als von Ohngefehr, mit dem Schnupf-
tuch herausſchleudern?
Praͤſident. Und die Rolle ihres Liebhabers ge-
gen den Major behaupten?
Hofmarſchall. Mort de ma vie! Ich will ihn
ſchon waſchen! Ich will dem Naſeweis den Appetit
nach meinen Amouren verleiden.
Praͤſident. Nun gehts nach Wunſch. Der
Brief mus noch heute geſchrieben ſeyn. Sie muͤſſen
vor Abend noch her kommen, ihn abzuholen, und
ihre Rolle mit mir zu berichtigen.
Hofmarſchall. Sobald ich ſechszehn Viſiten
werde gegeben haben, die von allerhoͤchſter Impor-
tance ſind. Verzeihen Sie alſo, wenn ich mich oh-
ne Aufſchub beurlaube (geht)
Praͤſident. (klingelt) Ich zaͤle auf Ihre Ver-
ſchlagenheit, Marſchall.
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/86>, abgerufen am 05.07.2024. |