Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
Lady. (steht auf, heftig bewegt) Weg mit die-
sen Steinen -- sie blizzen Höllenflammen in mein
Herz (sanfter zum Kammerdiener) Mäßige dich armer
alter Mann. Sie werden wieder kommen. Sie
werden ihr Vaterland wieder sehen.

Kammerdiener. (warm und voll) Das weiß
der Himmel! Das werden Sie! -- Noch am Stadt-
thor drehten sie sich um, und schrieen: "Gott mit
Euch, Weib und Kinder -- Es leb unser Landesvater
-- am jüngsten Gericht sind wir wieder da!" --

Lady. (mit starkem Schritt auf und nieder gehend)
Abscheulich! Fürchterlich! -- Mich beredete man,
ich habe sie alle getroknet die Tränen des Landes --
Schreklich, schreklich gehen mir die Augen auf --
Geh du -- Sag deinem Herrn -- Ich werd ihm
persönlich danken (Kammerdiener will gehen, sie wirft
ihm ihre Goldbörse in den Hut)
Und das nimm, weil
du mir Wahrheit sagtest --

Kammerdiener. (wirft sie verächtlich auf den Tisch
zurük)
Legts zu dem übrigen. (er geht ab.)
Lady. (sieht ihm erstaunt nach) Sophie, spring
ihm nach, frag ihn um seinen Namen. Er soll seine
Söhne wieder haben. (Sophie ab. Lady nachdenkend auf
und nieder. Pause. Zu Sophien, die wieder kommt)
Gieng
nicht jüngst ein Gerüchte, daß das Feuer eine Stadt
an der Grenze verwüstet, und bei vierhundert Fa-
milien an den Bettelstab gebracht habe? (sie klingelt)
Sophie. Wie kommen Sie auf das? Aller-
dings ist es so, und die mehresten dieser Unglüklichen
dienen
C 5
Lady. (ſteht auf, heftig bewegt) Weg mit die-
ſen Steinen — ſie blizzen Hoͤllenflammen in mein
Herz (ſanfter zum Kammerdiener) Maͤßige dich armer
alter Mann. Sie werden wieder kommen. Sie
werden ihr Vaterland wieder ſehen.

Kammerdiener. (warm und voll) Das weiß
der Himmel! Das werden Sie! — Noch am Stadt-
thor drehten ſie ſich um, und ſchrieen: „Gott mit
Euch, Weib und Kinder — Es leb unſer Landesvater
— am juͤngſten Gericht ſind wir wieder da!„ —

Lady. (mit ſtarkem Schritt auf und nieder gehend)
Abſcheulich! Fuͤrchterlich! — Mich beredete man,
ich habe ſie alle getroknet die Traͤnen des Landes —
Schreklich, ſchreklich gehen mir die Augen auf —
Geh du — Sag deinem Herrn — Ich werd ihm
perſoͤnlich danken (Kammerdiener will gehen, ſie wirft
ihm ihre Goldboͤrſe in den Hut)
Und das nimm, weil
du mir Wahrheit ſagteſt —

Kammerdiener. (wirft ſie veraͤchtlich auf den Tiſch
zuruͤk)
Legts zu dem uͤbrigen. (er geht ab.)
Lady. (ſieht ihm erſtaunt nach) Sophie, ſpring
ihm nach, frag ihn um ſeinen Namen. Er ſoll ſeine
Soͤhne wieder haben. (Sophie ab. Lady nachdenkend auf
und nieder. Pauſe. Zu Sophien, die wieder kommt)
Gieng
nicht juͤngſt ein Geruͤchte, daß das Feuer eine Stadt
an der Grenze verwuͤſtet, und bei vierhundert Fa-
milien an den Bettelſtab gebracht habe? (ſie klingelt)
Sophie. Wie kommen Sie auf das? Aller-
dings iſt es ſo, und die mehreſten dieſer Ungluͤklichen
dienen
C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0045" n="41"/>
          <sp who="#LAD">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Lady.</hi> </speaker>
            <p><stage>(&#x017F;teht auf, heftig bewegt)</stage> Weg mit die-<lb/>
&#x017F;en Steinen &#x2014; &#x017F;ie blizzen Ho&#x0364;llenflammen in mein<lb/>
Herz <stage>(&#x017F;anfter zum Kammerdiener)</stage> Ma&#x0364;ßige dich armer<lb/>
alter Mann. Sie werden wieder kommen. Sie<lb/>
werden ihr Vaterland wieder &#x017F;ehen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#KAM">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Kammerdiener.</hi> </speaker>
            <p><stage>(warm und voll)</stage> Das weiß<lb/>
der Himmel! Das werden Sie! &#x2014; Noch am Stadt-<lb/>
thor drehten &#x017F;ie &#x017F;ich um, und &#x017F;chrieen: &#x201E;Gott mit<lb/>
Euch, Weib und Kinder &#x2014; Es leb un&#x017F;er Landesvater<lb/>
&#x2014; am ju&#x0364;ng&#x017F;ten Gericht &#x017F;ind wir wieder da!&#x201E; &#x2014;</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#LAD">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Lady.</hi> </speaker>
            <p><stage>(mit &#x017F;tarkem Schritt auf und nieder gehend)</stage><lb/>
Ab&#x017F;cheulich! Fu&#x0364;rchterlich! &#x2014; <hi rendition="#fr">Mich</hi> beredete man,<lb/>
ich habe &#x017F;ie alle getroknet die Tra&#x0364;nen des Landes &#x2014;<lb/>
Schreklich, &#x017F;chreklich gehen mir die Augen auf &#x2014;<lb/>
Geh du &#x2014; Sag deinem Herrn &#x2014; Ich werd ihm<lb/>
per&#x017F;o&#x0364;nlich danken <stage>(Kammerdiener will gehen, &#x017F;ie wirft<lb/>
ihm ihre Goldbo&#x0364;r&#x017F;e in den Hut)</stage> Und das nimm, weil<lb/>
du mir Wahrheit &#x017F;agte&#x017F;t &#x2014;</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#KAM">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Kammerdiener.</hi> </speaker>
            <p><stage>(wirft &#x017F;ie vera&#x0364;chtlich auf den Ti&#x017F;ch<lb/>
zuru&#x0364;k)</stage> Legts zu dem u&#x0364;brigen. <stage>(er geht ab.)</stage></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LAD">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Lady.</hi> </speaker>
            <p><stage>(&#x017F;ieht ihm er&#x017F;taunt nach)</stage> Sophie, &#x017F;pring<lb/>
ihm nach, frag ihn um &#x017F;einen Namen. Er &#x017F;oll &#x017F;eine<lb/>
So&#x0364;hne wieder haben. <stage>(Sophie ab. Lady nachdenkend auf<lb/>
und nieder. Pau&#x017F;e. Zu Sophien, die wieder kommt)</stage> Gieng<lb/>
nicht ju&#x0364;ng&#x017F;t ein Geru&#x0364;chte, daß das Feuer eine Stadt<lb/>
an der Grenze verwu&#x0364;&#x017F;tet, und bei vierhundert Fa-<lb/>
milien an den Bettel&#x017F;tab gebracht habe? <stage>(&#x017F;ie klingelt)</stage></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SOP">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Sophie.</hi> </speaker>
            <p>Wie kommen Sie auf das? Aller-<lb/>
dings i&#x017F;t es &#x017F;o, und die mehre&#x017F;ten die&#x017F;er Unglu&#x0364;klichen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">dienen</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0045] Lady. (ſteht auf, heftig bewegt) Weg mit die- ſen Steinen — ſie blizzen Hoͤllenflammen in mein Herz (ſanfter zum Kammerdiener) Maͤßige dich armer alter Mann. Sie werden wieder kommen. Sie werden ihr Vaterland wieder ſehen. Kammerdiener. (warm und voll) Das weiß der Himmel! Das werden Sie! — Noch am Stadt- thor drehten ſie ſich um, und ſchrieen: „Gott mit Euch, Weib und Kinder — Es leb unſer Landesvater — am juͤngſten Gericht ſind wir wieder da!„ — Lady. (mit ſtarkem Schritt auf und nieder gehend) Abſcheulich! Fuͤrchterlich! — Mich beredete man, ich habe ſie alle getroknet die Traͤnen des Landes — Schreklich, ſchreklich gehen mir die Augen auf — Geh du — Sag deinem Herrn — Ich werd ihm perſoͤnlich danken (Kammerdiener will gehen, ſie wirft ihm ihre Goldboͤrſe in den Hut) Und das nimm, weil du mir Wahrheit ſagteſt — Kammerdiener. (wirft ſie veraͤchtlich auf den Tiſch zuruͤk) Legts zu dem uͤbrigen. (er geht ab.) Lady. (ſieht ihm erſtaunt nach) Sophie, ſpring ihm nach, frag ihn um ſeinen Namen. Er ſoll ſeine Soͤhne wieder haben. (Sophie ab. Lady nachdenkend auf und nieder. Pauſe. Zu Sophien, die wieder kommt) Gieng nicht juͤngſt ein Geruͤchte, daß das Feuer eine Stadt an der Grenze verwuͤſtet, und bei vierhundert Fa- milien an den Bettelſtab gebracht habe? (ſie klingelt) Sophie. Wie kommen Sie auf das? Aller- dings iſt es ſo, und die mehreſten dieſer Ungluͤklichen dienen C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/45
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/45>, abgerufen am 24.11.2024.