Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
Ihnen. Vielleicht -- wer weiß? -- Ich könnte mich
noch wol über gewisse Dinge hinwegsezen -- War
lich! Bei Gott! Ich habe Mitleid mit Ihnen.

Louise. (blikt ihn starr und durchdringend an) Re-
den Sie nicht aus mein Herr. Sie sind auf dem
Wege sich etwas Entsezliches zu wünschen.

Wurm. (im Begriff ihre Hand zu küssen) Ge-
sezt, es wäre diese niedliche Hand -- Wie so liebe
Jungfer?

Louise. (groß und schreklich) Weil ich dich in
der Brautnacht erdrosselte, und mich dann mit Wol-
lust aufs Rad flechten ließe (sie will gehen, kommt
aber schnell zurük)
Sind wir jezt fertig mein Herr?
Darf die Taube nun fliegen?

Wurm. Nur noch die Kleinigkeit Jungfer. Sie
müssen mit mir, und das Sakrament darauf neh-
men, diesen Brief für einen freiwilligen zu erkennen.

Louise. Gott! Gott! und du selbst must das
Siegel geben, die Werke der Hölle zu verwahren?

(Wurm zieht sie fort.)
Vier-
G 2
Ihnen. Vielleicht — wer weiß? — Ich koͤnnte mich
noch wol uͤber gewiſſe Dinge hinwegſezen — War
lich! Bei Gott! Ich habe Mitleid mit Ihnen.

Louiſe. (blikt ihn ſtarr und durchdringend an) Re-
den Sie nicht aus mein Herr. Sie ſind auf dem
Wege ſich etwas Entſezliches zu wuͤnſchen.

Wurm. (im Begriff ihre Hand zu kuͤſſen) Ge-
ſezt, es waͤre dieſe niedliche Hand — Wie ſo liebe
Jungfer?

Louiſe. (groß und ſchreklich) Weil ich dich in
der Brautnacht erdroſſelte, und mich dann mit Wol-
luſt aufs Rad flechten ließe (ſie will gehen, kommt
aber ſchnell zuruͤk)
Sind wir jezt fertig mein Herr?
Darf die Taube nun fliegen?

Wurm. Nur noch die Kleinigkeit Jungfer. Sie
muͤſſen mit mir, und das Sakrament darauf neh-
men, dieſen Brief fuͤr einen freiwilligen zu erkennen.

Louiſe. Gott! Gott! und du ſelbſt muſt das
Siegel geben, die Werke der Hoͤlle zu verwahren?

(Wurm zieht ſie fort.)
Vier-
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#WUR">
            <p><pb facs="#f0103" n="99"/>
Ihnen. Vielleicht &#x2014; wer weiß? &#x2014; Ich ko&#x0364;nnte mich<lb/>
noch wol u&#x0364;ber gewi&#x017F;&#x017F;e Dinge hinweg&#x017F;ezen &#x2014; War<lb/>
lich! Bei Gott! Ich habe Mitleid mit Ihnen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#LOU">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Loui&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p><stage>(blikt ihn &#x017F;tarr und durchdringend an)</stage> Re-<lb/>
den Sie nicht aus mein Herr. Sie &#x017F;ind auf dem<lb/>
Wege &#x017F;ich etwas Ent&#x017F;ezliches zu wu&#x0364;n&#x017F;chen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#WUR">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker>
            <p><stage>(im Begriff ihre Hand zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en)</stage> Ge-<lb/>
&#x017F;ezt, es wa&#x0364;re die&#x017F;e niedliche Hand &#x2014; Wie &#x017F;o liebe<lb/>
Jungfer?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#LOU">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Loui&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p><stage>(groß und &#x017F;chreklich)</stage> Weil ich dich in<lb/>
der Brautnacht erdro&#x017F;&#x017F;elte, und mich dann mit Wol-<lb/>
lu&#x017F;t aufs Rad flechten ließe <stage>(&#x017F;ie will gehen, kommt<lb/>
aber &#x017F;chnell zuru&#x0364;k)</stage> Sind wir jezt fertig mein Herr?<lb/>
Darf die Taube nun fliegen?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#WUR">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker>
            <p>Nur noch die Kleinigkeit Jungfer. Sie<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en mit mir, und das Sakrament darauf neh-<lb/>
men, die&#x017F;en Brief fu&#x0364;r einen freiwilligen zu erkennen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#LOU">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Loui&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p>Gott! Gott! und du &#x017F;elb&#x017F;t mu&#x017F;t das<lb/>
Siegel geben, die Werke der Ho&#x0364;lle zu verwahren?</p><lb/>
            <stage>(Wurm zieht &#x017F;ie fort.)</stage>
          </sp>
        </div>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">G 2</fw>
      <fw place="bottom" type="catch">Vier-</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0103] Ihnen. Vielleicht — wer weiß? — Ich koͤnnte mich noch wol uͤber gewiſſe Dinge hinwegſezen — War lich! Bei Gott! Ich habe Mitleid mit Ihnen. Louiſe. (blikt ihn ſtarr und durchdringend an) Re- den Sie nicht aus mein Herr. Sie ſind auf dem Wege ſich etwas Entſezliches zu wuͤnſchen. Wurm. (im Begriff ihre Hand zu kuͤſſen) Ge- ſezt, es waͤre dieſe niedliche Hand — Wie ſo liebe Jungfer? Louiſe. (groß und ſchreklich) Weil ich dich in der Brautnacht erdroſſelte, und mich dann mit Wol- luſt aufs Rad flechten ließe (ſie will gehen, kommt aber ſchnell zuruͤk) Sind wir jezt fertig mein Herr? Darf die Taube nun fliegen? Wurm. Nur noch die Kleinigkeit Jungfer. Sie muͤſſen mit mir, und das Sakrament darauf neh- men, dieſen Brief fuͤr einen freiwilligen zu erkennen. Louiſe. Gott! Gott! und du ſelbſt muſt das Siegel geben, die Werke der Hoͤlle zu verwahren? (Wurm zieht ſie fort.) Vier- G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/103
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/103>, abgerufen am 24.11.2024.