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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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"Dafür lassen Sie ihn sorgen, der seine Leute
kennen muß. Wissen wir, was für geheime Ver¬
brechen ihm für die Verschwiegenheit dieses Menschen
haften? -- Sie haben gehört, welches Amt er
in Venedig bekleidet -- Wie viel wird es ihm
wohl kosten, diesem Kerl durchzuhelfen, der keinen
andern Ankläger hat, als ihn?"

(Und in der That hat der Ausgang den Ver¬
dacht des Prinzen in diesem Stück nur zu sehr ge¬
rechtfertigt. Als wir uns einige Tage darauf nach
unserm Gefangenen erkundigen ließen, erhielten
wir zur Antwort, daß er unsichtbar geworden
sey.)

"Und zu welchem Ende, fragen Sie? Auf
welchem andern Weg, als auf diesem gewaltsamen,
konnte er dem Sicilianer eine so unwahrscheinliche
und schimpfliche Beichte abfordern lassen, worauf
es doch so wesentlich ankam? Wer als ein verzwei¬
felter Mensch, der nichts mehr zu verlieren hat,
wird sich entschließen können, so erniedrigende Auf¬
schlüsse über sich selbst zu geben? Unter welchen
andern Umständen hätten wir sie ihm geglaubt?"

Alles zugegeben, gnädigster Prinz, sagte ich
endlich. Beyde Erscheinungen sollen Gaukelspiele
gewesen seyn, dieser Sicilianer soll uns meinethal¬
ben nur ein Mährchen aufgeheftet haben, das ihn
sein Principal einlernen ließ, beyde sollen zu einem
Zweck, mit einander einverstanden, wirken, und
aus diesem Einverständniß sollen alle jene wunder¬
baren Zufälle sich erklären lassen, die uns im Laufe
dieser Begebenheit in Erstaunen gesezt haben. Je¬

ne
F 5

„Dafür laſſen Sie ihn ſorgen, der ſeine Leute
kennen muß. Wiſſen wir, was für geheime Ver¬
brechen ihm für die Verſchwiegenheit dieſes Menſchen
haften? — Sie haben gehört, welches Amt er
in Venedig bekleidet — Wie viel wird es ihm
wohl koſten, dieſem Kerl durchzuhelfen, der keinen
andern Ankläger hat, als ihn?“

(Und in der That hat der Ausgang den Ver¬
dacht des Prinzen in dieſem Stück nur zu ſehr ge¬
rechtfertigt. Als wir uns einige Tage darauf nach
unſerm Gefangenen erkundigen ließen, erhielten
wir zur Antwort, daß er unſichtbar geworden
ſey.)

„Und zu welchem Ende, fragen Sie? Auf
welchem andern Weg, als auf dieſem gewaltſamen,
konnte er dem Sicilianer eine ſo unwahrſcheinliche
und ſchimpfliche Beichte abfordern laſſen, worauf
es doch ſo weſentlich ankam? Wer als ein verzwei¬
felter Menſch, der nichts mehr zu verlieren hat,
wird ſich entſchließen können, ſo erniedrigende Auf¬
ſchlüſſe über ſich ſelbſt zu geben? Unter welchen
andern Umſtänden hätten wir ſie ihm geglaubt?“

Alles zugegeben, gnädigſter Prinz, ſagte ich
endlich. Beyde Erſcheinungen ſollen Gaukelſpiele
geweſen ſeyn, dieſer Sicilianer ſoll uns meinethal¬
ben nur ein Mährchen aufgeheftet haben, das ihn
ſein Principal einlernen ließ, beyde ſollen zu einem
Zweck, mit einander einverſtanden, wirken, und
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baren Zufälle ſich erklären laſſen, die uns im Laufe
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[89/0097] „Dafür laſſen Sie ihn ſorgen, der ſeine Leute kennen muß. Wiſſen wir, was für geheime Ver¬ brechen ihm für die Verſchwiegenheit dieſes Menſchen haften? — Sie haben gehört, welches Amt er in Venedig bekleidet — Wie viel wird es ihm wohl koſten, dieſem Kerl durchzuhelfen, der keinen andern Ankläger hat, als ihn?“ (Und in der That hat der Ausgang den Ver¬ dacht des Prinzen in dieſem Stück nur zu ſehr ge¬ rechtfertigt. Als wir uns einige Tage darauf nach unſerm Gefangenen erkundigen ließen, erhielten wir zur Antwort, daß er unſichtbar geworden ſey.) „Und zu welchem Ende, fragen Sie? Auf welchem andern Weg, als auf dieſem gewaltſamen, konnte er dem Sicilianer eine ſo unwahrſcheinliche und ſchimpfliche Beichte abfordern laſſen, worauf es doch ſo weſentlich ankam? Wer als ein verzwei¬ felter Menſch, der nichts mehr zu verlieren hat, wird ſich entſchließen können, ſo erniedrigende Auf¬ ſchlüſſe über ſich ſelbſt zu geben? Unter welchen andern Umſtänden hätten wir ſie ihm geglaubt?“ Alles zugegeben, gnädigſter Prinz, ſagte ich endlich. Beyde Erſcheinungen ſollen Gaukelſpiele geweſen ſeyn, dieſer Sicilianer ſoll uns meinethal¬ ben nur ein Mährchen aufgeheftet haben, das ihn ſein Principal einlernen ließ, beyde ſollen zu einem Zweck, mit einander einverſtanden, wirken, und aus dieſem Einverſtändniß ſollen alle jene wunder¬ baren Zufälle ſich erklären laſſen, die uns im Laufe dieſer Begebenheit in Erſtaunen geſezt haben. Je¬ ne F 5

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/97>, abgerufen am 25.11.2024.