Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

daß er mit Hülfe weniger Worte, Befehle oder
Winke seinen Helfershelfern weitläuftige Aufträge
geben, weitläuftige und zusammengesezte Opera¬
tionen mit wenigem Wortaufwande bezeichnen kön¬
ne? -- Und darf etwas anders, als eine hell
eingesehene Unmöglichkeit gegen die ewigen Gesetze
der Natur aufgestellt werden? Wollen Sie lieber
ein Wunder glauben, als eine Unwahrscheinlich¬
keit zugeben? lieber die Kräfte der Natur umstür¬
zen, als eine künstliche und weniger gewöhnliche
Combination dieser Kräfte sich gefallen lassen?"

Wenn die Sache auch eine so kühne Folgerung
nicht rechtfertigt, so müssen Sie mir doch eingeste¬
hen, daß sie weit über unsre Begriffe geht.

"Beynahe hätte ich Lust, Ihnen auch dieses
abzustreiten," sagte der Prinz mit schalkhafter
Munterkeit. "Wie, lieber Graf ? wenn es sich,
zum Beyspiel, ergäbe, daß nicht bloß während
und nach dieser halben Stunde, nicht bloß in der
Eile und nebenher, sondern den ganzen Abend und
die ganze Nacht für diesen Armenier gearbeitet
worden? Denken Sie nach, daß der Sicilianer
beynahe drey volle Stunden zu seinen Zurüstungen
verbrauchte."

Der Sicilianer, gnädigster Herr!

Und womit beweisen Sie mir denn, daß der
Sicilianer an dem zweyten Gespenste nicht eben so
vielen Antheil gehabt habe, als an dem ersten?"

Wie, gnädigster Herr?

"Daß
F 2

daß er mit Hülfe weniger Worte, Befehle oder
Winke ſeinen Helfershelfern weitläuftige Aufträge
geben, weitläuftige und zuſammengeſezte Opera¬
tionen mit wenigem Wortaufwande bezeichnen kön¬
ne? — Und darf etwas anders, als eine hell
eingeſehene Unmöglichkeit gegen die ewigen Geſetze
der Natur aufgeſtellt werden? Wollen Sie lieber
ein Wunder glauben, als eine Unwahrſcheinlich¬
keit zugeben? lieber die Kräfte der Natur umſtür¬
zen, als eine künſtliche und weniger gewöhnliche
Combination dieſer Kräfte ſich gefallen laſſen?“

Wenn die Sache auch eine ſo kühne Folgerung
nicht rechtfertigt, ſo müſſen Sie mir doch eingeſte¬
hen, daß ſie weit über unſre Begriffe geht.

„Beynahe hätte ich Luſt, Ihnen auch dieſes
abzuſtreiten,“ ſagte der Prinz mit ſchalkhafter
Munterkeit. „Wie, lieber Graf ? wenn es ſich,
zum Beyſpiel, ergäbe, daß nicht bloß während
und nach dieſer halben Stunde, nicht bloß in der
Eile und nebenher, ſondern den ganzen Abend und
die ganze Nacht für dieſen Armenier gearbeitet
worden? Denken Sie nach, daß der Sicilianer
beynahe drey volle Stunden zu ſeinen Zurüſtungen
verbrauchte.“

Der Sicilianer, gnädigſter Herr!

Und womit beweiſen Sie mir denn, daß der
Sicilianer an dem zweyten Geſpenſte nicht eben ſo
vielen Antheil gehabt habe, als an dem erſten?„

Wie, gnädigſter Herr?

„Daß
F 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0091" n="83"/>
daß er mit Hülfe weniger Worte, Befehle oder<lb/>
Winke &#x017F;einen Helfershelfern weitläuftige Aufträge<lb/>
geben, weitläuftige und zu&#x017F;ammenge&#x017F;ezte Opera¬<lb/>
tionen mit wenigem Wortaufwande bezeichnen kön¬<lb/>
ne? &#x2014; Und darf etwas anders, als eine hell<lb/>
einge&#x017F;ehene Unmöglichkeit gegen die ewigen Ge&#x017F;etze<lb/>
der Natur aufge&#x017F;tellt werden? Wollen Sie lieber<lb/>
ein Wunder glauben, als eine Unwahr&#x017F;cheinlich¬<lb/>
keit zugeben? lieber die Kräfte der Natur um&#x017F;tür¬<lb/>
zen, als eine kün&#x017F;tliche und weniger gewöhnliche<lb/>
Combination die&#x017F;er Kräfte &#x017F;ich gefallen la&#x017F;&#x017F;en?&#x201C;</p><lb/>
          <p>Wenn die Sache auch eine &#x017F;o kühne Folgerung<lb/>
nicht rechtfertigt, &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en Sie mir doch einge&#x017F;te¬<lb/>
hen, daß &#x017F;ie weit über un&#x017F;re Begriffe geht.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Beynahe hätte ich Lu&#x017F;t, Ihnen auch die&#x017F;es<lb/>
abzu&#x017F;treiten,&#x201C; &#x017F;agte der Prinz mit &#x017F;chalkhafter<lb/>
Munterkeit. &#x201E;Wie, lieber Graf ? wenn es &#x017F;ich,<lb/>
zum Bey&#x017F;piel, ergäbe, daß nicht bloß während<lb/>
und nach die&#x017F;er halben Stunde, nicht bloß in der<lb/>
Eile und nebenher, &#x017F;ondern den ganzen Abend und<lb/>
die ganze Nacht für die&#x017F;en Armenier gearbeitet<lb/>
worden? Denken Sie nach, daß der Sicilianer<lb/>
beynahe drey volle Stunden zu &#x017F;einen Zurü&#x017F;tungen<lb/>
verbrauchte.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Der Sicilianer, gnädig&#x017F;ter Herr!</p><lb/>
          <p>Und womit bewei&#x017F;en Sie mir denn, daß der<lb/>
Sicilianer an dem zweyten Ge&#x017F;pen&#x017F;te nicht eben &#x017F;o<lb/>
vielen Antheil gehabt habe, als an dem er&#x017F;ten?&#x201E;</p><lb/>
          <p>Wie, gnädig&#x017F;ter Herr?</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">F 2<lb/></fw>
          <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Daß<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0091] daß er mit Hülfe weniger Worte, Befehle oder Winke ſeinen Helfershelfern weitläuftige Aufträge geben, weitläuftige und zuſammengeſezte Opera¬ tionen mit wenigem Wortaufwande bezeichnen kön¬ ne? — Und darf etwas anders, als eine hell eingeſehene Unmöglichkeit gegen die ewigen Geſetze der Natur aufgeſtellt werden? Wollen Sie lieber ein Wunder glauben, als eine Unwahrſcheinlich¬ keit zugeben? lieber die Kräfte der Natur umſtür¬ zen, als eine künſtliche und weniger gewöhnliche Combination dieſer Kräfte ſich gefallen laſſen?“ Wenn die Sache auch eine ſo kühne Folgerung nicht rechtfertigt, ſo müſſen Sie mir doch eingeſte¬ hen, daß ſie weit über unſre Begriffe geht. „Beynahe hätte ich Luſt, Ihnen auch dieſes abzuſtreiten,“ ſagte der Prinz mit ſchalkhafter Munterkeit. „Wie, lieber Graf ? wenn es ſich, zum Beyſpiel, ergäbe, daß nicht bloß während und nach dieſer halben Stunde, nicht bloß in der Eile und nebenher, ſondern den ganzen Abend und die ganze Nacht für dieſen Armenier gearbeitet worden? Denken Sie nach, daß der Sicilianer beynahe drey volle Stunden zu ſeinen Zurüſtungen verbrauchte.“ Der Sicilianer, gnädigſter Herr! Und womit beweiſen Sie mir denn, daß der Sicilianer an dem zweyten Geſpenſte nicht eben ſo vielen Antheil gehabt habe, als an dem erſten?„ Wie, gnädigſter Herr? „Daß F 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/91
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/91>, abgerufen am 22.11.2024.