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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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Ich stieß einen Fensterladen auf. Es war
Morgen.

Jezt kam auch der Magier aus seiner Betäu¬
bung zurück. "Wo sind wir?" rief er aus, als
er Tageslicht erblickte. Der russische Offizier stand
dicht hinter ihm, und sah ihm über die Schulter.
"Taschenspieler," sagte er mit schrecklichem Blick
zu ihm, du wirst keinen Geist mehr
rufen
."

Der Sicilianer drehte sich um, sah ihm genauer
ins Gesicht, that einen lauten Schrey und stürzte
zu seinen Füßen.

Jezt sahen wir alle auf einmal den vermeintli¬
chen Russen an. Der Prinz erkannte in ihm ohne
Mühe die Züge seines Armeniers wieder, und das
Wort, das er eben hervorstottern wollte, erstarb
auf seinem Munde. Schrecken und Ueberraschung
hatten uns alle wie versteinert. Lautlos und un¬
beweglich starrten wir dieses geheimnißvolle Wesen
an, das uns mit einem Blicke stiller Gewalt und
Größe durchschaute. Eine Minute dauerte dieß
Schweigen -- und wieder eine. Kein Odem war
in der ganzen Versammlung.

Einige kräftige Schläge an die Thür brachten
uns endlich wieder zu uns selbst. Die Thür fiel
zertrümmert in den Saal, und herein drangen
Gerichtsdiener mit Wache. "Hier finden wir sie
ja beysammen!" rief der Anführer, und wandte
sich zu seinen Begleitern. "Im Namen der Re¬
gierung!" rief er uns zu. verhafte euch."
Wir hatten nicht so viel Zeit uns zu besinnen; in

wenig

Ich ſtieß einen Fenſterladen auf. Es war
Morgen.

Jezt kam auch der Magier aus ſeiner Betäu¬
bung zurück. „Wo ſind wir?“ rief er aus, als
er Tageslicht erblickte. Der ruſſiſche Offizier ſtand
dicht hinter ihm, und ſah ihm über die Schulter.
„Taſchenſpieler,“ ſagte er mit ſchrecklichem Blick
zu ihm, du wirſt keinen Geiſt mehr
rufen
.“

Der Sicilianer drehte ſich um, ſah ihm genauer
ins Geſicht, that einen lauten Schrey und ſtürzte
zu ſeinen Füßen.

Jezt ſahen wir alle auf einmal den vermeintli¬
chen Ruſſen an. Der Prinz erkannte in ihm ohne
Mühe die Züge ſeines Armeniers wieder, und das
Wort, das er eben hervorſtottern wollte, erſtarb
auf ſeinem Munde. Schrecken und Ueberraſchung
hatten uns alle wie verſteinert. Lautlos und un¬
beweglich ſtarrten wir dieſes geheimnißvolle Weſen
an, das uns mit einem Blicke ſtiller Gewalt und
Größe durchſchaute. Eine Minute dauerte dieß
Schweigen — und wieder eine. Kein Odem war
in der ganzen Verſammlung.

Einige kräftige Schläge an die Thür brachten
uns endlich wieder zu uns ſelbſt. Die Thür fiel
zertrümmert in den Saal, und herein drangen
Gerichtsdiener mit Wache. „Hier finden wir ſie
ja beyſammen!“ rief der Anführer, und wandte
ſich zu ſeinen Begleitern. „Im Namen der Re¬
gierung!“ rief er uns zu. verhafte euch.“
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[31/0039] Ich ſtieß einen Fenſterladen auf. Es war Morgen. Jezt kam auch der Magier aus ſeiner Betäu¬ bung zurück. „Wo ſind wir?“ rief er aus, als er Tageslicht erblickte. Der ruſſiſche Offizier ſtand dicht hinter ihm, und ſah ihm über die Schulter. „Taſchenſpieler,“ ſagte er mit ſchrecklichem Blick zu ihm, du wirſt keinen Geiſt mehr rufen.“ Der Sicilianer drehte ſich um, ſah ihm genauer ins Geſicht, that einen lauten Schrey und ſtürzte zu ſeinen Füßen. Jezt ſahen wir alle auf einmal den vermeintli¬ chen Ruſſen an. Der Prinz erkannte in ihm ohne Mühe die Züge ſeines Armeniers wieder, und das Wort, das er eben hervorſtottern wollte, erſtarb auf ſeinem Munde. Schrecken und Ueberraſchung hatten uns alle wie verſteinert. Lautlos und un¬ beweglich ſtarrten wir dieſes geheimnißvolle Weſen an, das uns mit einem Blicke ſtiller Gewalt und Größe durchſchaute. Eine Minute dauerte dieß Schweigen — und wieder eine. Kein Odem war in der ganzen Verſammlung. Einige kräftige Schläge an die Thür brachten uns endlich wieder zu uns ſelbſt. Die Thür fiel zertrümmert in den Saal, und herein drangen Gerichtsdiener mit Wache. „Hier finden wir ſie ja beyſammen!“ rief der Anführer, und wandte ſich zu ſeinen Begleitern. „Im Namen der Re¬ gierung!“ rief er uns zu. verhafte euch.“ Wir hatten nicht ſo viel Zeit uns zu beſinnen; in wenig

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/39>, abgerufen am 29.11.2024.