Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Dom Karlos.
König.
Deßwegen
vergönn' ich Ihnen zehen Jahre Zeit,
fern von Madrid darüber nachzudenken.

Die Marquisinn tritt mit weinenden Augen zu-
rück. Allgemeines Stillschweigen. Alle Umstehenden
sehen bestürtzt auf die Königinn.
Königinn.
Marquisinn, wen beweinen Sie?
zum König.
Hab' ich
gefehlt, mein gnädigster Gemahl, so sollte
die Königskrone dieses Reichs, wonach
ich selber nie gegriffen habe, mich
zum mindesten vor dem Erröthen schützen.
Gibt's ein Gesetz in diesem Königreich,
das vor Gericht Monarchentöchter fodert?
Bloß Zwang bewacht die Frauen Spaniens?
Schützt sie ein Zeuge mehr als ihre Tugend? --
Und jetzt Vergebung, mein Gemahl -- Ich bin
es nicht gewohnt, die mir mit Freude dienten,
in Thränen zu entlassen -- -- Mondekar!

Sie nimmt ihren Gürtel ab und überreicht ihn
der Marquisinn.

Den König haben Sie erzürnt -- nicht mich --
Dom Karlos.
König.
Deßwegen
vergönn’ ich Ihnen zehen Jahre Zeit,
fern von Madrid darüber nachzudenken.

Die Marquiſinn tritt mit weinenden Augen zu-
rück. Allgemeines Stillſchweigen. Alle Umſtehenden
ſehen beſtürtzt auf die Königinn.
Königinn.
Marquiſinn, wen beweinen Sie?
zum König.
Hab’ ich
gefehlt, mein gnädigſter Gemahl, ſo ſollte
die Königskrone dieſes Reichs, wonach
ich ſelber nie gegriffen habe, mich
zum mindeſten vor dem Erröthen ſchützen.
Gibt’s ein Geſetz in dieſem Königreich,
das vor Gericht Monarchentöchter fodert?
Bloß Zwang bewacht die Frauen Spaniens?
Schützt ſie ein Zeuge mehr als ihre Tugend? —
Und jetzt Vergebung, mein Gemahl — Ich bin
es nicht gewohnt, die mir mit Freude dienten,
in Thränen zu entlaſſen — — Mondekar!

Sie nimmt ihren Gürtel ab und überreicht ihn
der Marquiſinn.

Den König haben Sie erzürnt — nicht mich —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0076" n="66"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Dom Karlos.</hi> </fw><lb/>
            <sp who="#KOENIG">
              <speaker> <hi rendition="#g">König.</hi> </speaker><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Deßwegen</hi><lb/>
vergönn&#x2019; ich Ihnen zehen Jahre Zeit,<lb/>
fern von Madrid darüber nachzudenken.</p><lb/>
              <stage>Die Marqui&#x017F;inn tritt mit weinenden Augen zu-<lb/>
rück. Allgemeines Still&#x017F;chweigen. Alle Um&#x017F;tehenden<lb/>
&#x017F;ehen be&#x017F;türtzt auf die Königinn.</stage>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KOENIGI">
              <speaker> <hi rendition="#g">Königinn.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Marqui&#x017F;inn, <hi rendition="#g">wen</hi> beweinen Sie?</p><lb/>
              <stage>zum König.</stage><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Hab&#x2019; ich</hi><lb/>
gefehlt, mein gnädig&#x017F;ter Gemahl, &#x017F;o &#x017F;ollte<lb/>
die Königskrone die&#x017F;es Reichs, wonach<lb/>
ich &#x017F;elber nie gegriffen habe, mich<lb/>
zum minde&#x017F;ten vor dem Erröthen &#x017F;chützen.<lb/>
Gibt&#x2019;s ein Ge&#x017F;etz in die&#x017F;em Königreich,<lb/>
das vor Gericht Monarchentöchter fodert?<lb/>
Bloß Zwang bewacht die Frauen Spaniens?<lb/>
Schützt &#x017F;ie ein Zeuge mehr als ihre Tugend? &#x2014;<lb/>
Und jetzt Vergebung, mein Gemahl &#x2014; Ich bin<lb/>
es nicht gewohnt, die mir mit Freude dienten,<lb/>
in Thränen zu entla&#x017F;&#x017F;en &#x2014; &#x2014; Mondekar!</p><lb/>
              <stage>Sie nimmt ihren Gürtel ab und überreicht ihn<lb/>
der Marqui&#x017F;inn.</stage><lb/>
              <p>Den König haben Sie erzürnt &#x2014; nicht mich &#x2014;<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0076] Dom Karlos. König. Deßwegen vergönn’ ich Ihnen zehen Jahre Zeit, fern von Madrid darüber nachzudenken. Die Marquiſinn tritt mit weinenden Augen zu- rück. Allgemeines Stillſchweigen. Alle Umſtehenden ſehen beſtürtzt auf die Königinn. Königinn. Marquiſinn, wen beweinen Sie? zum König. Hab’ ich gefehlt, mein gnädigſter Gemahl, ſo ſollte die Königskrone dieſes Reichs, wonach ich ſelber nie gegriffen habe, mich zum mindeſten vor dem Erröthen ſchützen. Gibt’s ein Geſetz in dieſem Königreich, das vor Gericht Monarchentöchter fodert? Bloß Zwang bewacht die Frauen Spaniens? Schützt ſie ein Zeuge mehr als ihre Tugend? — Und jetzt Vergebung, mein Gemahl — Ich bin es nicht gewohnt, die mir mit Freude dienten, in Thränen zu entlaſſen — — Mondekar! Sie nimmt ihren Gürtel ab und überreicht ihn der Marquiſinn. Den König haben Sie erzürnt — nicht mich —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/76
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/76>, abgerufen am 28.03.2024.