Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Dom Karlos.
Königinn
unter stveitenden Empfindungen, die Augen weggewandt,
mit halber Stimme.

Karl --
Karlos.
Erstaunen Sie nicht, Mutter.
Es ist kein Opfer, hat mir keinen Kampf
gekostet. Endlich seh' ich ein, es gibt
ein höher, wünschenswerther Gut, als Dich
besitzen. Eine kurze Nacht
hat meiner Jahre trägen Lauf beflügelt,
frühzeitig mich zum Mann gereift. Ich
habe
für dieses Leben keine Arbeit mehr,
als die Erinnerung an ihn! In Einem
Abend
hab' ich den Vorrath auf mein ganzes Da-
sein
voraus empfangen und verpraßt. Vorbei
sind alle meine Ärnten --

Er nähert sich der Königinn, welche das Gesicht
verhüllt.

Sagen Sie
mir gar nichts, Mutter?
Dom Karlos.
Königinn
unter ſtveitenden Empfindungen, die Augen weggewandt,
mit halber Stimme.

Karl —
Karlos.
Erſtaunen Sie nicht, Mutter.
Es iſt kein Opfer, hat mir keinen Kampf
gekoſtet. Endlich ſeh’ ich ein, es gibt
ein höher, wünſchenswerther Gut, als Dich
beſitzen. Eine kurze Nacht
hat meiner Jahre trägen Lauf beflügelt,
frühzeitig mich zum Mann gereift. Ich
habe
für dieſes Leben keine Arbeit mehr,
als die Erinnerung an ihn! In Einem
Abend
hab’ ich den Vorrath auf mein ganzes Da-
ſein
voraus empfangen und verpraßt. Vorbei
ſind alle meine Ärnten —

Er nähert ſich der Königinn, welche das Geſicht
verhüllt.

Sagen Sie
mir gar nichts, Mutter?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0512" n="500"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/>
            <sp who="#KOENIGI">
              <speaker> <hi rendition="#g">Königinn</hi> </speaker><lb/>
              <stage>unter &#x017F;tveitenden Empfindungen, die Augen weggewandt,<lb/>
mit halber Stimme.</stage><lb/>
              <p> <hi rendition="#et">Karl &#x2014;</hi> </p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAR">
              <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Er&#x017F;taunen Sie nicht, Mutter.</hi><lb/>
Es i&#x017F;t kein Opfer, hat mir keinen Kampf<lb/>
geko&#x017F;tet. Endlich &#x017F;eh&#x2019; ich ein, es gibt<lb/>
ein höher, wün&#x017F;chenswerther Gut, als Dich<lb/>
be&#x017F;itzen. Eine kurze Nacht<lb/>
hat meiner Jahre trägen Lauf beflügelt,<lb/>
frühzeitig mich zum Mann gereift. Ich<lb/>
habe<lb/>
für die&#x017F;es Leben keine Arbeit mehr,<lb/>
als die Erinnerung an ihn! In Einem<lb/>
Abend<lb/>
hab&#x2019; ich den Vorrath auf mein ganzes Da-<lb/>
&#x017F;ein<lb/>
voraus empfangen und verpraßt. Vorbei<lb/>
&#x017F;ind alle meine Ärnten &#x2014;</p><lb/>
              <stage>Er nähert &#x017F;ich der Königinn, welche das Ge&#x017F;icht<lb/>
verhüllt.</stage><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Sagen Sie</hi><lb/>
mir gar nichts, Mutter?</p>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[500/0512] Dom Karlos. Königinn unter ſtveitenden Empfindungen, die Augen weggewandt, mit halber Stimme. Karl — Karlos. Erſtaunen Sie nicht, Mutter. Es iſt kein Opfer, hat mir keinen Kampf gekoſtet. Endlich ſeh’ ich ein, es gibt ein höher, wünſchenswerther Gut, als Dich beſitzen. Eine kurze Nacht hat meiner Jahre trägen Lauf beflügelt, frühzeitig mich zum Mann gereift. Ich habe für dieſes Leben keine Arbeit mehr, als die Erinnerung an ihn! In Einem Abend hab’ ich den Vorrath auf mein ganzes Da- ſein voraus empfangen und verpraßt. Vorbei ſind alle meine Ärnten — Er nähert ſich der Königinn, welche das Geſicht verhüllt. Sagen Sie mir gar nichts, Mutter?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/512
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/512>, abgerufen am 18.04.2024.