Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. Der Erde Gott verlerne zu bedürfen,was ihm verweigert werden kann? -- Wenn Sie um Mitgefühle wimmern, haben Sie der Welt nicht Ihres Gleichen zugestanden? Und welche Rechte, möcht' ich wissen, haben Sie aufzuweisen über Ihres Gleichen? König wirft sich in den Sessel. Ich bin ein kleiner Mensch, ich [f]ühl's -- Du forderst von dem Geschöpf, was nur der Schöpfer leistet. Großinquisitor. Nein, Sire. Mich hintergeht man nicht. Sie sind durchschaut -- Uns wollten Sie entfliehen. Des Ordens schwere Ketten drückten Sie; Sie wollten frei und einzig sein. Er hält inne. Der König schweigt. Wir sind gerochen -- Danken Sie der Kirche, Dom Karlos. Der Erde Gott verlerne zu bedürfen,was ihm verweigert werden kann? — Wenn Sie um Mitgefühle wimmern, haben Sie der Welt nicht Ihres Gleichen zugeſtanden? Und welche Rechte, möcht’ ich wiſſen, haben Sie aufzuweiſen über Ihres Gleichen? König wirft ſich in den Seſſel. Ich bin ein kleiner Menſch, ich [f]ühl’s — Du forderſt von dem Geſchöpf, was nur der Schöpfer leiſtet. Großinquiſitor. Nein, Sire. Mich hintergeht man nicht. Sie ſind durchſchaut — Uns wollten Sie entfliehen. Des Ordens ſchwere Ketten drückten Sie; Sie wollten frei und einzig ſein. Er hält inne. Der König ſchweigt. Wir ſind gerochen — Danken Sie der Kirche, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#GROSS"> <p><pb facs="#f0502" n="490"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> Der Erde Gott verlerne zu bedürfen,<lb/> was ihm verweigert werden kann? — Wenn<lb/><hi rendition="#g">Sie</hi><lb/> um Mitgefühle wimmern, haben Sie<lb/> der Welt nicht Ihres Gleichen zugeſtanden?<lb/> Und welche Rechte, möcht’ ich wiſſen, haben<lb/> Sie aufzuweiſen über Ihres Gleichen?</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker> <hi rendition="#g">König</hi> </speaker><lb/> <stage>wirft ſich in den Seſſel.</stage><lb/> <p>Ich bin ein kleiner Menſch, ich <supplied>f</supplied>ühl’s —<lb/> Du forderſt<lb/> von dem Geſchöpf, was nur der Schöpfer<lb/> leiſtet.</p> </sp><lb/> <sp who="#GROSS"> <speaker><hi rendition="#g">Großinquiſitor</hi>.</speaker><lb/> <p>Nein, Sire. Mich hintergeht man nicht. Sie<lb/> ſind<lb/> durchſchaut — Uns wollten Sie entfliehen.<lb/> Des Ordens ſchwere Ketten drückten Sie;<lb/> Sie wollten frei und einzig ſein.</p><lb/> <stage>Er hält inne. Der König ſchweigt.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Wir ſind</hi><lb/> gerochen — Danken Sie der Kirche,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [490/0502]
Dom Karlos.
Der Erde Gott verlerne zu bedürfen,
was ihm verweigert werden kann? — Wenn
Sie
um Mitgefühle wimmern, haben Sie
der Welt nicht Ihres Gleichen zugeſtanden?
Und welche Rechte, möcht’ ich wiſſen, haben
Sie aufzuweiſen über Ihres Gleichen?
König
wirft ſich in den Seſſel.
Ich bin ein kleiner Menſch, ich fühl’s —
Du forderſt
von dem Geſchöpf, was nur der Schöpfer
leiſtet.
Großinquiſitor.
Nein, Sire. Mich hintergeht man nicht. Sie
ſind
durchſchaut — Uns wollten Sie entfliehen.
Des Ordens ſchwere Ketten drückten Sie;
Sie wollten frei und einzig ſein.
Er hält inne. Der König ſchweigt.
Wir ſind
gerochen — Danken Sie der Kirche,
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