Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Fünfter Akt.
Dieß feine Saitenspiel zerbrach in Ihrer
metallnen Hand. Sie konnten nichts, als ihn
ermorden.
Alba
hat den König bis jetzt nicht aus den Augen gelassen,
und mit sichtbarer Unruhe die Bewegungen beobachtet,
welche in seinem Gesichte arbeiten. Jetzt nähert er sich
ihm furchtsam.

Sire -- nicht diese Todtenstille. Sehen
Sie um Sich. Reden Sie mit uns.
Karlos.
Sie waren
ihm nicht gleichgültig. Seinen Antheil hatten
Sie längst. Vielleicht! Er hätte Sie noch
glücklich
gemacht. Sein Herz war reich genug, Sie
selbst
von seinem Überflusse zu vergnügen.
Die Splitter seines Geistes hätten Sie
zum Gott gemacht. Sich selber haben Sie
bestohlen -- O der königlichen Dummheit,
die so viel göttliches zerstört! Was werden
Sie bieten, eine Seele zu erstatten,
wie diese war? Und könnten Sie noch einmal
die Blüthenzeit des Lebens wiederhohlen,
ja, könnten Sie, das unerbittliche
Fünfter Akt.
Dieß feine Saitenſpiel zerbrach in Ihrer
metallnen Hand. Sie konnten nichts, als ihn
ermorden.
Alba
hat den König bis jetzt nicht aus den Augen gelaſſen,
und mit ſichtbarer Unruhe die Bewegungen beobachtet,
welche in ſeinem Geſichte arbeiten. Jetzt nähert er ſich
ihm furchtſam.

Sire — nicht dieſe Todtenſtille. Sehen
Sie um Sich. Reden Sie mit uns.
Karlos.
Sie waren
ihm nicht gleichgültig. Seinen Antheil hatten
Sie längſt. Vielleicht! Er hätte Sie noch
glücklich
gemacht. Sein Herz war reich genug, Sie
ſelbſt
von ſeinem Überfluſſe zu vergnügen.
Die Splitter ſeines Geiſtes hätten Sie
zum Gott gemacht. Sich ſelber haben Sie
beſtohlen — O der königlichen Dummheit,
die ſo viel göttliches zerſtört! Was werden
Sie bieten, eine Seele zu erſtatten,
wie dieſe war? Und könnten Sie noch einmal
die Blüthenzeit des Lebens wiederhohlen,
ja, könnten Sie, das unerbittliche
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#KAR">
              <p><pb facs="#f0459" n="447"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fünfter Akt</hi>.</fw><lb/>
Dieß feine Saiten&#x017F;piel zerbrach in Ihrer<lb/>
metallnen Hand. Sie konnten nichts, als ihn<lb/>
ermorden.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#ALB">
              <speaker> <hi rendition="#g">Alba</hi> </speaker><lb/>
              <stage>hat den König bis jetzt nicht aus den Augen gela&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und mit &#x017F;ichtbarer Unruhe die Bewegungen beobachtet,<lb/>
welche in &#x017F;einem Ge&#x017F;ichte arbeiten. Jetzt nähert er &#x017F;ich<lb/>
ihm furcht&#x017F;am.</stage><lb/>
              <p>Sire &#x2014; nicht die&#x017F;e Todten&#x017F;tille. Sehen<lb/>
Sie um Sich. Reden Sie mit uns.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAR">
              <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Sie waren</hi><lb/>
ihm nicht gleichgültig. Seinen Antheil hatten<lb/>
Sie läng&#x017F;t. Vielleicht! Er hätte Sie noch<lb/>
glücklich<lb/>
gemacht. Sein Herz war reich genug, Sie<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
von &#x017F;einem Überflu&#x017F;&#x017F;e zu vergnügen.<lb/>
Die Splitter &#x017F;eines Gei&#x017F;tes hätten Sie<lb/>
zum Gott gemacht. Sich &#x017F;elber haben Sie<lb/>
be&#x017F;tohlen &#x2014; O der königlichen Dummheit,<lb/>
die &#x017F;o viel göttliches zer&#x017F;tört! Was werden<lb/>
Sie bieten, eine Seele zu er&#x017F;tatten,<lb/>
wie die&#x017F;e war? Und könnten Sie noch einmal<lb/>
die Blüthenzeit des Lebens wiederhohlen,<lb/>
ja, könnten Sie, das unerbittliche<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[447/0459] Fünfter Akt. Dieß feine Saitenſpiel zerbrach in Ihrer metallnen Hand. Sie konnten nichts, als ihn ermorden. Alba hat den König bis jetzt nicht aus den Augen gelaſſen, und mit ſichtbarer Unruhe die Bewegungen beobachtet, welche in ſeinem Geſichte arbeiten. Jetzt nähert er ſich ihm furchtſam. Sire — nicht dieſe Todtenſtille. Sehen Sie um Sich. Reden Sie mit uns. Karlos. Sie waren ihm nicht gleichgültig. Seinen Antheil hatten Sie längſt. Vielleicht! Er hätte Sie noch glücklich gemacht. Sein Herz war reich genug, Sie ſelbſt von ſeinem Überfluſſe zu vergnügen. Die Splitter ſeines Geiſtes hätten Sie zum Gott gemacht. Sich ſelber haben Sie beſtohlen — O der königlichen Dummheit, die ſo viel göttliches zerſtört! Was werden Sie bieten, eine Seele zu erſtatten, wie dieſe war? Und könnten Sie noch einmal die Blüthenzeit des Lebens wiederhohlen, ja, könnten Sie, das unerbittliche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/459
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/459>, abgerufen am 28.04.2024.