Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. Karlos. Nein. Nein. Sie war gerührt. Du irrest Dich. Gewiß war sie gerührt. Marquis. Da wird es Nacht vor meinen Sinnen! Nichts -- Nichts -- Kein Ausweg -- Keine Hülfe -- keine im ganzen Umkreis der Natur! Verzweiflung macht mich zur Furie, zum Thier -- ich setze den Dolch auf eines Weibes Brust -- Doch jetzt -- jetzt fällt ein Sonnenstrahl in meine Seele. Karl -- ein Gedanke, groß und kühn -- zu Deiner Errettung durch ein Wunder mir gesendet! "Wenn ich den König irrte? Wenn es mir gelänge, selbst der Schuldige zu scheinen? Wahrscheinlich oder nicht! -- für ihn genug, scheinbar genug für König Philipp, weil es übel ist! Es sei! ich will es wagen. Vielleicht ein Donner, der so unverhofft ihn trifft, macht den Tirannen stutzen -- und was will ich mehr? Er überlegt, und Karl hat Zeit gewonnen, nach Brabant zu flüch- ten." Dom Karlos. Karlos. Nein. Nein. Sie war gerührt. Du irreſt Dich. Gewiß war ſie gerührt. Marquis. Da wird es Nacht vor meinen Sinnen! Nichts — Nichts — Kein Ausweg — Keine Hülfe — keine im ganzen Umkreis der Natur! Verzweiflung macht mich zur Furie, zum Thier — ich ſetze den Dolch auf eines Weibes Bruſt — Doch jetzt — jetzt fällt ein Sonnenſtrahl in meine Seele. Karl — ein Gedanke, groß und kühn — zu Deiner Errettung durch ein Wunder mir geſendet! „Wenn ich den König irrte? Wenn es mir gelänge, ſelbſt der Schuldige zu ſcheinen? Wahrſcheinlich oder nicht! — für ihn genug, ſcheinbar genug für König Philipp, weil es übel iſt! Es ſei! ich will es wagen. Vielleicht ein Donner, der ſo unverhofft ihn trifft, macht den Tirannen ſtutzen — und was will ich mehr? Er überlegt, und Karl hat Zeit gewonnen, nach Brabant zu flüch- ten.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0446" n="434"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Nein. Nein. Sie war</hi><lb/> gerührt. Du irreſt Dich. Gewiß war ſie<lb/> gerührt.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker><hi rendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Da wird es Nacht vor meinen Sinnen!</hi><lb/> Nichts — Nichts — Kein Ausweg — Keine<lb/> Hülfe — keine<lb/> im ganzen Umkreis der Natur! Verzweiflung<lb/> macht mich zur Furie, zum Thier — ich ſetze<lb/> den Dolch auf eines Weibes Bruſt — Doch<lb/> jetzt —<lb/> jetzt fällt ein Sonnenſtrahl in meine Seele.<lb/> Karl — ein Gedanke, groß und kühn — zu<lb/> Deiner<lb/> Errettung durch ein Wunder mir geſendet!<lb/> „Wenn ich den König irrte? Wenn es mir<lb/> gelänge, ſelbſt der Schuldige zu ſcheinen?<lb/> Wahrſcheinlich oder nicht! — für ihn genug,<lb/> ſcheinbar genug für König Philipp, weil<lb/> es übel iſt! Es ſei! ich will es wagen.<lb/> Vielleicht ein Donner, der ſo unverhofft<lb/> ihn trifft, macht den Tirannen ſtutzen — und<lb/> was will ich mehr? Er überlegt, und Karl<lb/> hat Zeit gewonnen, nach Brabant zu flüch-<lb/> ten.“</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [434/0446]
Dom Karlos.
Karlos.
Nein. Nein. Sie war
gerührt. Du irreſt Dich. Gewiß war ſie
gerührt.
Marquis.
Da wird es Nacht vor meinen Sinnen!
Nichts — Nichts — Kein Ausweg — Keine
Hülfe — keine
im ganzen Umkreis der Natur! Verzweiflung
macht mich zur Furie, zum Thier — ich ſetze
den Dolch auf eines Weibes Bruſt — Doch
jetzt —
jetzt fällt ein Sonnenſtrahl in meine Seele.
Karl — ein Gedanke, groß und kühn — zu
Deiner
Errettung durch ein Wunder mir geſendet!
„Wenn ich den König irrte? Wenn es mir
gelänge, ſelbſt der Schuldige zu ſcheinen?
Wahrſcheinlich oder nicht! — für ihn genug,
ſcheinbar genug für König Philipp, weil
es übel iſt! Es ſei! ich will es wagen.
Vielleicht ein Donner, der ſo unverhofft
ihn trifft, macht den Tirannen ſtutzen — und
was will ich mehr? Er überlegt, und Karl
hat Zeit gewonnen, nach Brabant zu flüch-
ten.“
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