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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

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Erster Akt.
Der Sohn liebt seine Mutter. Weltgebräuche,
die Ordnung der Natur und Roms Gesetze
verdammen diese Leidenschaft. Mein Anspruch
stößt fürchterlich auf meines Vaters Rechte.
Ich fühl's, und dennoch lieb' ich. Dieser Weg
führt nur zu Wahnsinn oder Blutgerüste.
Ich liebe ohne Hoffnung -- lasterhaft --
mit Todesangst und mit Gefahr des Lebens --
das seh' ich ja, und dennoch lieb' ich.
Marquis.
Weiß
die Königinn um diese Neigung?
Karlos.
Konnt' ich
mich ihr entdecken? Sie ist Philipps Frau
und Königinn, und das ist Span'scher Boden.
Von meines Vaters Eifersucht bewacht,
von Etikette ringsum eingeschlossen,
wie konnt' ich ohne Zeugen mich ihr nahn?
Acht höllenbange Monde sind es schon,
daß von der hohen Schule mich der König
an seinen Hof zurück berief -- daß ich
sie täglich anzuhören -- anzustarren,
verurtheilt bin, und wie das Grab zu schweigen,
Acht höllenbange Monde, Rodrigo,
Erſter Akt.
Der Sohn liebt ſeine Mutter. Weltgebräuche,
die Ordnung der Natur und Roms Geſetze
verdammen dieſe Leidenſchaft. Mein Anſpruch
ſtößt fürchterlich auf meines Vaters Rechte.
Ich fühl’s, und dennoch lieb’ ich. Dieſer Weg
führt nur zu Wahnſinn oder Blutgerüſte.
Ich liebe ohne Hoffnung — laſterhaft —
mit Todesangſt und mit Gefahr des Lebens —
das ſeh’ ich ja, und dennoch lieb’ ich.
Marquis.
Weiß
die Königinn um dieſe Neigung?
Karlos.
Konnt’ ich
mich ihr entdecken? Sie iſt Philipps Frau
und Königinn, und das iſt Span’ſcher Boden.
Von meines Vaters Eiferſucht bewacht,
von Etikette ringsum eingeſchloſſen,
wie konnt’ ich ohne Zeugen mich ihr nahn?
Acht höllenbange Monde ſind es ſchon,
daß von der hohen Schule mich der König
an ſeinen Hof zurück berief — daß ich
ſie täglich anzuhören — anzuſtarren,
verurtheilt bin, und wie das Grab zu ſchweigen,
Acht höllenbange Monde, Rodrigo,
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[21/0031] Erſter Akt. Der Sohn liebt ſeine Mutter. Weltgebräuche, die Ordnung der Natur und Roms Geſetze verdammen dieſe Leidenſchaft. Mein Anſpruch ſtößt fürchterlich auf meines Vaters Rechte. Ich fühl’s, und dennoch lieb’ ich. Dieſer Weg führt nur zu Wahnſinn oder Blutgerüſte. Ich liebe ohne Hoffnung — laſterhaft — mit Todesangſt und mit Gefahr des Lebens — das ſeh’ ich ja, und dennoch lieb’ ich. Marquis. Weiß die Königinn um dieſe Neigung? Karlos. Konnt’ ich mich ihr entdecken? Sie iſt Philipps Frau und Königinn, und das iſt Span’ſcher Boden. Von meines Vaters Eiferſucht bewacht, von Etikette ringsum eingeſchloſſen, wie konnt’ ich ohne Zeugen mich ihr nahn? Acht höllenbange Monde ſind es ſchon, daß von der hohen Schule mich der König an ſeinen Hof zurück berief — daß ich ſie täglich anzuhören — anzuſtarren, verurtheilt bin, und wie das Grab zu ſchweigen, Acht höllenbange Monde, Rodrigo,

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/31>, abgerufen am 24.11.2024.