Das Ohr der Neugier liegt nur an den Thü- ren des Glückes und der Leidenschaft. Die Welt hört auf in diesen Mauern.
Karlos. Denkt Ihr etwa, daß hinter diese Vorsicht, diese Furcht ein schuldiges Gewissen sich verkrieche --
Prior. Ich denke nichts.
Karlos. Ihr irrt Euch, frommer Vater, Ihr irrt Euch warlich. Mein Geheimniß zittert vor Menschen, aber nicht vor Gott.
Prior. Mein Sohn, das kümmert uns sehr wenig. Diese Frei- statt steht dem Verbrechen offen, wie der Unschuld. Ob, was Du vorhast, gut ist oder übel, rechtschaffen oder lasterhaft -- das mache mit Deinem eignen Herzen aus.
Dom Karlos.
Das Ohr der Neugier liegt nur an den Thü- ren des Glückes und der Leidenſchaft. Die Welt hört auf in dieſen Mauern.
Karlos. Denkt Ihr etwa, daß hinter dieſe Vorſicht, dieſe Furcht ein ſchuldiges Gewiſſen ſich verkrieche —
Prior. Ich denke nichts.
Karlos. Ihr irrt Euch, frommer Vater, Ihr irrt Euch warlich. Mein Geheimniß zittert vor Menſchen, aber nicht vor Gott.
Prior. Mein Sohn, das kümmert uns ſehr wenig. Dieſe Frei- ſtatt ſteht dem Verbrechen offen, wie der Unſchuld. Ob, was Du vorhaſt, gut iſt oder übel, rechtſchaffen oder laſterhaft — das mache mit Deinem eignen Herzen aus.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><spwho="#PRI"><p><pbfacs="#f0208"n="198"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Dom Karlos.</hi></fw><lb/>
Das Ohr der Neugier liegt nur an den Thü-<lb/>
ren<lb/>
des Glückes und der Leidenſchaft. Die Welt<lb/>
hört auf in dieſen Mauern.</p></sp><lb/><spwho="#KAR"><speaker><hirendition="#g">Karlos.</hi></speaker><lb/><p><hirendition="#et">Denkt Ihr etwa,</hi><lb/>
daß hinter dieſe Vorſicht, dieſe Furcht<lb/>
ein ſchuldiges Gewiſſen ſich verkrieche —</p></sp><lb/><spwho="#PRI"><speaker><hirendition="#g">Prior.</hi></speaker><lb/><p>Ich denke nichts.</p></sp><lb/><spwho="#KAR"><speaker><hirendition="#g">Karlos.</hi></speaker><lb/><p><hirendition="#et">Ihr irrt Euch, frommer Vater,</hi><lb/>
Ihr irrt Euch warlich. Mein Geheimniß<lb/>
zittert<lb/>
vor Menſchen, aber nicht vor Gott.</p></sp><lb/><spwho="#PRI"><speaker><hirendition="#g">Prior.</hi></speaker><lb/><p><hirendition="#et">Mein Sohn,</hi><lb/>
das kümmert <hirendition="#g">uns</hi>ſehr wenig. Dieſe Frei-<lb/>ſtatt<lb/>ſteht dem Verbrechen offen, wie der Unſchuld.<lb/>
Ob, was Du vorhaſt, gut iſt oder übel,<lb/>
rechtſchaffen oder laſterhaft — das mache<lb/>
mit Deinem eignen Herzen aus.</p></sp><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[198/0208]
Dom Karlos.
Das Ohr der Neugier liegt nur an den Thü-
ren
des Glückes und der Leidenſchaft. Die Welt
hört auf in dieſen Mauern.
Karlos.
Denkt Ihr etwa,
daß hinter dieſe Vorſicht, dieſe Furcht
ein ſchuldiges Gewiſſen ſich verkrieche —
Prior.
Ich denke nichts.
Karlos.
Ihr irrt Euch, frommer Vater,
Ihr irrt Euch warlich. Mein Geheimniß
zittert
vor Menſchen, aber nicht vor Gott.
Prior.
Mein Sohn,
das kümmert uns ſehr wenig. Dieſe Frei-
ſtatt
ſteht dem Verbrechen offen, wie der Unſchuld.
Ob, was Du vorhaſt, gut iſt oder übel,
rechtſchaffen oder laſterhaft — das mache
mit Deinem eignen Herzen aus.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/208>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.