Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Dom Karlos.
Allmächtiger! warum,
warum bin ich nicht Herr von deiner Welt,
um sie in meiner Freude zu verschenken!
Page.
So kommen Sie, mein Prinz, ich führe Sie.
Karlos.
Erst laß mich zu mir selber kommen -- Zittern
nicht alle Schrecken dieses Glücks noch in mir?
Hab' ich so stolz gehofft? Hab' ich das je
zu träumen mir getraut? Wo ist der Mensch,
der sich so schnell gewöhnte Gott zu sein? --
Wer war ich, und wer bin ich nun? Das ist
ein andrer Himmel, eine andre Sonne,
als vorhin da gewesen war -- das ist
die Welt nicht mehr, wo Thränen fließen sol-
len --
Nein, das war nur ein Fiebertraum -- er ist
vorüber, ich bin aufgewacht. Sie liebt mich!
O laß mich -- laß mich's ringsherum dem
ganzen
Madrid, dem Hof, dem Königreich erzählen,
erzählen wie ich glücklich bin.

Er will geh[e]n.
Dom Karlos.
Allmächtiger! warum,
warum bin ich nicht Herr von deiner Welt,
um ſie in meiner Freude zu verſchenken!
Page.
So kommen Sie, mein Prinz, ich führe Sie.
Karlos.
Erſt laß mich zu mir ſelber kommen — Zittern
nicht alle Schrecken dieſes Glücks noch in mir?
Hab’ ich ſo ſtolz gehofft? Hab’ ich das je
zu träumen mir getraut? Wo iſt der Menſch,
der ſich ſo ſchnell gewöhnte Gott zu ſein? —
Wer war ich, und wer bin ich nun? Das iſt
ein andrer Himmel, eine andre Sonne,
als vorhin da geweſen war — das iſt
die Welt nicht mehr, wo Thränen fließen ſol-
len —
Nein, das war nur ein Fiebertraum — er iſt
vorüber, ich bin aufgewacht. Sie liebt mich!
O laß mich — laß mich’s ringsherum dem
ganzen
Madrid, dem Hof, dem Königreich erzählen,
erzählen wie ich glücklich bin.

Er will geh[e]n.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#KAR">
              <pb facs="#f0118" n="108"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Allmächtiger! warum,</hi><lb/>
warum bin ich nicht Herr von deiner Welt,<lb/>
um &#x017F;ie in meiner Freude zu ver&#x017F;chenken!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#PAGE">
              <speaker><hi rendition="#g">Page</hi>.</speaker><lb/>
              <p>So kommen Sie, mein Prinz, ich führe Sie.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAR">
              <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Er&#x017F;t laß mich zu mir &#x017F;elber kommen &#x2014; Zittern<lb/>
nicht alle Schrecken die&#x017F;es Glücks noch in mir?<lb/>
Hab&#x2019; ich &#x017F;o &#x017F;tolz gehofft? Hab&#x2019; ich das je<lb/>
zu träumen mir getraut? Wo i&#x017F;t der Men&#x017F;ch,<lb/>
der &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;chnell gewöhnte Gott zu &#x017F;ein? &#x2014;<lb/>
Wer war ich, und wer bin ich nun? Das i&#x017F;t<lb/>
ein andrer Himmel, eine andre Sonne,<lb/>
als vorhin da gewe&#x017F;en war &#x2014; das i&#x017F;t<lb/>
die Welt nicht mehr, wo Thränen fließen &#x017F;ol-<lb/>
len &#x2014;<lb/>
Nein, das war nur ein Fiebertraum &#x2014; er i&#x017F;t<lb/>
vorüber, ich bin aufgewacht. Sie liebt mich!<lb/>
O laß mich &#x2014; laß mich&#x2019;s ringsherum dem<lb/>
ganzen<lb/>
Madrid, dem Hof, dem Königreich erzählen,<lb/>
erzählen wie ich glücklich bin.</p><lb/>
              <stage>Er will geh<supplied>e</supplied>n.</stage>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0118] Dom Karlos. Allmächtiger! warum, warum bin ich nicht Herr von deiner Welt, um ſie in meiner Freude zu verſchenken! Page. So kommen Sie, mein Prinz, ich führe Sie. Karlos. Erſt laß mich zu mir ſelber kommen — Zittern nicht alle Schrecken dieſes Glücks noch in mir? Hab’ ich ſo ſtolz gehofft? Hab’ ich das je zu träumen mir getraut? Wo iſt der Menſch, der ſich ſo ſchnell gewöhnte Gott zu ſein? — Wer war ich, und wer bin ich nun? Das iſt ein andrer Himmel, eine andre Sonne, als vorhin da geweſen war — das iſt die Welt nicht mehr, wo Thränen fließen ſol- len — Nein, das war nur ein Fiebertraum — er iſt vorüber, ich bin aufgewacht. Sie liebt mich! O laß mich — laß mich’s ringsherum dem ganzen Madrid, dem Hof, dem Königreich erzählen, erzählen wie ich glücklich bin. Er will gehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/118
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/118>, abgerufen am 22.11.2024.