Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Zehndes Buch.
"Befande sich dein Heer im blutigsten Gefecht;
130"So wußtest du, daß GOtt die Krieger stärckt und schwächt.
"War deiner Feinde Macht gezwungen durchzugehen;
"So glaubtest du den Sieg von GOtt gekrönt zu sehen.
"Gelassen in dem Sieg und herzhaft in Gefahr,
"Bescheiden in dem Glück, ist was dir eigen war.
135"Klug, standhaft, unerschreckt, wo man von Unglück hörte;
"Gleichmüthig und beherzt, was immer sich empörte.
"Ein jeder Umstand wies, daß du auf GOtt gebaut,
"Je mehr der Feinde Muth der eignen Macht vertraut.
"So vieler Tugenden Werth und Vortrefflichkeiten
140"Seynd Ursach, daß sie nun um Ehr und Vorrang streiten.
"Es hatt zwar jemand uns von dir Befehl gebracht;
"Wir haben auch darauf was anders ausgedacht;
"Allein auch dieses ist nicht ohne Streit geblieben,
"Weil uns fast jeder Saz was Neues vorgeschrieben;
145"So daß zu dem Beschluß nur noch dein Wille fehlt,
"Und was derselbige zu der Entscheidung wählt.
"Wird die Versammlung sich der Gnade schmeicheln därffen,
"So will ich dir des Streits Beschaffenheit entwerffen.
Theresia vernahm den Vortrag zwar mit Huld;
150Doch wiese sie den Rath auf einige Geduld,
Und sprach: daß er damit nunmehr verziehen sollte,
Weil sie von diesem Streit nichts mehr vernehmen wollte.
Es
Zehndes Buch.
„Befande ſich dein Heer im blutigſten Gefecht;
130„So wußteſt du, daß GOtt die Krieger ſtaͤrckt und ſchwaͤcht.
„War deiner Feinde Macht gezwungen durchzugehen;
„So glaubteſt du den Sieg von GOtt gekroͤnt zu ſehen.
„Gelaſſen in dem Sieg und herzhaft in Gefahr,
„Beſcheiden in dem Gluͤck, iſt was dir eigen war.
135„Klug, ſtandhaft, unerſchreckt, wo man von Ungluͤck hoͤrte;
„Gleichmuͤthig und beherzt, was immer ſich empoͤrte.
„Ein jeder Umſtand wies, daß du auf GOtt gebaut,
„Je mehr der Feinde Muth der eignen Macht vertraut.
„So vieler Tugenden Werth und Vortrefflichkeiten
140„Seynd Urſach, daß ſie nun um Ehr und Vorrang ſtreiten.
„Es hatt zwar jemand uns von dir Befehl gebracht;
„Wir haben auch darauf was anders ausgedacht;
„Allein auch dieſes iſt nicht ohne Streit geblieben,
„Weil uns faſt jeder Saz was Neues vorgeſchrieben;
145„So daß zu dem Beſchluß nur noch dein Wille fehlt,
„Und was derſelbige zu der Entſcheidung waͤhlt.
„Wird die Verſammlung ſich der Gnade ſchmeicheln daͤrffen,
„So will ich dir des Streits Beſchaffenheit entwerffen.
Thereſia vernahm den Vortrag zwar mit Huld;
150Doch wieſe ſie den Rath auf einige Geduld,
Und ſprach: daß er damit nunmehr verziehen ſollte,
Weil ſie von dieſem Streit nichts mehr vernehmen wollte.
Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0097"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zehndes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l>&#x201E;Befande &#x017F;ich dein Heer im blutig&#x017F;ten Gefecht;</l><lb/>
            <l><note place="left">130</note>&#x201E;So wußte&#x017F;t du, daß GOtt die Krieger &#x017F;ta&#x0364;rckt und &#x017F;chwa&#x0364;cht.</l><lb/>
            <l>&#x201E;War deiner Feinde Macht gezwungen durchzugehen;</l><lb/>
            <l>&#x201E;So glaubte&#x017F;t du den Sieg von GOtt gekro&#x0364;nt zu &#x017F;ehen.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Gela&#x017F;&#x017F;en in dem Sieg und herzhaft in Gefahr,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Be&#x017F;cheiden in dem Glu&#x0364;ck, i&#x017F;t was dir eigen war.</l><lb/>
            <l><note place="left">135</note>&#x201E;Klug, &#x017F;tandhaft, uner&#x017F;chreckt, wo man von Unglu&#x0364;ck ho&#x0364;rte;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Gleichmu&#x0364;thig und beherzt, was immer &#x017F;ich empo&#x0364;rte.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Ein jeder Um&#x017F;tand wies, daß du auf GOtt gebaut,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Je mehr der Feinde Muth der eignen Macht vertraut.</l><lb/>
            <l>&#x201E;So vieler Tugenden Werth und Vortrefflichkeiten</l><lb/>
            <l><note place="left">140</note>&#x201E;Seynd Ur&#x017F;ach, daß &#x017F;ie nun um Ehr und Vorrang &#x017F;treiten.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>&#x201E;Es hatt zwar jemand uns von dir Befehl gebracht;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wir haben auch darauf was anders ausgedacht;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Allein auch die&#x017F;es i&#x017F;t nicht ohne Streit geblieben,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Weil uns fa&#x017F;t jeder Saz was Neues vorge&#x017F;chrieben;</l><lb/>
            <l><note place="left">145</note>&#x201E;So daß zu dem Be&#x017F;chluß nur noch dein Wille fehlt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und was der&#x017F;elbige zu der Ent&#x017F;cheidung wa&#x0364;hlt.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wird die Ver&#x017F;ammlung &#x017F;ich der Gnade &#x017F;chmeicheln da&#x0364;rffen,</l><lb/>
            <l>&#x201E;So will ich dir des Streits Be&#x017F;chaffenheit entwerffen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#fr">There&#x017F;ia</hi> vernahm den Vortrag zwar mit Huld;</l><lb/>
            <l><note place="left">150</note>Doch wie&#x017F;e &#x017F;ie den Rath auf einige Geduld,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;prach: daß er damit nunmehr verziehen &#x017F;ollte,</l><lb/>
            <l>Weil &#x017F;ie von die&#x017F;em Streit nichts mehr vernehmen wollte.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0097] Zehndes Buch. „Befande ſich dein Heer im blutigſten Gefecht; „So wußteſt du, daß GOtt die Krieger ſtaͤrckt und ſchwaͤcht. „War deiner Feinde Macht gezwungen durchzugehen; „So glaubteſt du den Sieg von GOtt gekroͤnt zu ſehen. „Gelaſſen in dem Sieg und herzhaft in Gefahr, „Beſcheiden in dem Gluͤck, iſt was dir eigen war. „Klug, ſtandhaft, unerſchreckt, wo man von Ungluͤck hoͤrte; „Gleichmuͤthig und beherzt, was immer ſich empoͤrte. „Ein jeder Umſtand wies, daß du auf GOtt gebaut, „Je mehr der Feinde Muth der eignen Macht vertraut. „So vieler Tugenden Werth und Vortrefflichkeiten „Seynd Urſach, daß ſie nun um Ehr und Vorrang ſtreiten. „Es hatt zwar jemand uns von dir Befehl gebracht; „Wir haben auch darauf was anders ausgedacht; „Allein auch dieſes iſt nicht ohne Streit geblieben, „Weil uns faſt jeder Saz was Neues vorgeſchrieben; „So daß zu dem Beſchluß nur noch dein Wille fehlt, „Und was derſelbige zu der Entſcheidung waͤhlt. „Wird die Verſammlung ſich der Gnade ſchmeicheln daͤrffen, „So will ich dir des Streits Beſchaffenheit entwerffen. Thereſia vernahm den Vortrag zwar mit Huld; Doch wieſe ſie den Rath auf einige Geduld, Und ſprach: daß er damit nunmehr verziehen ſollte, Weil ſie von dieſem Streit nichts mehr vernehmen wollte. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/97
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/97>, abgerufen am 03.05.2024.