Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Zehndes Buch.
Jn jedem Augen-Winck ward jene Lust verspührt,
Die einen Mutter-Sinn mit Sorg' und Liebe rührt.
35Was hold-unschuldiges, Trost-volles, zartes Spielen!
Es zwang ein jedes Herz die Zärtlichkeit zu fühlen.
Man stellte Seitenwärts für das Geschwister-Paar
Zwey mit beblühmten Stoff bedeckte Sässel dar.
Jn dieser Ordnung war das Kronen-Haus zu sehen,
40O Thron, um den des Volcks, Glück, Heil und Wohlfart stehen!
Den ganzen Saal bewog Treu, Ehrfurcht, Lieb und Lust.
Wer hätte solchen Schmuck sonst anzusehn gewußt?
So prangen insgemein der Fürsten Herrlichkeiten,
Jedoch kein andrer Thron mit so viel Trefflichkeiten
45Als hier, wo Gnad und Huld und Weisheit so regiert,
Daß mehr der Länder Heil als Schmuck die Krone ziert.
O kämen, sprachen wir, die Könige der Erden!
Sie müßten theils erstaunt, theils eifersüchtig werden.
Besonders die dem Haus die Stürzung zugedacht,
50Und über solchen Fall, doch allzu früh, gelacht.
Wie? wann wir, dünckte mich, nun aus der Vorwelt Grüften
Der alten Helden-Schaar zu diesem Umstand rüfften:
Kommt! sehet diesen Hof, das höchste Königs-Paar,
Das Hilff- und Waffen-bloß im Krieg verflochten war!
55Sie kämen, diesen Saal, die Majestät zu sehen;
Was wurd' in ihrem Sinn, in ihrem Aug' entstehen?
Der
N n 2
Zehndes Buch.
Jn jedem Augen-Winck ward jene Luſt verſpuͤhrt,
Die einen Mutter-Sinn mit Sorg’ und Liebe ruͤhrt.
35Was hold-unſchuldiges, Troſt-volles, zartes Spielen!
Es zwang ein jedes Herz die Zaͤrtlichkeit zu fuͤhlen.
Man ſtellte Seitenwaͤrts fuͤr das Geſchwiſter-Paar
Zwey mit bebluͤhmten Stoff bedeckte Saͤſſel dar.
Jn dieſer Ordnung war das Kronen-Haus zu ſehen,
40O Thron, um den des Volcks, Gluͤck, Heil und Wohlfart ſtehen!
Den ganzen Saal bewog Treu, Ehrfurcht, Lieb und Luſt.
Wer haͤtte ſolchen Schmuck ſonſt anzuſehn gewußt?
So prangen insgemein der Fuͤrſten Herꝛlichkeiten,
Jedoch kein andrer Thron mit ſo viel Trefflichkeiten
45Als hier, wo Gnad und Huld und Weisheit ſo regiert,
Daß mehr der Laͤnder Heil als Schmuck die Krone ziert.
O kaͤmen, ſprachen wir, die Koͤnige der Erden!
Sie muͤßten theils erſtaunt, theils eiferſuͤchtig werden.
Beſonders die dem Haus die Stuͤrzung zugedacht,
50Und uͤber ſolchen Fall, doch allzu fruͤh, gelacht.
Wie? wann wir, duͤnckte mich, nun aus der Vorwelt Gruͤften
Der alten Helden-Schaar zu dieſem Umſtand ruͤfften:
Kommt! ſehet dieſen Hof, das hoͤchſte Koͤnigs-Paar,
Das Hilff- und Waffen-bloß im Krieg verflochten war!
55Sie kaͤmen, dieſen Saal, die Majeſtaͤt zu ſehen;
Was wurd’ in ihrem Sinn, in ihrem Aug’ entſtehen?
Der
N n 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0093"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zehndes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l>Jn jedem Augen-Winck ward jene Lu&#x017F;t ver&#x017F;pu&#x0364;hrt,</l><lb/>
            <l>Die einen Mutter-Sinn mit Sorg&#x2019; und Liebe ru&#x0364;hrt.</l><lb/>
            <l><note place="left">35</note>Was hold-un&#x017F;chuldiges, Tro&#x017F;t-volles, zartes Spielen!</l><lb/>
            <l>Es zwang ein jedes Herz die Za&#x0364;rtlichkeit zu fu&#x0364;hlen.</l><lb/>
            <l>Man &#x017F;tellte Seitenwa&#x0364;rts fu&#x0364;r das Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter-Paar</l><lb/>
            <l>Zwey mit beblu&#x0364;hmten Stoff bedeckte Sa&#x0364;&#x017F;&#x017F;el dar.</l><lb/>
            <l>Jn die&#x017F;er Ordnung war das Kronen-Haus zu &#x017F;ehen,</l><lb/>
            <l><note place="left">40</note>O Thron, um den des Volcks, Glu&#x0364;ck, Heil und Wohlfart &#x017F;tehen!</l><lb/>
            <l>Den ganzen Saal bewog Treu, Ehrfurcht, Lieb und Lu&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Wer ha&#x0364;tte &#x017F;olchen Schmuck &#x017F;on&#x017F;t anzu&#x017F;ehn gewußt?</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>So prangen insgemein der Fu&#x0364;r&#x017F;ten Her&#xA75B;lichkeiten,</l><lb/>
            <l>Jedoch kein andrer Thron mit &#x017F;o viel Trefflichkeiten</l><lb/>
            <l><note place="left">45</note>Als hier, wo Gnad und Huld und Weisheit &#x017F;o regiert,</l><lb/>
            <l>Daß mehr der La&#x0364;nder Heil als Schmuck die Krone ziert.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>O ka&#x0364;men, &#x017F;prachen wir, die Ko&#x0364;nige der Erden!</l><lb/>
            <l>Sie mu&#x0364;ßten theils er&#x017F;taunt, theils eifer&#x017F;u&#x0364;chtig werden.</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;onders die dem Haus die Stu&#x0364;rzung zugedacht,</l><lb/>
            <l><note place="left">50</note>Und u&#x0364;ber &#x017F;olchen Fall, doch allzu fru&#x0364;h, gelacht.</l><lb/>
            <l>Wie? wann wir, du&#x0364;nckte mich, nun aus der Vorwelt Gru&#x0364;ften</l><lb/>
            <l>Der alten Helden-Schaar zu die&#x017F;em Um&#x017F;tand ru&#x0364;fften:</l><lb/>
            <l>Kommt! &#x017F;ehet die&#x017F;en Hof, das ho&#x0364;ch&#x017F;te Ko&#x0364;nigs-Paar,</l><lb/>
            <l>Das Hilff- und Waffen-bloß im Krieg verflochten war!</l><lb/>
            <l><note place="left">55</note>Sie ka&#x0364;men, die&#x017F;en Saal, die Maje&#x017F;ta&#x0364;t zu &#x017F;ehen;</l><lb/>
            <l>Was wurd&#x2019; in ihrem Sinn, in ihrem Aug&#x2019; ent&#x017F;tehen?</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">N n 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0093] Zehndes Buch. Jn jedem Augen-Winck ward jene Luſt verſpuͤhrt, Die einen Mutter-Sinn mit Sorg’ und Liebe ruͤhrt. Was hold-unſchuldiges, Troſt-volles, zartes Spielen! Es zwang ein jedes Herz die Zaͤrtlichkeit zu fuͤhlen. Man ſtellte Seitenwaͤrts fuͤr das Geſchwiſter-Paar Zwey mit bebluͤhmten Stoff bedeckte Saͤſſel dar. Jn dieſer Ordnung war das Kronen-Haus zu ſehen, O Thron, um den des Volcks, Gluͤck, Heil und Wohlfart ſtehen! Den ganzen Saal bewog Treu, Ehrfurcht, Lieb und Luſt. Wer haͤtte ſolchen Schmuck ſonſt anzuſehn gewußt? So prangen insgemein der Fuͤrſten Herꝛlichkeiten, Jedoch kein andrer Thron mit ſo viel Trefflichkeiten Als hier, wo Gnad und Huld und Weisheit ſo regiert, Daß mehr der Laͤnder Heil als Schmuck die Krone ziert. O kaͤmen, ſprachen wir, die Koͤnige der Erden! Sie muͤßten theils erſtaunt, theils eiferſuͤchtig werden. Beſonders die dem Haus die Stuͤrzung zugedacht, Und uͤber ſolchen Fall, doch allzu fruͤh, gelacht. Wie? wann wir, duͤnckte mich, nun aus der Vorwelt Gruͤften Der alten Helden-Schaar zu dieſem Umſtand ruͤfften: Kommt! ſehet dieſen Hof, das hoͤchſte Koͤnigs-Paar, Das Hilff- und Waffen-bloß im Krieg verflochten war! Sie kaͤmen, dieſen Saal, die Majeſtaͤt zu ſehen; Was wurd’ in ihrem Sinn, in ihrem Aug’ entſtehen? Der N n 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/93
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/93>, abgerufen am 03.05.2024.