Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Neuntes Buch.
"So wirckt der Schatten nichts, der meinen Glanz beflecket;
"Dann endlich bin ich doch wie reines Gold entdecket.
"Durch meiner Tugend Licht, durch meine Gegenwart
"Wird das Verborgenste der Welt geoffenbart.
175"Mithin sag' ich beherzt, frey, deutlich, ungeschmincket,
"Was mich von euerm Frieß und von dem Streit bedüncket.
"Wer in dem Tugend-Kreiß an Ruhm die Reichste sey;
"Was man vor einen Bau derselben Ehre weih;
"Das untersuchte man durch so vielfache Stimmen,
180"Daß man am Anfang ist: dieß nenn' ich irrend schwimmen,
"Und weder Strand noch Port erreichen, oder sehn;
"Ja sich den Winden nach wie schlancke Binsen drehn.
"Allein mir fällt nicht ein, euch etwas abzustreiten;
"Es seynd euch insgesamt zu viele Treflichkeiten
185"Und Wirckungen gemein. Die Welt ist überzeugt,
"Wie weit Theresia durch eure Kräfte steigt,
"Und dannoch wurd es ihr an Wissenschaft gebrechen,
"Für welche von dem Rath der Vorzug auszusprechen.
"Man rühmt euch alle gleich, daß jede nach dem Stand
190"Der Pflichten und des Amts ihr Alles angewandt,
"Den GOtt-geweihten Sinn der Königinn zu leiten,
"Jn ihm den goldnen Thron der Tugend zu bereiten.
"Zu dem ists auch gewiß, daß ihr einander gleicht,
"Einander von dem Werth des eignen Ruhms nicht weicht.
195 "Man
K k 3
Neuntes Buch.
„So wirckt der Schatten nichts, der meinen Glanz beflecket;
„Dann endlich bin ich doch wie reines Gold entdecket.
„Durch meiner Tugend Licht, durch meine Gegenwart
„Wird das Verborgenſte der Welt geoffenbart.
175„Mithin ſag’ ich beherzt, frey, deutlich, ungeſchmincket,
„Was mich von euerm Frieß und von dem Streit beduͤncket.
„Wer in dem Tugend-Kreiß an Ruhm die Reichſte ſey;
„Was man vor einen Bau derſelben Ehre weih;
„Das unterſuchte man durch ſo vielfache Stimmen,
180„Daß man am Anfang iſt: dieß nenn’ ich irrend ſchwimmen,
„Und weder Strand noch Port erreichen, oder ſehn;
„Ja ſich den Winden nach wie ſchlancke Binſen drehn.
„Allein mir faͤllt nicht ein, euch etwas abzuſtreiten;
„Es ſeynd euch insgeſamt zu viele Treflichkeiten
185„Und Wirckungen gemein. Die Welt iſt uͤberzeugt,
„Wie weit Thereſia durch eure Kraͤfte ſteigt,
„Und dannoch wurd es ihr an Wiſſenſchaft gebrechen,
„Fuͤr welche von dem Rath der Vorzug auszuſprechen.
„Man ruͤhmt euch alle gleich, daß jede nach dem Stand
190„Der Pflichten und des Amts ihr Alles angewandt,
„Den GOtt-geweihten Sinn der Koͤniginn zu leiten,
„Jn ihm den goldnen Thron der Tugend zu bereiten.
„Zu dem iſts auch gewiß, daß ihr einander gleicht,
„Einander von dem Werth des eignen Ruhms nicht weicht.
195 „Man
K k 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0071"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neuntes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l>&#x201E;So wirckt der Schatten nichts, der meinen Glanz beflecket;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Dann endlich bin ich doch wie reines Gold entdecket.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Durch meiner Tugend Licht, durch meine Gegenwart</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wird das Verborgen&#x017F;te der Welt geoffenbart.</l><lb/>
            <l><note place="left">175</note>&#x201E;Mithin &#x017F;ag&#x2019; ich beherzt, frey, deutlich, unge&#x017F;chmincket,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was mich von euerm Frieß und von dem Streit bedu&#x0364;ncket.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>&#x201E;Wer in dem Tugend-Kreiß an Ruhm die Reich&#x017F;te &#x017F;ey;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was man vor einen Bau der&#x017F;elben Ehre weih;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Das unter&#x017F;uchte man durch &#x017F;o vielfache Stimmen,</l><lb/>
            <l><note place="left">180</note>&#x201E;Daß man am Anfang i&#x017F;t: dieß nenn&#x2019; ich irrend &#x017F;chwimmen,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und weder Strand noch Port erreichen, oder &#x017F;ehn;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Ja &#x017F;ich den Winden nach wie &#x017F;chlancke Bin&#x017F;en drehn.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Allein mir fa&#x0364;llt nicht ein, euch etwas abzu&#x017F;treiten;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Es &#x017F;eynd euch insge&#x017F;amt zu viele Treflichkeiten</l><lb/>
            <l><note place="left">185</note>&#x201E;Und Wirckungen gemein. Die Welt i&#x017F;t u&#x0364;berzeugt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wie weit <hi rendition="#fr">There&#x017F;ia</hi> durch eure Kra&#x0364;fte &#x017F;teigt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und dannoch wurd es ihr an Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft gebrechen,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Fu&#x0364;r welche von dem Rath der Vorzug auszu&#x017F;prechen.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Man ru&#x0364;hmt euch alle gleich, daß jede nach dem Stand</l><lb/>
            <l><note place="left">190</note>&#x201E;Der Pflichten und des Amts ihr Alles angewandt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Den GOtt-geweihten Sinn der Ko&#x0364;niginn zu leiten,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Jn ihm den goldnen Thron der Tugend zu bereiten.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Zu dem i&#x017F;ts auch gewiß, daß ihr einander gleicht,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Einander von dem Werth des eignen Ruhms nicht weicht.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">K k 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">195 &#x201E;Man</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0071] Neuntes Buch. „So wirckt der Schatten nichts, der meinen Glanz beflecket; „Dann endlich bin ich doch wie reines Gold entdecket. „Durch meiner Tugend Licht, durch meine Gegenwart „Wird das Verborgenſte der Welt geoffenbart. „Mithin ſag’ ich beherzt, frey, deutlich, ungeſchmincket, „Was mich von euerm Frieß und von dem Streit beduͤncket. „Wer in dem Tugend-Kreiß an Ruhm die Reichſte ſey; „Was man vor einen Bau derſelben Ehre weih; „Das unterſuchte man durch ſo vielfache Stimmen, „Daß man am Anfang iſt: dieß nenn’ ich irrend ſchwimmen, „Und weder Strand noch Port erreichen, oder ſehn; „Ja ſich den Winden nach wie ſchlancke Binſen drehn. „Allein mir faͤllt nicht ein, euch etwas abzuſtreiten; „Es ſeynd euch insgeſamt zu viele Treflichkeiten „Und Wirckungen gemein. Die Welt iſt uͤberzeugt, „Wie weit Thereſia durch eure Kraͤfte ſteigt, „Und dannoch wurd es ihr an Wiſſenſchaft gebrechen, „Fuͤr welche von dem Rath der Vorzug auszuſprechen. „Man ruͤhmt euch alle gleich, daß jede nach dem Stand „Der Pflichten und des Amts ihr Alles angewandt, „Den GOtt-geweihten Sinn der Koͤniginn zu leiten, „Jn ihm den goldnen Thron der Tugend zu bereiten. „Zu dem iſts auch gewiß, daß ihr einander gleicht, „Einander von dem Werth des eignen Ruhms nicht weicht. 195 „Man K k 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/71
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/71>, abgerufen am 04.05.2024.