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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Theresiade
Hier schwieg die Königinn; so sprach die Frömmigkeit:
"Der Umstand sagt mir viel; mir scheints, nun sey es Zeit
575"Den Ruhm der Königinn und des Gemahls zu krönen;
"Doch ohne das Geschrey des Pöbels zu beschönen.
"Sag! was erwähntest du von jener Vögel-Schaar,
"Die unsers Grossen Tarls Lust und Ergözen war?
"Wie kann dein weiser Geist den Zufall so verachten?
580"Jst dir dann unbekannt, was sie vor Zeiten brachten?
"Erfolgte nicht darauf ein allgemeiner Fried?
"Wer weiß, ob zwischen jezt und dort ein Unterschied?
"War dieses nicht vielleicht schon dazumahl das Zeichen,
"Daß einstens, wie geschah, der Adler würde weichen;
585"Mithin aus jenem Land, woher der neue Flug
"Derselben Stahren-Schaar sich zu dem Adler schlug,
"Ein solcher Krieger-Schwarm zum Beystand würde kommen,
"Biß dieser wiederum den alten Siz genommen?
"Und übrigens: je mehr ein Volck den Fürsten liebt,
590"Je mehr es ihm davon erregte Zeichen gibt.
"Nach dem ein Zufall ist, nach dem macht es Gebärden:
"Es bebt, es rufft, es schreyt, es weist auch die Beschwerden
"So bald ein Unglück droht. Und gehn die Sachen gut,
"So springt und singet es, es faßt von neuen Muth;


[Spaltenumbruch] 577.
595 "Es
577. Die sogenannten Laxenburger-
Vögel/ die um das Jahr 1720. sich
[Spaltenumbruch] zum erstenmahl sehen liessen.
Thereſiade
Hier ſchwieg die Koͤniginn; ſo ſprach die Froͤmmigkeit:
„Der Umſtand ſagt mir viel; mir ſcheints, nun ſey es Zeit
575„Den Ruhm der Koͤniginn und des Gemahls zu kroͤnen;
„Doch ohne das Geſchrey des Poͤbels zu beſchoͤnen.
„Sag! was erwaͤhnteſt du von jener Voͤgel-Schaar,
„Die unſers Groſſen Tarls Luſt und Ergoͤzen war?
„Wie kann dein weiſer Geiſt den Zufall ſo verachten?
580„Jſt dir dann unbekannt, was ſie vor Zeiten brachten?
„Erfolgte nicht darauf ein allgemeiner Fried?
„Wer weiß, ob zwiſchen jezt und dort ein Unterſchied?
„War dieſes nicht vielleicht ſchon dazumahl das Zeichen,
„Daß einſtens, wie geſchah, der Adler wuͤrde weichen;
585„Mithin aus jenem Land, woher der neue Flug
„Derſelben Stahren-Schaar ſich zu dem Adler ſchlug,
„Ein ſolcher Krieger-Schwarm zum Beyſtand wuͤrde kommen,
„Biß dieſer wiederum den alten Siz genommen?
„Und uͤbrigens: je mehr ein Volck den Fuͤrſten liebt,
590„Je mehr es ihm davon erregte Zeichen gibt.
„Nach dem ein Zufall iſt, nach dem macht es Gebaͤrden:
„Es bebt, es rufft, es ſchreyt, es weist auch die Beſchwerden
„So bald ein Ungluͤck droht. Und gehn die Sachen gut,
„So ſpringt und ſinget es, es faßt von neuen Muth;


[Spaltenumbruch] 577.
595 „Es
577. Die ſogenannten Laxenburger-
Voͤgel/ die um das Jahr 1720. ſich
[Spaltenumbruch] zum erſtenmahl ſehen lieſſen.
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[0142] Thereſiade Hier ſchwieg die Koͤniginn; ſo ſprach die Froͤmmigkeit: „Der Umſtand ſagt mir viel; mir ſcheints, nun ſey es Zeit „Den Ruhm der Koͤniginn und des Gemahls zu kroͤnen; „Doch ohne das Geſchrey des Poͤbels zu beſchoͤnen. „Sag! was erwaͤhnteſt du von jener Voͤgel-Schaar, „Die unſers Groſſen Tarls Luſt und Ergoͤzen war? „Wie kann dein weiſer Geiſt den Zufall ſo verachten? „Jſt dir dann unbekannt, was ſie vor Zeiten brachten? „Erfolgte nicht darauf ein allgemeiner Fried? „Wer weiß, ob zwiſchen jezt und dort ein Unterſchied? „War dieſes nicht vielleicht ſchon dazumahl das Zeichen, „Daß einſtens, wie geſchah, der Adler wuͤrde weichen; „Mithin aus jenem Land, woher der neue Flug „Derſelben Stahren-Schaar ſich zu dem Adler ſchlug, „Ein ſolcher Krieger-Schwarm zum Beyſtand wuͤrde kommen, „Biß dieſer wiederum den alten Siz genommen? „Und uͤbrigens: je mehr ein Volck den Fuͤrſten liebt, „Je mehr es ihm davon erregte Zeichen gibt. „Nach dem ein Zufall iſt, nach dem macht es Gebaͤrden: „Es bebt, es rufft, es ſchreyt, es weist auch die Beſchwerden „So bald ein Ungluͤck droht. Und gehn die Sachen gut, „So ſpringt und ſinget es, es faßt von neuen Muth; 595 „Es 577. 577. Die ſogenannten Laxenburger- Voͤgel/ die um das Jahr 1720. ſich zum erſtenmahl ſehen lieſſen.

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/142>, abgerufen am 28.04.2024.