Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.Theresiade Die Lust vermischte sich mit Ernst und Freundlichkeit;Auch bey dem Tugend-Kreiß erschien ein solcher Streit. 195Mir war dieß kaum genug: ich wünschte mehr zu hören, O, dacht' ich, dieser Fürst wird unser Heil vermehren. Er schwiege; sie versezt' in Majestät: "Es sey "Was du von mir begehrst! ficht! eile! geh! zerstreu "Die Schaaren unsers Feinds! ich bin schon überzeuget, 200"Wie deine Treue mir und meinem Haus geneiget. "Jch kenne dein Gemüth; du aber meinen Sinn; "Durch dich nennt mich die Welt die Ueberwinderinn. "So stehet, Tugenden! ein neuer Kampf-Plaz offen; "Laßt mich von euerm Amt auch jezt die Wirckung hoffen; 205"Geht und begleitet ihn! steht ihm mit Rath und That "Jn seinem Vorsaz bey, den er eröffnet hat. "Mir scheints, es flösse GOtt bereits in meine Sinnen: "Er seegne seinen Wunsch und dieses sein Beginnen. "Bewaffnet, rüstet euch! das Ende krönt den Sieg; 210"Die Krone kommt von GOtt; von ihm kommt Fried und Krieg. "Der Stab, den ich zum Schuz stets pflege mit zu führen, "Soll deine Faust, Gemahl! als ein Befehls-Stab zieren; "Er stammt von dem Gericht, das Tugend, Macht und Recht "Mit Wuth verdammet hat, jedoch an nichts geschwächt. 215Da sie die Worte sprach, ließ sie ein frohes Wesen Jm Reden, in dem Aug und in der Regung lesen. "Wir
Thereſiade Die Luſt vermiſchte ſich mit Ernſt und Freundlichkeit;Auch bey dem Tugend-Kreiß erſchien ein ſolcher Streit. 195Mir war dieß kaum genug: ich wuͤnſchte mehr zu hoͤren, O, dacht’ ich, dieſer Fuͤrſt wird unſer Heil vermehren. Er ſchwiege; ſie verſezt’ in Majeſtaͤt: „Es ſey „Was du von mir begehrſt! ficht! eile! geh! zerſtreu „Die Schaaren unſers Feinds! ich bin ſchon uͤberzeuget, 200„Wie deine Treue mir und meinem Haus geneiget. „Jch kenne dein Gemuͤth; du aber meinen Sinn; „Durch dich nennt mich die Welt die Ueberwinderinn. „So ſtehet, Tugenden! ein neuer Kampf-Plaz offen; „Laßt mich von euerm Amt auch jezt die Wirckung hoffen; 205„Geht und begleitet ihn! ſteht ihm mit Rath und That „Jn ſeinem Vorſaz bey, den er eroͤffnet hat. „Mir ſcheints, es floͤſſe GOtt bereits in meine Sinnen: „Er ſeegne ſeinen Wunſch und dieſes ſein Beginnen. „Bewaffnet, ruͤſtet euch! das Ende kroͤnt den Sieg; 210„Die Krone kom̃t von GOtt; von ihm kom̃t Fried und Krieg. „Der Stab, den ich zum Schuz ſtets pflege mit zu fuͤhren, „Soll deine Fauſt, Gemahl! als ein Befehls-Stab zieren; „Er ſtammt von dem Gericht, das Tugend, Macht und Recht „Mit Wuth verdammet hat, jedoch an nichts geſchwaͤcht. 215Da ſie die Worte ſprach, ließ ſie ein frohes Weſen Jm Reden, in dem Aug und in der Regung leſen. „Wir
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Thereſiade
Die Luſt vermiſchte ſich mit Ernſt und Freundlichkeit;
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Mir war dieß kaum genug: ich wuͤnſchte mehr zu hoͤren,
O, dacht’ ich, dieſer Fuͤrſt wird unſer Heil vermehren.
Er ſchwiege; ſie verſezt’ in Majeſtaͤt: „Es ſey
„Was du von mir begehrſt! ficht! eile! geh! zerſtreu
„Die Schaaren unſers Feinds! ich bin ſchon uͤberzeuget,
„Wie deine Treue mir und meinem Haus geneiget.
„Jch kenne dein Gemuͤth; du aber meinen Sinn;
„Durch dich nennt mich die Welt die Ueberwinderinn.
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„Laßt mich von euerm Amt auch jezt die Wirckung hoffen;
„Geht und begleitet ihn! ſteht ihm mit Rath und That
„Jn ſeinem Vorſaz bey, den er eroͤffnet hat.
„Mir ſcheints, es floͤſſe GOtt bereits in meine Sinnen:
„Er ſeegne ſeinen Wunſch und dieſes ſein Beginnen.
„Bewaffnet, ruͤſtet euch! das Ende kroͤnt den Sieg;
„Die Krone kom̃t von GOtt; von ihm kom̃t Fried und Krieg.
„Der Stab, den ich zum Schuz ſtets pflege mit zu fuͤhren,
„Soll deine Fauſt, Gemahl! als ein Befehls-Stab zieren;
„Er ſtammt von dem Gericht, das Tugend, Macht und Recht
„Mit Wuth verdammet hat, jedoch an nichts geſchwaͤcht.
Da ſie die Worte ſprach, ließ ſie ein frohes Weſen
Jm Reden, in dem Aug und in der Regung leſen.
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