Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Zehndes Buch.
505"Jch wünsche mir sonst nichts; ich bitte: sprich es aus!
"Jch wach' und bette stets für dich und für dein Haus.
Hierauf ermunterte Theresia die Wangen,
Und gab ihr diesen Trost: "Jch kenne dein Verlangen;
"So viel mein Herz vermag, so viel versprech' ich dir;
510"Verharre wo du bist, und bleibe stets bey mir.
Hier fieng man an im Saal sich mit Geräusch zu regen;
Ein Gegen-Eifer schien die Sinnen zu bewegen,
Als ob die Frömmigkeit nun vorgezogen wär;
Warum sie dann den Plaz für sich allein begehr.
515Es wollten einige der Bitte wiedersprechen;
Allein Theresia wußt sie zu unterbrechen:
"Nicht nur der Frömmigkeit", so fuhr sie weiter fort,
"Bestimm' ich, was sie sucht: euch allen sey der Ort
"Den sie verlangt, gemein. Jhr werdet ihn besizen.
520"Jch nenn' euch insgesamt derselben Hütte Stüzen.
Auf diese Worte blieb der Saal besänftiget,
Der Wahn der Eifersucht mit Ruh geendiget.
DRauf hat die Kayserinn zu reden angefangen:
"Wir wissen, wie der Feind mit uns ist umgegangen;
525"Wir wissen", trug sie vor, was euer Rath genüzt;
"Wer meiner Tochter Haus und Länder hat beschüzt.
"Und ihr erinnert euch der schweren Fürsten-Tugend,
"Die meiner Tochter Herz schon in der zarten Jugend
"Durch
Zehndes Buch.
505„Jch wuͤnſche mir ſonſt nichts; ich bitte: ſprich es aus!
„Jch wach’ und bette ſtets fuͤr dich und fuͤr dein Haus.
Hierauf ermunterte Thereſia die Wangen,
Und gab ihr dieſen Troſt: „Jch kenne dein Verlangen;
„So viel mein Herz vermag, ſo viel verſprech’ ich dir;
510„Verharre wo du biſt, und bleibe ſtets bey mir.
Hier fieng man an im Saal ſich mit Geraͤuſch zu regen;
Ein Gegen-Eifer ſchien die Sinnen zu bewegen,
Als ob die Froͤmmigkeit nun vorgezogen waͤr;
Warum ſie dann den Plaz fuͤr ſich allein begehr.
515Es wollten einige der Bitte wiederſprechen;
Allein Thereſia wußt ſie zu unterbrechen:
„Nicht nur der Froͤmmigkeit„, ſo fuhr ſie weiter fort,
„Beſtimm’ ich, was ſie ſucht: euch allen ſey der Ort
„Den ſie verlangt, gemein. Jhr werdet ihn beſizen.
520„Jch nenn’ euch insgeſamt derſelben Huͤtte Stuͤzen.
Auf dieſe Worte blieb der Saal beſaͤnftiget,
Der Wahn der Eiferſucht mit Ruh geendiget.
DRauf hat die Kayſerinn zu reden angefangen:
„Wir wiſſen, wie der Feind mit uns iſt umgegangen;
525„Wir wiſſen„, trug ſie vor, was euer Rath genuͤzt;
„Wer meiner Tochter Haus und Laͤnder hat beſchuͤzt.
„Und ihr erinnert euch der ſchweren Fuͤrſten-Tugend,
„Die meiner Tochter Herz ſchon in der zarten Jugend
„Durch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0113"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zehndes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l><note place="left">505</note>&#x201E;Jch wu&#x0364;n&#x017F;che mir &#x017F;on&#x017F;t nichts; ich bitte: &#x017F;prich es aus!</l><lb/>
            <l>&#x201E;Jch wach&#x2019; und bette &#x017F;tets fu&#x0364;r dich und fu&#x0364;r dein Haus.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Hierauf ermunterte <hi rendition="#fr">There&#x017F;ia</hi> die Wangen,</l><lb/>
            <l>Und gab ihr die&#x017F;en Tro&#x017F;t: &#x201E;Jch kenne dein Verlangen;</l><lb/>
            <l>&#x201E;So viel mein Herz vermag, &#x017F;o viel ver&#x017F;prech&#x2019; ich dir;</l><lb/>
            <l><note place="left">510</note>&#x201E;Verharre wo du bi&#x017F;t, und bleibe &#x017F;tets bey mir.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Hier fieng man an im Saal &#x017F;ich mit Gera&#x0364;u&#x017F;ch zu regen;</l><lb/>
            <l>Ein Gegen-Eifer &#x017F;chien die Sinnen zu bewegen,</l><lb/>
            <l>Als ob die Fro&#x0364;mmigkeit nun vorgezogen wa&#x0364;r;</l><lb/>
            <l>Warum &#x017F;ie dann den Plaz fu&#x0364;r &#x017F;ich allein begehr.</l><lb/>
            <l><note place="left">515</note>Es wollten einige der Bitte wieder&#x017F;prechen;</l><lb/>
            <l>Allein <hi rendition="#fr">There&#x017F;ia</hi> wußt &#x017F;ie zu unterbrechen:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Nicht nur der Fro&#x0364;mmigkeit&#x201E;, &#x017F;o fuhr &#x017F;ie weiter fort,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Be&#x017F;timm&#x2019; ich, was &#x017F;ie &#x017F;ucht: euch allen &#x017F;ey der Ort</l><lb/>
            <l>&#x201E;Den &#x017F;ie verlangt, gemein. Jhr werdet ihn be&#x017F;izen.</l><lb/>
            <l><note place="left">520</note>&#x201E;Jch nenn&#x2019; euch insge&#x017F;amt der&#x017F;elben Hu&#x0364;tte Stu&#x0364;zen.</l><lb/>
            <l>Auf die&#x017F;e Worte blieb der Saal be&#x017F;a&#x0364;nftiget,</l><lb/>
            <l>Der Wahn der Eifer&#x017F;ucht mit Ruh geendiget.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>Rauf hat die Kay&#x017F;erinn zu reden angefangen:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wir wi&#x017F;&#x017F;en, wie der Feind mit uns i&#x017F;t umgegangen;</l><lb/>
            <l><note place="left">525</note>&#x201E;Wir wi&#x017F;&#x017F;en&#x201E;, trug &#x017F;ie vor, was euer Rath genu&#x0364;zt;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wer meiner Tochter Haus und La&#x0364;nder hat be&#x017F;chu&#x0364;zt.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und ihr erinnert euch der &#x017F;chweren Fu&#x0364;r&#x017F;ten-Tugend,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Die meiner Tochter Herz &#x017F;chon in der zarten Jugend</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Durch</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0113] Zehndes Buch. „Jch wuͤnſche mir ſonſt nichts; ich bitte: ſprich es aus! „Jch wach’ und bette ſtets fuͤr dich und fuͤr dein Haus. Hierauf ermunterte Thereſia die Wangen, Und gab ihr dieſen Troſt: „Jch kenne dein Verlangen; „So viel mein Herz vermag, ſo viel verſprech’ ich dir; „Verharre wo du biſt, und bleibe ſtets bey mir. Hier fieng man an im Saal ſich mit Geraͤuſch zu regen; Ein Gegen-Eifer ſchien die Sinnen zu bewegen, Als ob die Froͤmmigkeit nun vorgezogen waͤr; Warum ſie dann den Plaz fuͤr ſich allein begehr. Es wollten einige der Bitte wiederſprechen; Allein Thereſia wußt ſie zu unterbrechen: „Nicht nur der Froͤmmigkeit„, ſo fuhr ſie weiter fort, „Beſtimm’ ich, was ſie ſucht: euch allen ſey der Ort „Den ſie verlangt, gemein. Jhr werdet ihn beſizen. „Jch nenn’ euch insgeſamt derſelben Huͤtte Stuͤzen. Auf dieſe Worte blieb der Saal beſaͤnftiget, Der Wahn der Eiferſucht mit Ruh geendiget. DRauf hat die Kayſerinn zu reden angefangen: „Wir wiſſen, wie der Feind mit uns iſt umgegangen; „Wir wiſſen„, trug ſie vor, was euer Rath genuͤzt; „Wer meiner Tochter Haus und Laͤnder hat beſchuͤzt. „Und ihr erinnert euch der ſchweren Fuͤrſten-Tugend, „Die meiner Tochter Herz ſchon in der zarten Jugend „Durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/113
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/113>, abgerufen am 27.04.2024.