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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Theresiade
"War ich es nicht allein? war es nicht meine Macht,
"Die bey der Schreckbarkeit der Schauer-vollen Nacht
"Den heitern Blick erhielt? der Feinde Stolz nicht scheute,
"Und so, Freundinnen! euch von aller Angst befreyte?
530"Es braucht des Redens nicht; ihr gebt mir Zeugenschafft,
"Was damahls hilfflich war, das kam von meiner Krafft.
"Kein Zufall konnte mich, mein Herz, mein Aug entsetzen;
"Nichts hatte Macht genug mein Wesen zu verlezen.

"Da nun der gröste Sturm der Königinn verschont,
535"So wurde sie durch mich der übrigen gewohnt.
"Sinn, Scheitel, Geist und Blut war nimmer zu erschüttern:
"Ein Felsen-festes Hertz ringt auch mit Ungewittern.
"Die Sonne blizet oft mit dem geschärften Strahl
"Jn das geschliffne Rund, in den gehöhlten Stahl,
540"Um mittelst solches Brands durch dessen Marck zu dringen,
"Und ihm den Gegenglanz des Feuers abzuzwingen:
"Umsonst: der Strahlen Macht springt ab, die Spitze bricht,
"Er krümmt und wendet sich dahin, woher sie sticht.
"Jch sage: die Gewalt die disen Spiegel stürmet,
545"Wird von dem hohlen Stahl in einen Strahl gethürmet,
"Und, wie sie durch die Luft an dessen Fläche prellt,
"Mit gleicher Gegenmacht auf sich zurück geschnellt;
"Der Stahl wird nicht verlezt, nur schöner ausgeschmücket,
"Jemehr desselben Troz der Strahlen Stolz zerstücket.
"Nicht

Thereſiade
„War ich es nicht allein? war es nicht meine Macht,
„Die bey der Schreckbarkeit der Schauer-vollen Nacht
„Den heitern Blick erhielt? der Feinde Stolz nicht ſcheute,
„Und ſo, Freundinnen! euch von aller Angſt befreyte?
530„Es braucht des Redens nicht; ihr gebt mir Zeugenſchafft,
„Was damahls hilfflich war, das kam von meiner Krafft.
„Kein Zufall konnte mich, mein Herz, mein Aug entſetzen;
„Nichts hatte Macht genug mein Weſen zu verlezen.

„Da nun der groͤſte Sturm der Koͤniginn verſchont,
535„So wurde ſie durch mich der uͤbrigen gewohnt.
„Sinn, Scheitel, Geiſt und Blut war nimmer zu erſchuͤttern:
„Ein Felſen-feſtes Hertz ringt auch mit Ungewittern.
„Die Sonne blizet oft mit dem geſchaͤrften Strahl
„Jn das geſchliffne Rund, in den gehoͤhlten Stahl,
540„Um mittelſt ſolches Brands durch deſſen Marck zu dringen,
„Und ihm den Gegenglanz des Feuers abzuzwingen:
„Umſonſt: der Strahlen Macht ſpringt ab, die Spitze bricht,
„Er kruͤmmt und wendet ſich dahin, woher ſie ſticht.
„Jch ſage: die Gewalt die diſen Spiegel ſtuͤrmet,
545„Wird von dem hohlen Stahl in einen Strahl gethuͤrmet,
„Und, wie ſie durch die Luft an deſſen Flaͤche prellt,
„Mit gleicher Gegenmacht auf ſich zuruͤck geſchnellt;
„Der Stahl wird nicht verlezt, nur ſchoͤner ausgeſchmuͤcket,
„Jemehr deſſelben Troz der Strahlen Stolz zerſtuͤcket.
„Nicht
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[0075] Thereſiade „War ich es nicht allein? war es nicht meine Macht, „Die bey der Schreckbarkeit der Schauer-vollen Nacht „Den heitern Blick erhielt? der Feinde Stolz nicht ſcheute, „Und ſo, Freundinnen! euch von aller Angſt befreyte? „Es braucht des Redens nicht; ihr gebt mir Zeugenſchafft, „Was damahls hilfflich war, das kam von meiner Krafft. „Kein Zufall konnte mich, mein Herz, mein Aug entſetzen; „Nichts hatte Macht genug mein Weſen zu verlezen. „Da nun der groͤſte Sturm der Koͤniginn verſchont, „So wurde ſie durch mich der uͤbrigen gewohnt. „Sinn, Scheitel, Geiſt und Blut war nimmer zu erſchuͤttern: „Ein Felſen-feſtes Hertz ringt auch mit Ungewittern. „Die Sonne blizet oft mit dem geſchaͤrften Strahl „Jn das geſchliffne Rund, in den gehoͤhlten Stahl, „Um mittelſt ſolches Brands durch deſſen Marck zu dringen, „Und ihm den Gegenglanz des Feuers abzuzwingen: „Umſonſt: der Strahlen Macht ſpringt ab, die Spitze bricht, „Er kruͤmmt und wendet ſich dahin, woher ſie ſticht. „Jch ſage: die Gewalt die diſen Spiegel ſtuͤrmet, „Wird von dem hohlen Stahl in einen Strahl gethuͤrmet, „Und, wie ſie durch die Luft an deſſen Flaͤche prellt, „Mit gleicher Gegenmacht auf ſich zuruͤck geſchnellt; „Der Stahl wird nicht verlezt, nur ſchoͤner ausgeſchmuͤcket, „Jemehr deſſelben Troz der Strahlen Stolz zerſtuͤcket. „Nicht

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/75>, abgerufen am 06.05.2024.