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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Sechstes Buch.
365
"Wer mich, die Treu verläßt, hält es mit dem Verrath,
"Mit Arglist und Betrug; was folgt aus dieser That?
"Daß, wer Vernunft besizt, ihm nimmermehr kann glauben,
"Mithin daß er sich sieht des Eigenthums berauben:
"Er kämpft und sicht allein. Hätt unsre Königinn
370"Nicht mich, nur euern Rath und Beystand immerhin

"Zur Gegenwehr gebraucht, wie wär es uns ergangen?
"Was kann ein schwacher Chor von Tugenden verfangen,
"Wann nicht ein treuer Freund die schwere Krieges-Last
"Mit euch und eurer Müh auf seine Schultern faßt?
375"Die Treu der Königinn konnt es zu Weege bringen,

"Daß viele Mächtige mit ihr zum Kämpfen giengen.
"Sie kannten ihres Sinns unüberwundne Treu;
"Sie wußten, daß ihr Herz nicht zu verändern sey;
"Mithin, was sie versprach, gewiß erfolgen müsse:
380"Das ist, warum man ihr zu helffen sich beflisse.
"Die Treu ists, was den Schmuck der Kronen übertrifft;
"Derselben Kostbarkeit wird durch die Treu geprüfft.
"Ergreifft die Wage, wägt das Wort, so sie gegeben,
"Und legt statt des Gewichts den theursten Eid darneben!
385"So seht ihr, wie das Wort sich nach der Tieffe neigt,

"Der Eid hingegen leicht wie Rauch und Feuer steigt.
"Das haben wir bisher mit Freud und Leid erfahren,
"Weil hier ein Wort ein Schwur, dort Schwüre Wörter waren.
"Dann
Z
Sechſtes Buch.
365
„Wer mich, die Treu verlaͤßt, haͤlt es mit dem Verrath,
„Mit Argliſt und Betrug; was folgt aus dieſer That?
„Daß, wer Vernunft beſizt, ihm nimmermehr kann glauben,
„Mithin daß er ſich ſieht des Eigenthums berauben:
„Er kaͤmpft und ſicht allein. Haͤtt unſre Koͤniginn
370„Nicht mich, nur euern Rath und Beyſtand immerhin

„Zur Gegenwehr gebraucht, wie waͤr es uns ergangen?
„Was kann ein ſchwacher Chor von Tugenden verfangen,
„Wann nicht ein treuer Freund die ſchwere Krieges-Laſt
„Mit euch und eurer Muͤh auf ſeine Schultern faßt?
375„Die Treu der Koͤniginn konnt es zu Weege bringen,

„Daß viele Maͤchtige mit ihr zum Kaͤmpfen giengen.
„Sie kannten ihres Sinns unuͤberwundne Treu;
„Sie wußten, daß ihr Herz nicht zu veraͤndern ſey;
„Mithin, was ſie verſprach, gewiß erfolgen muͤſſe:
380„Das iſt, warum man ihr zu helffen ſich befliſſe.
„Die Treu iſts, was den Schmuck der Kronen uͤbertrifft;
„Derſelben Koſtbarkeit wird durch die Treu gepruͤfft.
„Ergreifft die Wage, waͤgt das Wort, ſo ſie gegeben,
„Und legt ſtatt des Gewichts den theurſten Eid darneben!
385„So ſeht ihr, wie das Wort ſich nach der Tieffe neigt,

„Der Eid hingegen leicht wie Rauch und Feuer ſteigt.
„Das haben wir bisher mit Freud und Leid erfahren,
„Weil hier ein Wort ein Schwur, dort Schwuͤre Woͤrter waren.
„Dann
Z
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[0192] Sechſtes Buch. „Wer mich, die Treu verlaͤßt, haͤlt es mit dem Verrath, „Mit Argliſt und Betrug; was folgt aus dieſer That? „Daß, wer Vernunft beſizt, ihm nimmermehr kann glauben, „Mithin daß er ſich ſieht des Eigenthums berauben: „Er kaͤmpft und ſicht allein. Haͤtt unſre Koͤniginn „Nicht mich, nur euern Rath und Beyſtand immerhin „Zur Gegenwehr gebraucht, wie waͤr es uns ergangen? „Was kann ein ſchwacher Chor von Tugenden verfangen, „Wann nicht ein treuer Freund die ſchwere Krieges-Laſt „Mit euch und eurer Muͤh auf ſeine Schultern faßt? „Die Treu der Koͤniginn konnt es zu Weege bringen, „Daß viele Maͤchtige mit ihr zum Kaͤmpfen giengen. „Sie kannten ihres Sinns unuͤberwundne Treu; „Sie wußten, daß ihr Herz nicht zu veraͤndern ſey; „Mithin, was ſie verſprach, gewiß erfolgen muͤſſe: „Das iſt, warum man ihr zu helffen ſich befliſſe. „Die Treu iſts, was den Schmuck der Kronen uͤbertrifft; „Derſelben Koſtbarkeit wird durch die Treu gepruͤfft. „Ergreifft die Wage, waͤgt das Wort, ſo ſie gegeben, „Und legt ſtatt des Gewichts den theurſten Eid darneben! „So ſeht ihr, wie das Wort ſich nach der Tieffe neigt, „Der Eid hingegen leicht wie Rauch und Feuer ſteigt. „Das haben wir bisher mit Freud und Leid erfahren, „Weil hier ein Wort ein Schwur, dort Schwuͤre Woͤrter waren. „Dann Z

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/192>, abgerufen am 21.11.2024.