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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Theresiade
105"Von solcher Härtigkeit ist mein Gemüth entfernt;
"Weil oft ein Feind dadurch sich zu entschliessen lernt:
"Daß er sich eh zum Tod, als zu dem Zwang bereite,
"Und selbst Unmöglichkeit mit neuem Muth bestreite.
"Da die Verzweiflung dann, noch durch die lezte Kraft
110"Die sie zusammen zieht, ihm Rath und Hilff verschafft.

"Der Lorber-reiche Feind beängstiget die Mauren,
"Daß seine Schaaren selbst das Volck der Stadt bedauren.
"An allen Orten heult die wohl verwahrte Noth,
"Der Sieger zeigt durch Schwert und Feuer sein Geboth.
115"Er läßt mit steter Wuth die Felsen-Brecher krachen,

"Und jeden Weeg zur Hilff durch Mord und Brand verwachen.
"Je mehr die Gräßlichkeit der Sturm-Geräthschaft kracht,
"Je mehr man in der Stadt zur Wehr sich färtig macht.
"Es muß der Flammen Wuth durch alle Winckel dringen,
120"Das eingesperrte Volck zur Ubergab zu zwingen.

"Man spricht ihm nichts mehr zu, als den Verheerungs-Zwang;
"Man schwört ihm Rach und Grimm, Blut, Würgen, Schwert und
Strang,

"Wann es nicht sanft, gebückt, mit Stricken an dem Nacken
"Zu Füssen fällt: man will es Glieder-weiß zerhacken.
125"Der aufgeblasne Zorn bricht solchen Urtheils-Stab,

"Er hält die Mauren schon vor der Verschloßnen Grab.
"Dieß ist des Feinds Entschluß, vor dem die Wälle zittern.
"Wie geht es in der Stadt bey diesen Ungewittern?
"Man

Thereſiade
105„Von ſolcher Haͤrtigkeit iſt mein Gemuͤth entfernt;
„Weil oft ein Feind dadurch ſich zu entſchlieſſen lernt:
„Daß er ſich eh zum Tod, als zu dem Zwang bereite,
„Und ſelbſt Unmoͤglichkeit mit neuem Muth beſtreite.
„Da die Verzweiflung dann, noch durch die lezte Kraft
110„Die ſie zuſammen zieht, ihm Rath und Hilff verſchafft.

„Der Lorber-reiche Feind beaͤngſtiget die Mauren,
„Daß ſeine Schaaren ſelbſt das Volck der Stadt bedauren.
„An allen Orten heult die wohl verwahrte Noth,
„Der Sieger zeigt durch Schwert und Feuer ſein Geboth.
115„Er laͤßt mit ſteter Wuth die Felſen-Brecher krachen,

„Und jeden Weeg zur Hilff durch Mord und Brand verwachen.
„Je mehr die Graͤßlichkeit der Sturm-Geraͤthſchaft kracht,
„Je mehr man in der Stadt zur Wehr ſich faͤrtig macht.
„Es muß der Flammen Wuth durch alle Winckel dringen,
120„Das eingeſperꝛte Volck zur Ubergab zu zwingen.

„Man ſpricht ihm nichts mehr zu, als den Verheerungs-Zwang;
„Man ſchwoͤrt ihm Rach und Grim̃, Blut, Wuͤrgen, Schwert und
Strang,

„Wann es nicht ſanft, gebuͤckt, mit Stricken an dem Nacken
„Zu Fuͤſſen faͤllt: man will es Glieder-weiß zerhacken.
125„Der aufgeblaſne Zorn bricht ſolchen Urtheils-Stab,

„Er haͤlt die Mauren ſchon vor der Verſchloßnen Grab.
„Dieß iſt des Feinds Entſchluß, vor dem die Waͤlle zittern.
„Wie geht es in der Stadt bey dieſen Ungewittern?
„Man
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[0181] Thereſiade „Von ſolcher Haͤrtigkeit iſt mein Gemuͤth entfernt; „Weil oft ein Feind dadurch ſich zu entſchlieſſen lernt: „Daß er ſich eh zum Tod, als zu dem Zwang bereite, „Und ſelbſt Unmoͤglichkeit mit neuem Muth beſtreite. „Da die Verzweiflung dann, noch durch die lezte Kraft „Die ſie zuſammen zieht, ihm Rath und Hilff verſchafft. „Der Lorber-reiche Feind beaͤngſtiget die Mauren, „Daß ſeine Schaaren ſelbſt das Volck der Stadt bedauren. „An allen Orten heult die wohl verwahrte Noth, „Der Sieger zeigt durch Schwert und Feuer ſein Geboth. „Er laͤßt mit ſteter Wuth die Felſen-Brecher krachen, „Und jeden Weeg zur Hilff durch Mord und Brand verwachen. „Je mehr die Graͤßlichkeit der Sturm-Geraͤthſchaft kracht, „Je mehr man in der Stadt zur Wehr ſich faͤrtig macht. „Es muß der Flammen Wuth durch alle Winckel dringen, „Das eingeſperꝛte Volck zur Ubergab zu zwingen. „Man ſpricht ihm nichts mehr zu, als den Verheerungs-Zwang; „Man ſchwoͤrt ihm Rach und Grim̃, Blut, Wuͤrgen, Schwert und Strang, „Wann es nicht ſanft, gebuͤckt, mit Stricken an dem Nacken „Zu Fuͤſſen faͤllt: man will es Glieder-weiß zerhacken. „Der aufgeblaſne Zorn bricht ſolchen Urtheils-Stab, „Er haͤlt die Mauren ſchon vor der Verſchloßnen Grab. „Dieß iſt des Feinds Entſchluß, vor dem die Waͤlle zittern. „Wie geht es in der Stadt bey dieſen Ungewittern? „Man

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/181>, abgerufen am 04.05.2024.