Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.Theresiade "Jch übergehe viel; fragt selbsten eure Brust, "Es ist derselbigen so viel als mir bewust, "Wie sehr sie sich bemüht, Barmherzigkeit zu üben: "Sucht, sinnt und denckt nur nach, ich laß' es unbeschrieben. 625"Mir ist genug, daß es das ganze Land erkennt, "Und dessen überzeugt sie seine Mutter nennt. "Was aber Kinder-Lieb und Mutter-Neigung häge, "Jst euch zu viel bewußt, als daß ich es erwege. "Wir haben dessen mehr als täglichen Beweis, 630"So sagt mir, wem gebührt der Vorrang und der Preiß? Hier nahme sie das Kleid und schlug es um die Lenden, Schwieg, sezte sich, und ließ die Rede so bewenden. [Abbildung]
Thereſiade „Jch uͤbergehe viel; fragt ſelbſten eure Bruſt, „Es iſt derſelbigen ſo viel als mir bewuſt, „Wie ſehr ſie ſich bemuͤht, Barmherzigkeit zu uͤben: „Sucht, ſinnt und denckt nur nach, ich laß’ es unbeſchrieben. 625„Mir iſt genug, daß es das ganze Land erkennt, „Und deſſen uͤberzeugt ſie ſeine Mutter nennt. „Was aber Kinder-Lieb und Mutter-Neigung haͤge, „Jſt euch zu viel bewußt, als daß ich es erwege. „Wir haben deſſen mehr als taͤglichen Beweis, 630„So ſagt mir, wem gebuͤhrt der Vorrang und der Preiß? Hier nahme ſie das Kleid und ſchlug es um die Lenden, Schwieg, ſezte ſich, und ließ die Rede ſo bewenden. [Abbildung]
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Thereſiade
„Jch uͤbergehe viel; fragt ſelbſten eure Bruſt,
„Es iſt derſelbigen ſo viel als mir bewuſt,
„Wie ſehr ſie ſich bemuͤht, Barmherzigkeit zu uͤben:
„Sucht, ſinnt und denckt nur nach, ich laß’ es unbeſchrieben.
„Mir iſt genug, daß es das ganze Land erkennt,
„Und deſſen uͤberzeugt ſie ſeine Mutter nennt.
„Was aber Kinder-Lieb und Mutter-Neigung haͤge,
„Jſt euch zu viel bewußt, als daß ich es erwege.
„Wir haben deſſen mehr als taͤglichen Beweis,
„So ſagt mir, wem gebuͤhrt der Vorrang und der Preiß?
Hier nahme ſie das Kleid und ſchlug es um die Lenden,
Schwieg, ſezte ſich, und ließ die Rede ſo bewenden.
[Abbildung]
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Zitationshilfe: | Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/175>, abgerufen am 03.07.2024. |