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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Viertes Buch.

"Und was dergleichen mehr, so meinem Stand zu wieder;
640"Mit was vor Lauigkeit schlügt ihr die Blicke nieder?

"Man diente nimmermehr aus Liebe, nur aus Noth;
"Man sagte nimmermehr: ihr Winck ist ein Geboth.
"Bald wurde sich das Feur der Dienst-Begierde dämpfen;
"Pflicht und Willfährigkeit mit Wiederwillen kämpfen:
645"Der Eifer schwächte sich, in dem das Herze springt,

"Wann, wie es stets geschicht, sie dieser Kreiß umringt.
"Ein Kind verbirgt sich oft, flieht, zittert, oder weinet,
"Wann seiner Mutter Aug ihm nur verfinstert scheinet.
"Was macht ihr, Wertheste! wann ihr die Königinn
650"Der Augen Majestät mit Ernst seht überziehn?

"Wie gieng es, wann sie stets mit unbeliebten Blicken
"Freundinnen! euch empfieng? wurd euch die Gnad erquicken?

"So ruff ich billig auf: die Gnade triumphiert!
"Durch diese ward das Herz, die Lieb und Treu gerührt.
655"Jch bin dieselbige. So bald ich von ihr scheide,

"So bleibt, ich weiß nicht was, an ihrem Königs-Kleide,
"Das allen Anzug hemmt. Es brächte Langsamkeit:
"Die; Zweifel: der; Verdruß: und dieser; Lauigkeit.
"Da wurde das Gefühl der Munterkeit gemindert,
660"Vielleicht auch gar das Amt der Schuldigkeit gehindert.
"Nun ist die Königinn so wie Theresia,
"Für die des Vaterlands Dienstfärtigkeit geschah.
"Nun
S

Viertes Buch.

„Und was dergleichen mehr, ſo meinem Stand zu wieder;
640„Mit was vor Lauigkeit ſchluͤgt ihr die Blicke nieder?

„Man diente nimmermehr aus Liebe, nur aus Noth;
„Man ſagte nimmermehr: ihr Winck iſt ein Geboth.
„Bald wurde ſich das Feur der Dienſt-Begierde daͤmpfen;
„Pflicht und Willfaͤhrigkeit mit Wiederwillen kaͤmpfen:
645„Der Eifer ſchwaͤchte ſich, in dem das Herze ſpringt,

„Wann, wie es ſtets geſchicht, ſie dieſer Kreiß umringt.
„Ein Kind verbirgt ſich oft, flieht, zittert, oder weinet,
„Wann ſeiner Mutter Aug ihm nur verfinſtert ſcheinet.
„Was macht ihr, Wertheſte! wann ihr die Koͤniginn
650„Der Augen Majeſtaͤt mit Ernſt ſeht uͤberziehn?

„Wie gieng es, wann ſie ſtets mit unbeliebten Blicken
„Freundinnen! euch empfieng? wurd euch die Gnad erquicken?

„So ruff ich billig auf: die Gnade triumphiert!
„Durch dieſe ward das Herz, die Lieb und Treu geruͤhrt.
655„Jch bin dieſelbige. So bald ich von ihr ſcheide,

„So bleibt, ich weiß nicht was, an ihrem Koͤnigs-Kleide,
„Das allen Anzug hemmt. Es braͤchte Langſamkeit:
„Die; Zweifel: der; Verdruß: und dieſer; Lauigkeit.
„Da wurde das Gefuͤhl der Munterkeit gemindert,
660„Vielleicht auch gar das Amt der Schuldigkeit gehindert.
„Nun iſt die Koͤniginn ſo wie Thereſia,
„Fuͤr die des Vaterlands Dienſtfaͤrtigkeit geſchah.
„Nun
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[0144] Viertes Buch. „Und was dergleichen mehr, ſo meinem Stand zu wieder; „Mit was vor Lauigkeit ſchluͤgt ihr die Blicke nieder? „Man diente nimmermehr aus Liebe, nur aus Noth; „Man ſagte nimmermehr: ihr Winck iſt ein Geboth. „Bald wurde ſich das Feur der Dienſt-Begierde daͤmpfen; „Pflicht und Willfaͤhrigkeit mit Wiederwillen kaͤmpfen: „Der Eifer ſchwaͤchte ſich, in dem das Herze ſpringt, „Wann, wie es ſtets geſchicht, ſie dieſer Kreiß umringt. „Ein Kind verbirgt ſich oft, flieht, zittert, oder weinet, „Wann ſeiner Mutter Aug ihm nur verfinſtert ſcheinet. „Was macht ihr, Wertheſte! wann ihr die Koͤniginn „Der Augen Majeſtaͤt mit Ernſt ſeht uͤberziehn? „Wie gieng es, wann ſie ſtets mit unbeliebten Blicken „Freundinnen! euch empfieng? wurd euch die Gnad erquicken? „So ruff ich billig auf: die Gnade triumphiert! „Durch dieſe ward das Herz, die Lieb und Treu geruͤhrt. „Jch bin dieſelbige. So bald ich von ihr ſcheide, „So bleibt, ich weiß nicht was, an ihrem Koͤnigs-Kleide, „Das allen Anzug hemmt. Es braͤchte Langſamkeit: „Die; Zweifel: der; Verdruß: und dieſer; Lauigkeit. „Da wurde das Gefuͤhl der Munterkeit gemindert, „Vielleicht auch gar das Amt der Schuldigkeit gehindert. „Nun iſt die Koͤniginn ſo wie Thereſia, „Fuͤr die des Vaterlands Dienſtfaͤrtigkeit geſchah. „Nun S

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/144>, abgerufen am 04.05.2024.