Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.Drittes Buch. 765"Ein wunderbarer Krieg! Sobald nur unsre Schaar "Nicht starck, doch voller Muth ins Feld gezogen war, "Und vor dem Gegner sich mit Recht bewaffnet zeigte, "Sobald erkannte man, wohin der Sieg sich neigte: "Jch würckte solchen aus; dann es weiß jedermann, 770"Daß die Gewalt nicht stets das Recht bezwingen kann; "Hätt diese nur allein, nicht ich mit ihr, gestritten, "So müßten wir den Feind noch heut um Gnade bitten. "Du Majestät geh hin, zeig deines Zepters Pracht! 785"Du Großmuth zörn, verzeih, weis deines Hertzens Macht! 775"Laßt auch die Frömmigkeit um Hilff und Beystand flehen! "Was werdet ihr zum Schluß vor Wunderthaten sehen, "Wann die Gerechtigkeit nicht eure Pflichten ziert, "Und jede zu dem Amt, so sie verrichtet, führt? "Der Himmel ist gerecht; für mich gab er den Seegen, 780"An dem in einem Krieg mehr als an Muth gelegen; "Sonst siegte jener nur, der groß und prächtig ist, "Mit Andacht Kronen trägt, das Recht nach Hoheit mißt. "Vom Zweifel sag ich nichts; meintwegen mag er sinnen, "Wer unter uns den Preis des Frieses soll gewinnen. "Jch wiederspreche nicht, daß jede von dem Rath "Zum Schuz der Königinn viel beygetragen hat; "Doch aber, hätte man was ohne mich gewaget, "So wären wir vielleicht von dem Besiz verjaget. "Was O 2
Drittes Buch. 765„Ein wunderbarer Krieg! Sobald nur unſre Schaar „Nicht ſtarck, doch voller Muth ins Feld gezogen war, „Und vor dem Gegner ſich mit Recht bewaffnet zeigte, „Sobald erkannte man, wohin der Sieg ſich neigte: „Jch wuͤrckte ſolchen aus; dann es weiß jedermann, 770„Daß die Gewalt nicht ſtets das Recht bezwingen kann; „Haͤtt dieſe nur allein, nicht ich mit ihr, geſtritten, „So muͤßten wir den Feind noch heut um Gnade bitten. „Du Majeſtaͤt geh hin, zeig deines Zepters Pracht! 785„Du Großmuth zoͤrn, verzeih, weis deines Hertzens Macht! 775„Laßt auch die Froͤmmigkeit um Hilff und Beyſtand flehen! „Was werdet ihr zum Schluß vor Wunderthaten ſehen, „Wann die Gerechtigkeit nicht eure Pflichten ziert, „Und jede zu dem Amt, ſo ſie verrichtet, fuͤhrt? „Der Himmel iſt gerecht; fuͤr mich gab er den Seegen, 780„An dem in einem Krieg mehr als an Muth gelegen; „Sonſt ſiegte jener nur, der groß und praͤchtig iſt, „Mit Andacht Kronen traͤgt, das Recht nach Hoheit mißt. „Vom Zweifel ſag ich nichts; meintwegen mag er ſinnen, „Wer unter uns den Preis des Frieſes ſoll gewinnen. „Jch wiederſpreche nicht, daß jede von dem Rath „Zum Schuz der Koͤniginn viel beygetragen hat; „Doch aber, haͤtte man was ohne mich gewaget, „So waͤren wir vielleicht von dem Beſiz verjaget. „Was O 2
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Drittes Buch.
„Ein wunderbarer Krieg! Sobald nur unſre Schaar
„Nicht ſtarck, doch voller Muth ins Feld gezogen war,
„Und vor dem Gegner ſich mit Recht bewaffnet zeigte,
„Sobald erkannte man, wohin der Sieg ſich neigte:
„Jch wuͤrckte ſolchen aus; dann es weiß jedermann,
„Daß die Gewalt nicht ſtets das Recht bezwingen kann;
„Haͤtt dieſe nur allein, nicht ich mit ihr, geſtritten,
„So muͤßten wir den Feind noch heut um Gnade bitten.
„Du Majeſtaͤt geh hin, zeig deines Zepters Pracht!
„Du Großmuth zoͤrn, verzeih, weis deines Hertzens Macht!
„Laßt auch die Froͤmmigkeit um Hilff und Beyſtand flehen!
„Was werdet ihr zum Schluß vor Wunderthaten ſehen,
„Wann die Gerechtigkeit nicht eure Pflichten ziert,
„Und jede zu dem Amt, ſo ſie verrichtet, fuͤhrt?
„Der Himmel iſt gerecht; fuͤr mich gab er den Seegen,
„An dem in einem Krieg mehr als an Muth gelegen;
„Sonſt ſiegte jener nur, der groß und praͤchtig iſt,
„Mit Andacht Kronen traͤgt, das Recht nach Hoheit mißt.
„Vom Zweifel ſag ich nichts; meintwegen mag er ſinnen,
„Wer unter uns den Preis des Frieſes ſoll gewinnen.
„Jch wiederſpreche nicht, daß jede von dem Rath
„Zum Schuz der Koͤniginn viel beygetragen hat;
„Doch aber, haͤtte man was ohne mich gewaget,
„So waͤren wir vielleicht von dem Beſiz verjaget.
„Was
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Zitationshilfe: | Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/114>, abgerufen am 16.02.2025. |