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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Theresiade

"Jhr wisset allbereits wie hart es mir ergangen,
"Als man sich wieder mich zu rüsten angefangen;
605"Man pochte nur auf mich, ich war der bittre Dorn,

"Jch übertrug des Feinds Verschmähung, Spott und Zorn.
"Auf mich gieng alles loß; man sah die Schwerter blincken,
"Und selbe nur auf mich mit ihrer Schärffe sincken:
"Die Paucken thöneten, die Fahnen flogen nicht,
610"Es sey dann wieder mich; auf mich war es gericht:

"Was Lermen, Mord und Brand, und Drohen konnt erwecken,
"Geschahe nicht, als mir mein Erb-Recht abzuschrecken.

Sie ließ auf ihrer Brust ein offnes Auge sehn,
Ein wunderbar Gesicht! sie pflog es offt zu drehn;
615So dacht' ich: diese mag wohl alle Reden schlagen;

Jhr Ansehn ist sehr groß, sie braucht nicht viel zu sagen;
Sie trug nebst einer Waag ein bloß gekröntes Schwert,
Das gab der Rede Macht, Gewalt, Gewicht und Werth.
Thalia sagte mir: "Betrachte diese Waffen!
620"Mit diesen pflegt sie sich und andern Recht zu schaffen;

"Jhr Amt und ihre Pflicht ist die Gerechtigkeit;
"Vor der sich in der Welt nichts als die Bosheit scheut.
"Sie sieht was billig ist; ihr Amt ist, es zu wägen;
"Dem Unrecht stellt sie sich mit diesem Schwert entgegen.
625"Sie hat des Feindes Rechts sich niemahls angemaßt,

"Doch war sie stets von ihm verfolget und gehaßt.
"Man

Thereſiade

„Jhr wiſſet allbereits wie hart es mir ergangen,
„Als man ſich wieder mich zu ruͤſten angefangen;
605„Man pochte nur auf mich, ich war der bittre Dorn,

„Jch uͤbertrug des Feinds Verſchmaͤhung, Spott und Zorn.
„Auf mich gieng alles loß; man ſah die Schwerter blincken,
„Und ſelbe nur auf mich mit ihrer Schaͤrffe ſincken:
„Die Paucken thoͤneten, die Fahnen flogen nicht,
610„Es ſey dann wieder mich; auf mich war es gericht:

„Was Lermen, Mord und Brand, und Drohen konnt erwecken,
„Geſchahe nicht, als mir mein Erb-Recht abzuſchrecken.

Sie ließ auf ihrer Bruſt ein offnes Auge ſehn,
Ein wunderbar Geſicht! ſie pflog es offt zu drehn;
615So dacht’ ich: dieſe mag wohl alle Reden ſchlagen;

Jhr Anſehn iſt ſehr groß, ſie braucht nicht viel zu ſagen;
Sie trug nebſt einer Waag ein bloß gekroͤntes Schwert,
Das gab der Rede Macht, Gewalt, Gewicht und Werth.
Thalia ſagte mir: „Betrachte dieſe Waffen!
620„Mit dieſen pflegt ſie ſich und andern Recht zu ſchaffen;

„Jhr Amt und ihre Pflicht iſt die Gerechtigkeit;
„Vor der ſich in der Welt nichts als die Bosheit ſcheut.
„Sie ſieht was billig iſt; ihr Amt iſt, es zu waͤgen;
„Dem Unrecht ſtellt ſie ſich mit dieſem Schwert entgegen.
625„Sie hat des Feindes Rechts ſich niemahls angemaßt,

„Doch war ſie ſtets von ihm verfolget und gehaßt.
„Man
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[0107] Thereſiade „Jhr wiſſet allbereits wie hart es mir ergangen, „Als man ſich wieder mich zu ruͤſten angefangen; „Man pochte nur auf mich, ich war der bittre Dorn, „Jch uͤbertrug des Feinds Verſchmaͤhung, Spott und Zorn. „Auf mich gieng alles loß; man ſah die Schwerter blincken, „Und ſelbe nur auf mich mit ihrer Schaͤrffe ſincken: „Die Paucken thoͤneten, die Fahnen flogen nicht, „Es ſey dann wieder mich; auf mich war es gericht: „Was Lermen, Mord und Brand, und Drohen konnt erwecken, „Geſchahe nicht, als mir mein Erb-Recht abzuſchrecken. Sie ließ auf ihrer Bruſt ein offnes Auge ſehn, Ein wunderbar Geſicht! ſie pflog es offt zu drehn; So dacht’ ich: dieſe mag wohl alle Reden ſchlagen; Jhr Anſehn iſt ſehr groß, ſie braucht nicht viel zu ſagen; Sie trug nebſt einer Waag ein bloß gekroͤntes Schwert, Das gab der Rede Macht, Gewalt, Gewicht und Werth. Thalia ſagte mir: „Betrachte dieſe Waffen! „Mit dieſen pflegt ſie ſich und andern Recht zu ſchaffen; „Jhr Amt und ihre Pflicht iſt die Gerechtigkeit; „Vor der ſich in der Welt nichts als die Bosheit ſcheut. „Sie ſieht was billig iſt; ihr Amt iſt, es zu waͤgen; „Dem Unrecht ſtellt ſie ſich mit dieſem Schwert entgegen. „Sie hat des Feindes Rechts ſich niemahls angemaßt, „Doch war ſie ſtets von ihm verfolget und gehaßt. „Man

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/107>, abgerufen am 27.11.2024.