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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Theresiade

"Kein Wunder ists, sag' ich, daß seit demselben Tage
"Sie nebst dem Kronen-Schmuck auch Lorber-Kränze trage:
"Daß ein vergeßnes Heer, ein nie benanntes Volck
470"Durch einen neuen Weeg als eine Wetter-Wolck

"Zu ihrem Beystand kam, ja sie noch stets beschüze,
"Und ihrem Thron so viel als tausend Mauren nütze.

Hier sagte mir mein Sinn, warum so mancher Zug
Der Krieger sich erwies, den wir in unserm Flug
475Auf jedem Weege sahn; der aller Orten eilte,

Und sich bald da bald dort in starcke Schaaren theilte.
"Allein", so fuhr sie fort, was nüzt das Wort-Gepräng?
"Die Sach erweißt sich selbst. Der Erd-Kreiß ist zu eng;
"Dann ihrer Majestät zunehmendes Vermögen
480"Wußt auch der Wasser-Welt Hochachtung einzuprägen.

"Es war noch nicht genug, daß, was der Erde Rund
"Zum Sturz und Fall des Throns der Königinn erfund,
"Sich mit vereinter Macht zum Vorschlag brauchen lasse;
"Man suchte durch den Grund der Flutten auch die Strasse.
485"Jedoch es hiesse nur den Winden sich vertraun;

"Auf Boden-losen Grund, auf Rauch und Schatten baun.


469
"Es
469 [Spaltenumbruch] Der Feind hatte zwar durch sein
Staats-Fern-Glaß viel ausgespähet/
doch waren ihm die Croaten/ Sclavo-
nier/ Wallachen/ Uskocken/ Morlacken/
[Spaltenumbruch] Theisser/ Maroscher/ Warasdiner/
Panduren und andere mehr nicht eher
als in dem Streit zu Gesichte gekom-
men.

Thereſiade

„Kein Wunder iſts, ſag’ ich, daß ſeit demſelben Tage
„Sie nebſt dem Kronen-Schmuck auch Lorber-Kraͤnze trage:
„Daß ein vergeßnes Heer, ein nie benanntes Volck
470„Durch einen neuen Weeg als eine Wetter-Wolck

„Zu ihrem Beyſtand kam, ja ſie noch ſtets beſchuͤze,
„Und ihrem Thron ſo viel als tauſend Mauren nuͤtze.

Hier ſagte mir mein Sinn, warum ſo mancher Zug
Der Krieger ſich erwies, den wir in unſerm Flug
475Auf jedem Weege ſahn; der aller Orten eilte,

Und ſich bald da bald dort in ſtarcke Schaaren theilte.
„Allein„, ſo fuhr ſie fort, was nuͤzt das Wort-Gepraͤng?
„Die Sach erweißt ſich ſelbſt. Der Erd-Kreiß iſt zu eng;
„Dann ihrer Majeſtaͤt zunehmendes Vermoͤgen
480„Wußt auch der Waſſer-Welt Hochachtung einzupraͤgen.

„Es war noch nicht genug, daß, was der Erde Rund
„Zum Sturz und Fall des Throns der Koͤniginn erfund,
„Sich mit vereinter Macht zum Vorſchlag brauchen laſſe;
„Man ſuchte durch den Grund der Flutten auch die Straſſe.
485„Jedoch es hieſſe nur den Winden ſich vertraun;

„Auf Boden-loſen Grund, auf Rauch und Schatten baun.


469
„Es
469 [Spaltenumbruch] Der Feind hatte zwar durch ſein
Staats-Fern-Glaß viel ausgeſpaͤhet/
doch waren ihm die Croaten/ Sclavo-
nier/ Wallachen/ Uskocken/ Morlacken/
[Spaltenumbruch] Theiſſer/ Maroſcher/ Warasdiner/
Panduren und andere mehr nicht eher
als in dem Streit zu Geſichte gekom-
men.
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[0101] Thereſiade „Kein Wunder iſts, ſag’ ich, daß ſeit demſelben Tage „Sie nebſt dem Kronen-Schmuck auch Lorber-Kraͤnze trage: „Daß ein vergeßnes Heer, ein nie benanntes Volck „Durch einen neuen Weeg als eine Wetter-Wolck „Zu ihrem Beyſtand kam, ja ſie noch ſtets beſchuͤze, „Und ihrem Thron ſo viel als tauſend Mauren nuͤtze. Hier ſagte mir mein Sinn, warum ſo mancher Zug Der Krieger ſich erwies, den wir in unſerm Flug Auf jedem Weege ſahn; der aller Orten eilte, Und ſich bald da bald dort in ſtarcke Schaaren theilte. „Allein„, ſo fuhr ſie fort, was nuͤzt das Wort-Gepraͤng? „Die Sach erweißt ſich ſelbſt. Der Erd-Kreiß iſt zu eng; „Dann ihrer Majeſtaͤt zunehmendes Vermoͤgen „Wußt auch der Waſſer-Welt Hochachtung einzupraͤgen. „Es war noch nicht genug, daß, was der Erde Rund „Zum Sturz und Fall des Throns der Koͤniginn erfund, „Sich mit vereinter Macht zum Vorſchlag brauchen laſſe; „Man ſuchte durch den Grund der Flutten auch die Straſſe. „Jedoch es hieſſe nur den Winden ſich vertraun; „Auf Boden-loſen Grund, auf Rauch und Schatten baun. „Es 469 469 Der Feind hatte zwar durch ſein Staats-Fern-Glaß viel ausgeſpaͤhet/ doch waren ihm die Croaten/ Sclavo- nier/ Wallachen/ Uskocken/ Morlacken/ Theiſſer/ Maroſcher/ Warasdiner/ Panduren und andere mehr nicht eher als in dem Streit zu Geſichte gekom- men.

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/101>, abgerufen am 04.05.2024.