Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.sonderlich beygebracht den Grund/ welchen an die Hand gibet der Ursprung ſonderlich beygebracht den Grund/ welchen an die Hand gibet der Urſprung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0065" n="(52)[52]"/> ſonderlich beygebracht den Grund/ welchen an die Hand gibet der Urſprung<lb/> unſerer Flüſſen. Nun aber werde diſere Streitfrag um etwas genauer un-<lb/> terſuchen/ theils die Wahrheit deſto deutlicher an Tag zu legen/ theils die<lb/> Vorurtheile zu benemmen/ welche entſtehen moͤchten durch leſung <hi rendition="#aq">Joſiæ<lb/> Simleri,</hi> eines unſerer beruͤhmteſten Scribenten/ welcher in ſeinem herꝛlichen<lb/> Buch <hi rendition="#aq">de Alpib. pag. 98. b.</hi> behaubten wil/ daß nicht die jenigen Berge vor<lb/> die hoͤchſten zu halten/ von welchen namhafte Flüſſe in alle Weltgegenden<lb/> abflieſſen: dann ja bekant/ wie auf dem Fichtelberg entſpringen 4. Haubt-<lb/> fluͤſſe/ der Mayn/ die Eger/ die Nab/ und die Sal/ und aber diſer bey weitem<lb/> nicht unter die Hoͤchſten zu zellen; wie gleichfahls der bald groͤſte Fluß in<lb/> Europa/ die Donau/ entſpringe bey Doneſching/ an einem ſehr nidrigen<lb/> Ohrt/ auf dem flachen Land; uͤber das gar vil Fluͤſſe in der Moſcau/ und<lb/> Tartarey auf ebenen Landen ihre Urquellen haben; und ſtreiten ſelbs die<lb/> Puͤndtner/ Walliſſer/ und Schweizer/ welche die hoͤchſten Gebirge haben.<lb/> Hierwider ſetze anfaͤnglich zu einem unbeweglichen Pfeiler unſerer hieruͤber<lb/> waltenden Vernunft-Schluͤſſen folgenden Grundſatz/ daß alle Flüſſe an-<lb/> zuſehen ſeyen/ als <hi rendition="#aq">Plana inclinata,</hi> haldige Flaͤchen/ alſo daß zu oberſt ſeye<lb/> die Quell/ zu unterſt der Außlauff; und gewahre hier/ gleich als im vorbey-<lb/> gehen/ das <hi rendition="#aq">Becmann</hi> in ſeiner <hi rendition="#aq">Hiſt. Orb. Terr. Geograph. p. m.</hi> 61. un-<lb/> genugſam die Urſach des durch die Flußbette abflieſſenden Waſſers herleitet<lb/> 1. und vornemlich/ von trukung des jenigen Waſſers/ welches hinten nach<lb/> komt. 2. von runder Geſtaltſame der kleinſten Waſſertheilchen/ in Kraft<lb/> welcher ſie leicht uͤber einander ſich bewegen/ und fortwelzen koͤnnen. Her-<lb/> gegen behaupte/ daß die vornemmere/ und dritte/ Urſach des Fluſſes ſeye die<lb/> Unebenheit der Erden/ von welcher/ als einer zu außſpendung des friſchen<lb/> Waſſers von Gott weißlichſt angeordneten Geſtaltſame gar ſchoͤn ſchreibet<lb/> Hr. <hi rendition="#aq">Woovvard</hi> in ſeiner <hi rendition="#aq">Hiſtory of Earth. pag</hi> 153. welches vortreffliche<lb/> Buch auß dem Engellaͤndiſchen ins Lateiniſche uͤberſetzet habe unter dem<lb/> Titel <hi rendition="#aq">Geographiæ Phyſicæ,</hi> um daß es der gelehrten Welt deſto bekanter<lb/> wurde; und behaupte mit dem Verfaſſer diſes Buchs/ daß wann keine Hü-<lb/> gel/ Berge/ und Thaͤler/ weren/ wann nicht einiche Theile der im Suͤndfluß<lb/> eingefallenen Erden weren erhoben geblieben/ da andere geſunken/ wir auf<lb/> ganzer Erde gehabt hetten ſtillſtehende/ faule Waſſer/ und nirgends keinen<lb/> flieſſenden Strohm. Es truken die hinden nach kommenden Waſſer die<lb/> vorderen nicht allein wegen ihrer leichter Beweglichkeit/ ſondern vornem-<lb/> lich/ weilen jene ab hoͤheren Ohrten flieſſen in tieffere. Wer iſt/ dem nicht<lb/> bewußt ſeye die niderſte tieffe des Meers/ von deſſen Geſtad die Erde all-<lb/> gemach aufſteiget bis auf die hoͤchſten Alpgebirge? Der Augenſchein bringt<lb/> es mit/ die Vernunft faſſet/ und bejahet es/ und bekraͤftiget diſe Grundwahr-<lb/> heit genugſam die Erfahrung. ꝛc.</p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [(52)[52]/0065]
ſonderlich beygebracht den Grund/ welchen an die Hand gibet der Urſprung
unſerer Flüſſen. Nun aber werde diſere Streitfrag um etwas genauer un-
terſuchen/ theils die Wahrheit deſto deutlicher an Tag zu legen/ theils die
Vorurtheile zu benemmen/ welche entſtehen moͤchten durch leſung Joſiæ
Simleri, eines unſerer beruͤhmteſten Scribenten/ welcher in ſeinem herꝛlichen
Buch de Alpib. pag. 98. b. behaubten wil/ daß nicht die jenigen Berge vor
die hoͤchſten zu halten/ von welchen namhafte Flüſſe in alle Weltgegenden
abflieſſen: dann ja bekant/ wie auf dem Fichtelberg entſpringen 4. Haubt-
fluͤſſe/ der Mayn/ die Eger/ die Nab/ und die Sal/ und aber diſer bey weitem
nicht unter die Hoͤchſten zu zellen; wie gleichfahls der bald groͤſte Fluß in
Europa/ die Donau/ entſpringe bey Doneſching/ an einem ſehr nidrigen
Ohrt/ auf dem flachen Land; uͤber das gar vil Fluͤſſe in der Moſcau/ und
Tartarey auf ebenen Landen ihre Urquellen haben; und ſtreiten ſelbs die
Puͤndtner/ Walliſſer/ und Schweizer/ welche die hoͤchſten Gebirge haben.
Hierwider ſetze anfaͤnglich zu einem unbeweglichen Pfeiler unſerer hieruͤber
waltenden Vernunft-Schluͤſſen folgenden Grundſatz/ daß alle Flüſſe an-
zuſehen ſeyen/ als Plana inclinata, haldige Flaͤchen/ alſo daß zu oberſt ſeye
die Quell/ zu unterſt der Außlauff; und gewahre hier/ gleich als im vorbey-
gehen/ das Becmann in ſeiner Hiſt. Orb. Terr. Geograph. p. m. 61. un-
genugſam die Urſach des durch die Flußbette abflieſſenden Waſſers herleitet
1. und vornemlich/ von trukung des jenigen Waſſers/ welches hinten nach
komt. 2. von runder Geſtaltſame der kleinſten Waſſertheilchen/ in Kraft
welcher ſie leicht uͤber einander ſich bewegen/ und fortwelzen koͤnnen. Her-
gegen behaupte/ daß die vornemmere/ und dritte/ Urſach des Fluſſes ſeye die
Unebenheit der Erden/ von welcher/ als einer zu außſpendung des friſchen
Waſſers von Gott weißlichſt angeordneten Geſtaltſame gar ſchoͤn ſchreibet
Hr. Woovvard in ſeiner Hiſtory of Earth. pag 153. welches vortreffliche
Buch auß dem Engellaͤndiſchen ins Lateiniſche uͤberſetzet habe unter dem
Titel Geographiæ Phyſicæ, um daß es der gelehrten Welt deſto bekanter
wurde; und behaupte mit dem Verfaſſer diſes Buchs/ daß wann keine Hü-
gel/ Berge/ und Thaͤler/ weren/ wann nicht einiche Theile der im Suͤndfluß
eingefallenen Erden weren erhoben geblieben/ da andere geſunken/ wir auf
ganzer Erde gehabt hetten ſtillſtehende/ faule Waſſer/ und nirgends keinen
flieſſenden Strohm. Es truken die hinden nach kommenden Waſſer die
vorderen nicht allein wegen ihrer leichter Beweglichkeit/ ſondern vornem-
lich/ weilen jene ab hoͤheren Ohrten flieſſen in tieffere. Wer iſt/ dem nicht
bewußt ſeye die niderſte tieffe des Meers/ von deſſen Geſtad die Erde all-
gemach aufſteiget bis auf die hoͤchſten Alpgebirge? Der Augenſchein bringt
es mit/ die Vernunft faſſet/ und bejahet es/ und bekraͤftiget diſe Grundwahr-
heit genugſam die Erfahrung. ꝛc.
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