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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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uns genaue und sichere Nachricht geben von Erschaffung aller Dingen. Gen,
VII,
19. wird von dem Geheimschreiber Gottes Mose die angewachsene Höhe
der Sündfluthwasseren folgender massen anbeschrieben. Und das Was-
ser nam überhand/ und wuchs so sehr auf Erden/ das alle hohe
Berg under dem ganzen Himmel bedekt wurden. Fünfzehen
Ellen hoch nam das Wasser überhand über die Berg/ die be-
dekt wurden.
Darmit wil Moses anzeigen/ daß in der Sündfluth keine
Flucht/ auch auf die höchsten Bergspitzen etwas denen Menschen oder Thieren
genützet/ und misset die Höhe der Wasseren gleichsam ab an den Bergen/ wor-
auß nohtwendig zufolgen scheinet/ daß Berge vor der Sündfluht gewesen.
Psalm. XC. 2. wird die ewige Wesenheit Gottes also angepriesen/ in Ver-
gleichung mit denen erschaffenen Dingen. Ehe daß die Berge gema-
chet waren/ und du die Erden hattest gestaltet/ samt dem Um-
kreiß des Erdbodens. Ja von Ewigkeit zu Ewigkeit bist
du Gott;
und Psalm. CIV. 5-10. wird die Gründung der Erden auf die
Wasser/ als das dritte Werk des zweyten Tags/ also umschrieben: Er hat
die Erden auf ihren Boden gegründet/ daß sie ewiglich nim-
mermehr vereukt wird. Mit der Tieffe/ wie mit einem Kleid
hast du sie bedekt/ die Wasser erhebten sich üher die Berg: Aber
von deinem bescheiten flohen sie/ ab deinem Donnerklapf fielen
sie schnell ab. Dann richteten sich die Berg auf/ die Thäler lies-
sen sich herab an das Ohrt/ das du ihnen gegründet hartest.

Wolte man über diß zu Raht zeuhen die Naturweißheit/ so finden sich auch
Gründe/ welche beweisen/ daß Berge vor der Sündfluth gewesen. Wie wol-
ten über eine ebene/ obgleich nach Burnetij Einbildung eyförmige/ folglich ge-
gen der AEquinoctial-Lini abhaldige Fläche/ abgeflossen seyn die Flüsse? Wo
wolten gelebt haben die Flußmuschelen/ welche annoch under anderen Ueber-
bleibselen der Sündfluth gezeiget werden? Anderer Gründen zugeschweigen.
Vil zwahr von diser ersten Claß/ welche den ersten Ursprung der Bergen
von der Erschaffung herhollen/ gestehen auch/ daß in der Sündfluth/ und bey
anderen Anläsen/ durch Aufhauffung der Erden/ Sands/ Steinen/ seyen ei-
nige Berge entstanden; ob aber disen letsteren müssen unsere Helvetische Ge-
birge zugezellet werden/ hab ich bis dato keine Nachricht bey einigen
Scribenten gefunden. Wie aber auch bey der Erschaffung die Berge seyen
entstanden/ ist noch ungewiß; gleichwol denen Naturforschern erlaubt/ gleich
es auch practiciert wird bey dem ganzen Weltgebäu/ und besonderer Erden-
gestaltung/ einigen Weisen der Hervorbringung nachzudenken/ welche der
Beschaffenheit der Natur/ und denen von Gott in die Natur gesezten Be-
weg-Ordnungen gemäß/ und denen Vollkommenheiten Gottes nicht nach-

thei-

uns genaue und ſichere Nachricht geben von Erſchaffung aller Dingen. Gen,
VII,
19. wird von dem Geheimſchreiber Gottes Moſe die angewachſene Hoͤhe
der Suͤndfluthwaſſeren folgender maſſen anbeſchrieben. Und das Waſ-
ſer nam überhand/ und wuchs ſo ſehr auf Erden/ das alle hohe
Berg under dem ganzen Himmel bedekt wurden. Fünfzehen
Ellen hoch nam das Waſſer überhand uͤber die Berg/ die be-
dekt wurden.
Darmit wil Moſes anzeigen/ daß in der Sündfluth keine
Flucht/ auch auf die hoͤchſten Bergſpitzen etwas denen Menſchen oder Thieren
genuͤtzet/ und miſſet die Hoͤhe der Waſſeren gleichſam ab an den Bergen/ wor-
auß nohtwendig zufolgen ſcheinet/ daß Berge vor der Suͤndfluht geweſen.
Pſalm. XC. 2. wird die ewige Weſenheit Gottes alſo angeprieſen/ in Ver-
gleichung mit denen erſchaffenen Dingen. Ehe daß die Berge gema-
chet waren/ und du die Erden hatteſt geſtaltet/ ſamt dem Um-
kreiß des Erdbodens. Ja von Ewigkeit zu Ewigkeit biſt
du Gott;
und Pſalm. CIV. 5-10. wird die Gruͤndung der Erden auf die
Waſſer/ als das dritte Werk des zweyten Tags/ alſo umſchrieben: Er hat
die Erden auf ihren Boden gegruͤndet/ daß ſie ewiglich nim-
mermehr vereukt wird. Mit der Tieffe/ wie mit einem Kleid
haſt du ſie bedekt/ die Waſſer erhebten ſich üher die Berg: Aber
von deinem beſcheiten flohen ſie/ ab deinem Donnerklapf fielen
ſie ſchnell ab. Dann richteten ſich die Berg auf/ die Thaͤler lieſ-
ſen ſich herab an das Ohrt/ das du ihnen gegründet harteſt.

Wolte man uͤber diß zu Raht zeuhen die Naturweißheit/ ſo finden ſich auch
Gruͤnde/ welche beweiſen/ daß Berge vor der Suͤndfluth geweſen. Wie wol-
ten uͤber eine ebene/ obgleich nach Burnetij Einbildung eyfoͤrmige/ folglich ge-
gen der Æquinoctial-Lini abhaldige Flaͤche/ abgefloſſen ſeyn die Fluͤſſe? Wo
wolten gelebt haben die Flußmuſchelen/ welche annoch under anderen Ueber-
bleibſelen der Suͤndfluth gezeiget werden? Anderer Gruͤnden zugeſchweigen.
Vil zwahr von diſer erſten Claß/ welche den erſten Urſprung der Bergen
von der Erſchaffung herhollen/ geſtehen auch/ daß in der Sündfluth/ und bey
anderen Anlaͤſen/ durch Aufhauffung der Erden/ Sands/ Steinen/ ſeyen ei-
nige Berge entſtanden; ob aber diſen letſteren muͤſſen unſere Helvetiſche Ge-
birge zugezellet werden/ hab ich bis dato keine Nachricht bey einigen
Scribenten gefunden. Wie aber auch bey der Erſchaffung die Berge ſeyen
entſtanden/ iſt noch ungewiß; gleichwol denen Naturforſchern erlaubt/ gleich
es auch practiciert wird bey dem ganzen Weltgebaͤu/ und beſonderer Erden-
geſtaltung/ einigen Weiſen der Hervorbringung nachzudenken/ welche der
Beſchaffenheit der Natur/ und denen von Gott in die Natur geſezten Be-
weg-Ordnungen gemaͤß/ und denen Vollkommenheiten Gottes nicht nach-

thei-
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[183/0217] uns genaue und ſichere Nachricht geben von Erſchaffung aller Dingen. Gen, VII, 19. wird von dem Geheimſchreiber Gottes Moſe die angewachſene Hoͤhe der Suͤndfluthwaſſeren folgender maſſen anbeſchrieben. Und das Waſ- ſer nam überhand/ und wuchs ſo ſehr auf Erden/ das alle hohe Berg under dem ganzen Himmel bedekt wurden. Fünfzehen Ellen hoch nam das Waſſer überhand uͤber die Berg/ die be- dekt wurden. Darmit wil Moſes anzeigen/ daß in der Sündfluth keine Flucht/ auch auf die hoͤchſten Bergſpitzen etwas denen Menſchen oder Thieren genuͤtzet/ und miſſet die Hoͤhe der Waſſeren gleichſam ab an den Bergen/ wor- auß nohtwendig zufolgen ſcheinet/ daß Berge vor der Suͤndfluht geweſen. Pſalm. XC. 2. wird die ewige Weſenheit Gottes alſo angeprieſen/ in Ver- gleichung mit denen erſchaffenen Dingen. Ehe daß die Berge gema- chet waren/ und du die Erden hatteſt geſtaltet/ ſamt dem Um- kreiß des Erdbodens. Ja von Ewigkeit zu Ewigkeit biſt du Gott; und Pſalm. CIV. 5-10. wird die Gruͤndung der Erden auf die Waſſer/ als das dritte Werk des zweyten Tags/ alſo umſchrieben: Er hat die Erden auf ihren Boden gegruͤndet/ daß ſie ewiglich nim- mermehr vereukt wird. Mit der Tieffe/ wie mit einem Kleid haſt du ſie bedekt/ die Waſſer erhebten ſich üher die Berg: Aber von deinem beſcheiten flohen ſie/ ab deinem Donnerklapf fielen ſie ſchnell ab. Dann richteten ſich die Berg auf/ die Thaͤler lieſ- ſen ſich herab an das Ohrt/ das du ihnen gegründet harteſt. Wolte man uͤber diß zu Raht zeuhen die Naturweißheit/ ſo finden ſich auch Gruͤnde/ welche beweiſen/ daß Berge vor der Suͤndfluth geweſen. Wie wol- ten uͤber eine ebene/ obgleich nach Burnetij Einbildung eyfoͤrmige/ folglich ge- gen der Æquinoctial-Lini abhaldige Flaͤche/ abgefloſſen ſeyn die Fluͤſſe? Wo wolten gelebt haben die Flußmuſchelen/ welche annoch under anderen Ueber- bleibſelen der Suͤndfluth gezeiget werden? Anderer Gruͤnden zugeſchweigen. Vil zwahr von diſer erſten Claß/ welche den erſten Urſprung der Bergen von der Erſchaffung herhollen/ geſtehen auch/ daß in der Sündfluth/ und bey anderen Anlaͤſen/ durch Aufhauffung der Erden/ Sands/ Steinen/ ſeyen ei- nige Berge entſtanden; ob aber diſen letſteren muͤſſen unſere Helvetiſche Ge- birge zugezellet werden/ hab ich bis dato keine Nachricht bey einigen Scribenten gefunden. Wie aber auch bey der Erſchaffung die Berge ſeyen entſtanden/ iſt noch ungewiß; gleichwol denen Naturforſchern erlaubt/ gleich es auch practiciert wird bey dem ganzen Weltgebaͤu/ und beſonderer Erden- geſtaltung/ einigen Weiſen der Hervorbringung nachzudenken/ welche der Beſchaffenheit der Natur/ und denen von Gott in die Natur geſezten Be- weg-Ordnungen gemaͤß/ und denen Vollkommenheiten Gottes nicht nach- thei-

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/217>, abgerufen am 24.11.2024.