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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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in dieser Zurückführung des Complicirten auf Einfaches psc_068.002
besteht eben die Analyse, die Auflösung derselben in die einfachsten psc_068.003
Elemente; und wo irgend möglich muß sie Elemente psc_068.004
aufzeigen, bei denen eine unmittelbare Erfahrung, ein Nacherleben psc_068.005
möglich ist. Der dichterische Proceß muß also über== psc_068.006
haupt in solche Elemente aufgelöst werden, an welche das psc_068.007
Bewußtsein eines jeden von uns anknüpfen kann. Die psc_068.008
Quelle dichterischer Kraft können wir freilich nicht nachempfinden; psc_068.009
im höchsten Sinne kann Goethe nur von Goethe psc_068.010
verstanden werden. Aber auch die höchsten Hervorbringungen psc_068.011
haben gemeinverständliche Elemente; und zu diesen müssen psc_068.012
wir vordringen. So tritt dann also die unmittelbare Erfahrung psc_068.013
als erklärendes Moment ein.

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Für die Erkenntniß der Wirkung stehen Zeugnisse zu psc_068.015
Gebote, historische Erfahrungen, die um so wichtiger und psc_068.016
werthvoller sind, je länger sie dauern, je weiter sie historisch psc_068.017
zurückgehen. Diese Erfahrungen unterrichten uns über die psc_068.018
Dauerbarkeit gewisser Erscheinungen und die Vergänglichkeit psc_068.019
anderer, und wir können dann untersuchen, worauf es beruht, psc_068.020
wenn in einem bestimmten Kunstwerk, z. B. in den homerischen psc_068.021
Gedichten, die Macht läuternder Wirkung schlummert. psc_068.022
Hier ist dann wieder zu allgemeiner psychologischer Erfahrung psc_068.023
vorzudringen, die zum Theil unmittelbar nacherlebt werden kann.

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Jn dieser Analyse der Wirkung liegt, wie schon erwähnt, psc_068.025
ein Werthurtheil, so daß wir hier auf ähnliches kommen wie psc_068.026
die frühere Poetik es anstrebte, denn selbstverständlich wird psc_068.027
die läuternde Wirkung, die auf verschiedene Zeitalter gleichmäßig

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in dieser Zurückführung des Complicirten auf Einfaches psc_068.002
besteht eben die Analyse, die Auflösung derselben in die einfachsten psc_068.003
Elemente; und wo irgend möglich muß sie Elemente psc_068.004
aufzeigen, bei denen eine unmittelbare Erfahrung, ein Nacherleben psc_068.005
möglich ist. Der dichterische Proceß muß also über== psc_068.006
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Quelle dichterischer Kraft können wir freilich nicht nachempfinden; psc_068.009
im höchsten Sinne kann Goethe nur von Goethe psc_068.010
verstanden werden. Aber auch die höchsten Hervorbringungen psc_068.011
haben gemeinverständliche Elemente; und zu diesen müssen psc_068.012
wir vordringen. So tritt dann also die unmittelbare Erfahrung psc_068.013
als erklärendes Moment ein.

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  Für die Erkenntniß der Wirkung stehen Zeugnisse zu psc_068.015
Gebote, historische Erfahrungen, die um so wichtiger und psc_068.016
werthvoller sind, je länger sie dauern, je weiter sie historisch psc_068.017
zurückgehen. Diese Erfahrungen unterrichten uns über die psc_068.018
Dauerbarkeit gewisser Erscheinungen und die Vergänglichkeit psc_068.019
anderer, und wir können dann untersuchen, worauf es beruht, psc_068.020
wenn in einem bestimmten Kunstwerk, z. B. in den homerischen psc_068.021
Gedichten, die Macht läuternder Wirkung schlummert. psc_068.022
Hier ist dann wieder zu allgemeiner psychologischer Erfahrung psc_068.023
vorzudringen, die zum Theil unmittelbar nacherlebt werden kann.

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  Jn dieser Analyse der Wirkung liegt, wie schon erwähnt, psc_068.025
ein Werthurtheil, so daß wir hier auf ähnliches kommen wie psc_068.026
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[68/0084] psc_068.001 in dieser Zurückführung des Complicirten auf Einfaches psc_068.002 besteht eben die Analyse, die Auflösung derselben in die einfachsten psc_068.003 Elemente; und wo irgend möglich muß sie Elemente psc_068.004 aufzeigen, bei denen eine unmittelbare Erfahrung, ein Nacherleben psc_068.005 möglich ist. Der dichterische Proceß muß also über== psc_068.006 haupt in solche Elemente aufgelöst werden, an welche das psc_068.007 Bewußtsein eines jeden von uns anknüpfen kann. Die psc_068.008 Quelle dichterischer Kraft können wir freilich nicht nachempfinden; psc_068.009 im höchsten Sinne kann Goethe nur von Goethe psc_068.010 verstanden werden. Aber auch die höchsten Hervorbringungen psc_068.011 haben gemeinverständliche Elemente; und zu diesen müssen psc_068.012 wir vordringen. So tritt dann also die unmittelbare Erfahrung psc_068.013 als erklärendes Moment ein. psc_068.014   Für die Erkenntniß der Wirkung stehen Zeugnisse zu psc_068.015 Gebote, historische Erfahrungen, die um so wichtiger und psc_068.016 werthvoller sind, je länger sie dauern, je weiter sie historisch psc_068.017 zurückgehen. Diese Erfahrungen unterrichten uns über die psc_068.018 Dauerbarkeit gewisser Erscheinungen und die Vergänglichkeit psc_068.019 anderer, und wir können dann untersuchen, worauf es beruht, psc_068.020 wenn in einem bestimmten Kunstwerk, z. B. in den homerischen psc_068.021 Gedichten, die Macht läuternder Wirkung schlummert. psc_068.022 Hier ist dann wieder zu allgemeiner psychologischer Erfahrung psc_068.023 vorzudringen, die zum Theil unmittelbar nacherlebt werden kann. psc_068.024   Jn dieser Analyse der Wirkung liegt, wie schon erwähnt, psc_068.025 ein Werthurtheil, so daß wir hier auf ähnliches kommen wie psc_068.026 die frühere Poetik es anstrebte, denn selbstverständlich wird psc_068.027 die läuternde Wirkung, die auf verschiedene Zeitalter gleichmäßig

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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/84>, abgerufen am 25.11.2024.