Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_047.001 Aber er hatte schon gegen eine Richtung zu kämpfen, psc_047.005 Den Schülern des Apollodor standen die des (jüngern) psc_047.014 Die herrschende Richtung aber war die auf das Einfache, psc_047.021 psc_047.001 Aber er hatte schon gegen eine Richtung zu kämpfen, psc_047.005 Den Schülern des Apollodor standen die des (jüngern) psc_047.014 Die herrschende Richtung aber war die auf das Einfache, psc_047.021 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0063" n="47"/><lb n="psc_047.001"/> und unter des Rhodiers Molon Einfluß gewann <lb n="psc_047.002"/> Cicero neue Einsichten und den Standpunct, den er in <hi rendition="#aq">De <lb n="psc_047.003"/> oratore, Brutus, Orator</hi> einhielt.</p> <lb n="psc_047.004"/> <p> Aber er hatte schon gegen eine Richtung zu kämpfen, <lb n="psc_047.005"/> welche Brutus vertrat und die auch sonst in Rom um sich <lb n="psc_047.006"/> griff: eine strengere fast archaisirende Renaissance des Atticismus, <lb n="psc_047.007"/> die über Demosthenes und Jsokrates auf den schmucklosen <lb n="psc_047.008"/> Lysias zurückgehen wollte; gerade die höchste Einfachheit, <lb n="psc_047.009"/> die Abwesenheit aller rhetorischen Kunst war es, die an <lb n="psc_047.010"/> Lysias lockte. Angeregt scheint diese ganze Richtung durch <lb n="psc_047.011"/> Apollodorus von Pergamon, den Lehrer des Octavianus <lb n="psc_047.012"/> Augustus, vermuthlich noch im 2. Jahrhundert v. Chr. geboren.</p> <lb n="psc_047.013"/> <p> Den Schülern des Apollodor standen die des (jüngern) <lb n="psc_047.014"/> Theodorus von Gadara gegenüber, der sich lieber den Rhodier <lb n="psc_047.015"/> nennen ließ, des Lehrers des Tiberius, und ihre Anhänger <lb n="psc_047.016"/> befehdeten sich wie philosophische Secten. Es scheint, <lb n="psc_047.017"/> als wenn die sententiöse Richtung der asiatischen Beredsamkeit <lb n="psc_047.018"/> in Rhodus noch eine Zuflucht gehabt hätte, und vielleicht <lb n="psc_047.019"/> überhaupt ein stärkerer Aufwand an rhetorischen Künsten.</p> <lb n="psc_047.020"/> <p> Die herrschende Richtung aber war die auf das Einfache, <lb n="psc_047.021"/> ja auf das alterthümlich Strenge. Diese Richtung wird unter <lb n="psc_047.022"/> Augustus in sehr vorzüglicher Weise durch Dionysius von <lb n="psc_047.023"/> Halikarnaß vertreten, nur daß er ein arger Purist ist. Neben <lb n="psc_047.024"/> ihm wird Cäcilius genannt, aus dessen Schrift über das <lb n="psc_047.025"/> Erhabene uns einige wesentliche Gedanken gerettet sind <lb n="psc_047.026"/> durch den Pseudo-Longinus <foreign xml:lang="grc">περὶ ὕψους</foreign> (auch noch im <lb n="psc_047.027"/> 1. Jahrhundert n. Chr.), welcher gegen Cäcilius polemisirt. <lb n="psc_047.028"/> Cäcilius war, wenn wir den Nachrichten des Suidas trauen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [47/0063]
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und unter des Rhodiers Molon Einfluß gewann psc_047.002
Cicero neue Einsichten und den Standpunct, den er in De psc_047.003
oratore, Brutus, Orator einhielt.
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Aber er hatte schon gegen eine Richtung zu kämpfen, psc_047.005
welche Brutus vertrat und die auch sonst in Rom um sich psc_047.006
griff: eine strengere fast archaisirende Renaissance des Atticismus, psc_047.007
die über Demosthenes und Jsokrates auf den schmucklosen psc_047.008
Lysias zurückgehen wollte; gerade die höchste Einfachheit, psc_047.009
die Abwesenheit aller rhetorischen Kunst war es, die an psc_047.010
Lysias lockte. Angeregt scheint diese ganze Richtung durch psc_047.011
Apollodorus von Pergamon, den Lehrer des Octavianus psc_047.012
Augustus, vermuthlich noch im 2. Jahrhundert v. Chr. geboren.
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Den Schülern des Apollodor standen die des (jüngern) psc_047.014
Theodorus von Gadara gegenüber, der sich lieber den Rhodier psc_047.015
nennen ließ, des Lehrers des Tiberius, und ihre Anhänger psc_047.016
befehdeten sich wie philosophische Secten. Es scheint, psc_047.017
als wenn die sententiöse Richtung der asiatischen Beredsamkeit psc_047.018
in Rhodus noch eine Zuflucht gehabt hätte, und vielleicht psc_047.019
überhaupt ein stärkerer Aufwand an rhetorischen Künsten.
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Die herrschende Richtung aber war die auf das Einfache, psc_047.021
ja auf das alterthümlich Strenge. Diese Richtung wird unter psc_047.022
Augustus in sehr vorzüglicher Weise durch Dionysius von psc_047.023
Halikarnaß vertreten, nur daß er ein arger Purist ist. Neben psc_047.024
ihm wird Cäcilius genannt, aus dessen Schrift über das psc_047.025
Erhabene uns einige wesentliche Gedanken gerettet sind psc_047.026
durch den Pseudo-Longinus περὶ ὕψους (auch noch im psc_047.027
1. Jahrhundert n. Chr.), welcher gegen Cäcilius polemisirt. psc_047.028
Cäcilius war, wenn wir den Nachrichten des Suidas trauen
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