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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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psc_272.001

An die natürlichen Zeichen schließt sich, ähnlich wie psc_272.002
die Betonung, die Wiederholung eines Worts mit der Absicht psc_272.003
der Hervorhebung an. Sofortige Wiederholung oder Wiederaufnahme, psc_272.004
sei es im Anfang des Satzes, in der Mitte oder psc_272.005
am Ende: Anaphora, Epanalepsis, Epiphora.

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Jst das am Anfang des Satzes Wiederholte aber z. B. psc_272.007
ein Pronomen, wodurch nur etwa das Subject wieder aufgenommen psc_272.008
wird, so macht das für ein unbefangenes Gefühl psc_272.009
gar nicht den Eindruck besonderer Accentuation, sondern es psc_272.010
erscheint nur als ein bequemes Festhalten des Subjectes, psc_272.011
welches Gedankensubject ist, auch als Satzsubject.

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Ebenso kommt es vor, daß Sätze analog gebaut sind psc_272.013
und zum Theil gleiche Worte haben, wobei der Accent nicht psc_272.014
auf dem Gleichen, sondern auf dem Abweichenden ruht, so psc_272.015
daß dieses dadurch ins Licht gesetzt wird.

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Auch für die Sprache gilt das Princip der Abwechselung.

psc_272.017

Schon in der Wortwahl. Landläufige Regel ist psc_272.018
es, daß man nicht zu oft dasselbe Wort gebrauchen soll. psc_272.019
Zu den ersten Requisiten einer gewandten Herrschaft über psc_272.020
die Sprache gehört, daß man die sämmtlichen Synonyma psc_272.021
kenne und dieselbe mit einander wechseln lasse. Wären es psc_272.022
auch nur zwei, die in regelmäßigem Wechsel aufeinander psc_272.023
folgen, so ist das angenehmer, als wenn immer dasselbe wiederkehrt. psc_272.024
Es giebt aber Fälle, wo die Wiederholung nicht zu psc_272.025
vermeiden ist: wo es kein genaues Synonym giebt, oder wo psc_272.026
die Schärfe des Gedankens leiden würde. Diese geht immer psc_272.027
vor. Dann empfiehlt es sich, das wiederholte Wort an dieselbe

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  An die natürlichen Zeichen schließt sich, ähnlich wie psc_272.002
die Betonung, die Wiederholung eines Worts mit der Absicht psc_272.003
der Hervorhebung an. Sofortige Wiederholung oder Wiederaufnahme, psc_272.004
sei es im Anfang des Satzes, in der Mitte oder psc_272.005
am Ende: Anaphora, Epanalepsis, Epiphora.

psc_272.006

  Jst das am Anfang des Satzes Wiederholte aber z. B. psc_272.007
ein Pronomen, wodurch nur etwa das Subject wieder aufgenommen psc_272.008
wird, so macht das für ein unbefangenes Gefühl psc_272.009
gar nicht den Eindruck besonderer Accentuation, sondern es psc_272.010
erscheint nur als ein bequemes Festhalten des Subjectes, psc_272.011
welches Gedankensubject ist, auch als Satzsubject.

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  Ebenso kommt es vor, daß Sätze analog gebaut sind psc_272.013
und zum Theil gleiche Worte haben, wobei der Accent nicht psc_272.014
auf dem Gleichen, sondern auf dem Abweichenden ruht, so psc_272.015
daß dieses dadurch ins Licht gesetzt wird.

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  Auch für die Sprache gilt das Princip der Abwechselung.

psc_272.017

  Schon in der Wortwahl. Landläufige Regel ist psc_272.018
es, daß man nicht zu oft dasselbe Wort gebrauchen soll. psc_272.019
Zu den ersten Requisiten einer gewandten Herrschaft über psc_272.020
die Sprache gehört, daß man die sämmtlichen Synonyma psc_272.021
kenne und dieselbe mit einander wechseln lasse. Wären es psc_272.022
auch nur zwei, die in regelmäßigem Wechsel aufeinander psc_272.023
folgen, so ist das angenehmer, als wenn immer dasselbe wiederkehrt. psc_272.024
Es giebt aber Fälle, wo die Wiederholung nicht zu psc_272.025
vermeiden ist: wo es kein genaues Synonym giebt, oder wo psc_272.026
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[272/0288] psc_272.001   An die natürlichen Zeichen schließt sich, ähnlich wie psc_272.002 die Betonung, die Wiederholung eines Worts mit der Absicht psc_272.003 der Hervorhebung an. Sofortige Wiederholung oder Wiederaufnahme, psc_272.004 sei es im Anfang des Satzes, in der Mitte oder psc_272.005 am Ende: Anaphora, Epanalepsis, Epiphora. psc_272.006   Jst das am Anfang des Satzes Wiederholte aber z. B. psc_272.007 ein Pronomen, wodurch nur etwa das Subject wieder aufgenommen psc_272.008 wird, so macht das für ein unbefangenes Gefühl psc_272.009 gar nicht den Eindruck besonderer Accentuation, sondern es psc_272.010 erscheint nur als ein bequemes Festhalten des Subjectes, psc_272.011 welches Gedankensubject ist, auch als Satzsubject. psc_272.012   Ebenso kommt es vor, daß Sätze analog gebaut sind psc_272.013 und zum Theil gleiche Worte haben, wobei der Accent nicht psc_272.014 auf dem Gleichen, sondern auf dem Abweichenden ruht, so psc_272.015 daß dieses dadurch ins Licht gesetzt wird. psc_272.016   Auch für die Sprache gilt das Princip der Abwechselung. psc_272.017   Schon in der Wortwahl. Landläufige Regel ist psc_272.018 es, daß man nicht zu oft dasselbe Wort gebrauchen soll. psc_272.019 Zu den ersten Requisiten einer gewandten Herrschaft über psc_272.020 die Sprache gehört, daß man die sämmtlichen Synonyma psc_272.021 kenne und dieselbe mit einander wechseln lasse. Wären es psc_272.022 auch nur zwei, die in regelmäßigem Wechsel aufeinander psc_272.023 folgen, so ist das angenehmer, als wenn immer dasselbe wiederkehrt. psc_272.024 Es giebt aber Fälle, wo die Wiederholung nicht zu psc_272.025 vermeiden ist: wo es kein genaues Synonym giebt, oder wo psc_272.026 die Schärfe des Gedankens leiden würde. Diese geht immer psc_272.027 vor. Dann empfiehlt es sich, das wiederholte Wort an dieselbe

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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/288>, abgerufen am 12.05.2024.