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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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Belege dafür angiebt; und das directe Aufzählen braucht nicht psc_237.002
durch den Autor zu geschehen: der dargestellte Charakter kann psc_237.003
über sich selbst Auskunft geben, oder andere Personen, die neben psc_237.004
ihm auftreten, können diese Auskunft geben. Es wird etwa einem psc_237.005
König ein Brief vorgelesen, in welchem seine Gesandten ein psc_237.006
Bild entwerfen, während seine Botschaft andeutet, was für psc_237.007
Thaten er erwarten läßt; in der Berathung lassen sich entgegengesetzte psc_237.008
Meinungen vernehmen, bei denen ein Jeder psc_237.009
offenbart, was er im Auge hat -- durch That oder Wort. psc_237.010
Diese Darstellung durch rein epische Mittel wird oft nur psc_237.011
fragmentarisch gegeben, aber bei geschicktem Verfahren wird psc_237.012
kein wesentlicher Zug fehlen.

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2) Gefühle werden ebenfalls entweder direct ausgesprochen, psc_237.014
oder man läßt sie errathen, z. B. aus Gebärden, psc_237.015
aus Worten, welche nicht direct sagen, was das Jnnere psc_237.016
birgt. Selbst ein Dichter, der von sich selbst spricht, kann psc_237.017
in Form, Ton u. s. w. so andeuten, daß er nicht direct sein psc_237.018
Jnneres enthüllt; er kann sich durch seine Thätigkeit charakterisiren, psc_237.019
wo er handelnd auftritt.

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3) Auch Handlungen können direct oder indirect dargestellt psc_237.021
werden. Man kann sie vielfach errathen lassen psc_237.022
durch Beziehung auf verschwiegene Dinge, z. B. was im psc_237.023
Drama als hinter der Scene geschehend gedacht ist, wovon psc_237.024
bloß gesprochen wird. Meisterhaft verstehen es die Volkslieder, psc_237.025
aus Reden Ereignisse errathen zu lassen. Ganze Menschenschicksale psc_237.026
enthüllen sich aus dem Dialog. Die erste Strophe psc_237.027
bringt ein Wort des Liebesgesanges, die zweite deutet den Abschied psc_237.028
an, und in der dritten findet sich ein Wort, aus dem

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Belege dafür angiebt; und das directe Aufzählen braucht nicht psc_237.002
durch den Autor zu geschehen: der dargestellte Charakter kann psc_237.003
über sich selbst Auskunft geben, oder andere Personen, die neben psc_237.004
ihm auftreten, können diese Auskunft geben. Es wird etwa einem psc_237.005
König ein Brief vorgelesen, in welchem seine Gesandten ein psc_237.006
Bild entwerfen, während seine Botschaft andeutet, was für psc_237.007
Thaten er erwarten läßt; in der Berathung lassen sich entgegengesetzte psc_237.008
Meinungen vernehmen, bei denen ein Jeder psc_237.009
offenbart, was er im Auge hat — durch That oder Wort. psc_237.010
Diese Darstellung durch rein epische Mittel wird oft nur psc_237.011
fragmentarisch gegeben, aber bei geschicktem Verfahren wird psc_237.012
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  2) Gefühle werden ebenfalls entweder direct ausgesprochen, psc_237.014
oder man läßt sie errathen, z. B. aus Gebärden, psc_237.015
aus Worten, welche nicht direct sagen, was das Jnnere psc_237.016
birgt. Selbst ein Dichter, der von sich selbst spricht, kann psc_237.017
in Form, Ton u. s. w. so andeuten, daß er nicht direct sein psc_237.018
Jnneres enthüllt; er kann sich durch seine Thätigkeit charakterisiren, psc_237.019
wo er handelnd auftritt.

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  3) Auch Handlungen können direct oder indirect dargestellt psc_237.021
werden. Man kann sie vielfach errathen lassen psc_237.022
durch Beziehung auf verschwiegene Dinge, z. B. was im psc_237.023
Drama als hinter der Scene geschehend gedacht ist, wovon psc_237.024
bloß gesprochen wird. Meisterhaft verstehen es die Volkslieder, psc_237.025
aus Reden Ereignisse errathen zu lassen. Ganze Menschenschicksale psc_237.026
enthüllen sich aus dem Dialog. Die erste Strophe psc_237.027
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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/253>, abgerufen am 22.11.2024.