Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_177.001 Von blind Gebornen kann natürlich nicht die Rede sein. psc_177.004 psc_177.015 7. Verschiedenheiten der Dichter. psc_177.016 Wenn wir zunächst in das allgemeine Wesen der Dichter psc_177.017 Einige sind schon von selbst im Vorigen gegeben, z. B. psc_177.021 psc_177.001 Von blind Gebornen kann natürlich nicht die Rede sein. psc_177.004 psc_177.015 7. Verschiedenheiten der Dichter. psc_177.016 Wenn wir zunächst in das allgemeine Wesen der Dichter psc_177.017 Einige sind schon von selbst im Vorigen gegeben, z. B. psc_177.021 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0193" n="177"/><lb n="psc_177.001"/> Jmprovisation, wo das Gedächtniß im Stich läßt, sehr <lb n="psc_177.002"/> erleichtert ist.</p> <lb n="psc_177.003"/> <p> Von blind Gebornen kann natürlich nicht die Rede sein. <lb n="psc_177.004"/> Es handelt sich also um solche, welche die schöne Welt gesehen <lb n="psc_177.005"/> haben. Nun sehen sie sie nicht mehr, und das muß die <lb n="psc_177.006"/> Eindrücke, die sie einmal haben, immer mehr verstärken. Die <lb n="psc_177.007"/> Arbeit muß eine höchst interessante sein. Der Stoff wird <lb n="psc_177.008"/> immer wieder von neuem von allen Seiten betrachtet. Das <lb n="psc_177.009"/> wird mitwirken, die poetische Fähigkeit zu erhöhen. Die <lb n="psc_177.010"/> Reproduction aus der Erinnerung wirkt steigernd. Die <lb n="psc_177.011"/> blinden serbischen Dichter variiren auf diese Weise im Einzelnen <lb n="psc_177.012"/> bei fester Bewahrung des Ganzen. Der Sänger trägt <lb n="psc_177.013"/> vor, indem er gleichsam den Stoff noch einmal selbst producirt.</p> <lb n="psc_177.014"/> </div> <div n="3"> <lb n="psc_177.015"/> <head> <hi rendition="#c">7. <hi rendition="#g">Verschiedenheiten der Dichter.</hi></hi> </head> <lb n="psc_177.016"/> <p> Wenn wir zunächst in das allgemeine Wesen der Dichter <lb n="psc_177.017"/> einzudringen suchten, so müssen wir jetzt die <hi rendition="#aq">principia individuationis</hi> <lb n="psc_177.018"/> zu ermitteln suchen. Doch ist das eine Erörterung, <lb n="psc_177.019"/> die nicht zu Ende zu bringen ist.</p> <lb n="psc_177.020"/> <p> Einige sind schon von selbst im Vorigen gegeben, z. B. <lb n="psc_177.021"/> ob Dichter von starker Originalität aus sich oder aus der <lb n="psc_177.022"/> Natur, oder aber in minderer Originalität fast nur aus der <lb n="psc_177.023"/> Tradition schöpfen; ob Dichter mehr mit Phantasie oder mehr <lb n="psc_177.024"/> mit Urtheil und Geschmack oder mit starker Betheiligung beider <lb n="psc_177.025"/> Kräfte schaffen; ob sie ihr Werk fürs Gedächtniß oder auf <lb n="psc_177.026"/> Schrift einrichten. Jm letzteren Fall kommt es darauf an, ob der <lb n="psc_177.027"/> Dichter dictirt oder nicht, und wieder ob er das thut, weil </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [177/0193]
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Jmprovisation, wo das Gedächtniß im Stich läßt, sehr psc_177.002
erleichtert ist.
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Von blind Gebornen kann natürlich nicht die Rede sein. psc_177.004
Es handelt sich also um solche, welche die schöne Welt gesehen psc_177.005
haben. Nun sehen sie sie nicht mehr, und das muß die psc_177.006
Eindrücke, die sie einmal haben, immer mehr verstärken. Die psc_177.007
Arbeit muß eine höchst interessante sein. Der Stoff wird psc_177.008
immer wieder von neuem von allen Seiten betrachtet. Das psc_177.009
wird mitwirken, die poetische Fähigkeit zu erhöhen. Die psc_177.010
Reproduction aus der Erinnerung wirkt steigernd. Die psc_177.011
blinden serbischen Dichter variiren auf diese Weise im Einzelnen psc_177.012
bei fester Bewahrung des Ganzen. Der Sänger trägt psc_177.013
vor, indem er gleichsam den Stoff noch einmal selbst producirt.
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7. Verschiedenheiten der Dichter. psc_177.016
Wenn wir zunächst in das allgemeine Wesen der Dichter psc_177.017
einzudringen suchten, so müssen wir jetzt die principia individuationis psc_177.018
zu ermitteln suchen. Doch ist das eine Erörterung, psc_177.019
die nicht zu Ende zu bringen ist.
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Einige sind schon von selbst im Vorigen gegeben, z. B. psc_177.021
ob Dichter von starker Originalität aus sich oder aus der psc_177.022
Natur, oder aber in minderer Originalität fast nur aus der psc_177.023
Tradition schöpfen; ob Dichter mehr mit Phantasie oder mehr psc_177.024
mit Urtheil und Geschmack oder mit starker Betheiligung beider psc_177.025
Kräfte schaffen; ob sie ihr Werk fürs Gedächtniß oder auf psc_177.026
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Dichter dictirt oder nicht, und wieder ob er das thut, weil
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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