Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_003.001 Wenn aber hier die Sprache bei dem künstlerischen Act psc_003.009 Denken wir dann vollends an die Oper, so tritt zur psc_003.021 Und Musik und Poesie stehen nun weiter in altem psc_003.024 psc_003.001 Wenn aber hier die Sprache bei dem künstlerischen Act psc_003.009 Denken wir dann vollends an die Oper, so tritt zur psc_003.021 Und Musik und Poesie stehen nun weiter in altem psc_003.024 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0019" n="3"/><lb n="psc_003.001"/> wenn agirt wird, und das geschieht ohne Sprache. Wenn <lb n="psc_003.002"/> vollends einer eine selbsterfundene Pantomime aufführt, nach <lb n="psc_003.003"/> seinen eigenen Gedanken, nach seiner eigenen Erfindung, — <lb n="psc_003.004"/> so braucht er die Sprache überhaupt nicht; und dennoch <lb n="psc_003.005"/> kann dies ein dichterisches Kunstwerk sein. Es giebt also <lb n="psc_003.006"/> Action, Tanz, Gebärdenspiel ohne Sprache, wobei gleichwohl <lb n="psc_003.007"/> ein poetisches Kunstwerk entsteht.</p> <lb n="psc_003.008"/> <p> Wenn aber hier die Sprache bei dem künstlerischen Act <lb n="psc_003.009"/> entbehrt und ein geistiger Jnhalt ohne Rede dargestellt wird, <lb n="psc_003.010"/> so hat das gesprochene Drama zwar zu sprechen, aber es <lb n="psc_003.011"/> hat nicht Sprache allein. Das Drama ist seiner ursprünglichen <lb n="psc_003.012"/> Bestimmung nach immer ein aufgeführtes Drama, <lb n="psc_003.013"/> und erst in der Aufführung ist es vollständig — ohne die <lb n="psc_003.014"/> Aufführung ist es nur ein Fragment eines Kunstwerkes. <lb n="psc_003.015"/> Das Stehen, Gehen, die ganze Action des Schauspielers <lb n="psc_003.016"/> gehört mit dazu, also etwas, was über eine kunstmäßige <lb n="psc_003.017"/> Anwendung der Sprache herausgeht; und all dies, was im <lb n="psc_003.018"/> Drama nicht Sprache ist, zur Sprache hinzukommt, ist <lb n="psc_003.019"/> Poesie und macht das poetische Kunstwerk erst vollständig.</p> <lb n="psc_003.020"/> <p> Denken wir dann vollends an die Oper, so tritt zur <lb n="psc_003.021"/> Anwendung der Sprache nicht bloß die Action, sondern <lb n="psc_003.022"/> auch die Musik hinzu.</p> <lb n="psc_003.023"/> <p> Und Musik und Poesie stehen nun weiter in altem <lb n="psc_003.024"/> Bunde, wie wir gleich näher sehen werden. Noch die deutsche <lb n="psc_003.025"/> Lyrik des 12. und 13. Jahrhunderts ist immer gesungene <lb n="psc_003.026"/> Poesie, und zu dieser Lyrik muß auch eine strophische <lb n="psc_003.027"/> Didaktik gezählt werden. Da ist also, wo das Kunstwerk </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0019]
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wenn agirt wird, und das geschieht ohne Sprache. Wenn psc_003.002
vollends einer eine selbsterfundene Pantomime aufführt, nach psc_003.003
seinen eigenen Gedanken, nach seiner eigenen Erfindung, — psc_003.004
so braucht er die Sprache überhaupt nicht; und dennoch psc_003.005
kann dies ein dichterisches Kunstwerk sein. Es giebt also psc_003.006
Action, Tanz, Gebärdenspiel ohne Sprache, wobei gleichwohl psc_003.007
ein poetisches Kunstwerk entsteht.
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Wenn aber hier die Sprache bei dem künstlerischen Act psc_003.009
entbehrt und ein geistiger Jnhalt ohne Rede dargestellt wird, psc_003.010
so hat das gesprochene Drama zwar zu sprechen, aber es psc_003.011
hat nicht Sprache allein. Das Drama ist seiner ursprünglichen psc_003.012
Bestimmung nach immer ein aufgeführtes Drama, psc_003.013
und erst in der Aufführung ist es vollständig — ohne die psc_003.014
Aufführung ist es nur ein Fragment eines Kunstwerkes. psc_003.015
Das Stehen, Gehen, die ganze Action des Schauspielers psc_003.016
gehört mit dazu, also etwas, was über eine kunstmäßige psc_003.017
Anwendung der Sprache herausgeht; und all dies, was im psc_003.018
Drama nicht Sprache ist, zur Sprache hinzukommt, ist psc_003.019
Poesie und macht das poetische Kunstwerk erst vollständig.
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Denken wir dann vollends an die Oper, so tritt zur psc_003.021
Anwendung der Sprache nicht bloß die Action, sondern psc_003.022
auch die Musik hinzu.
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Und Musik und Poesie stehen nun weiter in altem psc_003.024
Bunde, wie wir gleich näher sehen werden. Noch die deutsche psc_003.025
Lyrik des 12. und 13. Jahrhunderts ist immer gesungene psc_003.026
Poesie, und zu dieser Lyrik muß auch eine strophische psc_003.027
Didaktik gezählt werden. Da ist also, wo das Kunstwerk
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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