Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_116.001 Der Ursprung des Mythus, wenigstens soweit er psc_116.006 Weiter ist ein bekanntes poetisches Mittel die Personification, psc_116.025 psc_116.001 Der Ursprung des Mythus, wenigstens soweit er psc_116.006 Weiter ist ein bekanntes poetisches Mittel die Personification, psc_116.025 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0132" n="116"/><lb n="psc_116.001"/> Das Causalitätsbedürfniß des Menschen wird leicht durch <lb n="psc_116.002"/> die Voraussetzung eines bekannten epischen Zusammenhangs <lb n="psc_116.003"/> befriedigt; dies ist der Ursprung des Mythus (vgl. Vignoli, <lb n="psc_116.004"/> Mythus und Wissenschaft. Jnternationale Bibliothek Bd. 38).</p> <lb n="psc_116.005"/> <p> Der Ursprung des Mythus, wenigstens soweit er <lb n="psc_116.006"/> Naturmythus ist. Also z. B. in den poetischen Darstellungen <lb n="psc_116.007"/> der Menschen sind schon gewisse Anschauungen des Lärmens <lb n="psc_116.008"/> und des Kämpfens associirt. Nehmen wir etwa an, daß <lb n="psc_116.009"/> die Poesie der Urvölker schon geübt ist, den Kampf zu <lb n="psc_116.010"/> schildern: Triumphgeschrei der Sieger u. s. w. Nun wirft <lb n="psc_116.011"/> das Causalitätsbedürfniß der Menschen die Frage auf, wenn <lb n="psc_116.012"/> ein Donner ertönt: was ist das für ein Lärm dort oben? <lb n="psc_116.013"/> Die bekannte Verbindung von Lärm und Kampf wird benutzt, <lb n="psc_116.014"/> um diesen Lärm zu erklären; man schließt also: der <lb n="psc_116.015"/> Donner ist der Lärm eines Kampfes, unsichtbare Geister <lb n="psc_116.016"/> kämpfen, schlagen auf einander los, schreien Triumph u. s. w. <lb n="psc_116.017"/> So wird das Gewitter mythisch erklärt, durch eine äußerst <lb n="psc_116.018"/> vorschnelle Hypothese, aber man fühlt sich beruhigt. Da <lb n="psc_116.019"/> man nun das Bedürfniß hatte, diesen Kampf weiter zu <lb n="psc_116.020"/> dichten, so wird dies wieder geschehen nach Analogie der <lb n="psc_116.021"/> bekannten wirklichen Vorgänge: der Kampf wird ausgedeutet <lb n="psc_116.022"/> als Streit um geraubte Rinderheerden, um geraubte <lb n="psc_116.023"/> Frauen u. s. w.</p> <lb n="psc_116.024"/> <p> Weiter ist ein bekanntes poetisches Mittel die Personification, <lb n="psc_116.025"/> schon in der Sprache mitspielend, wenn leblosen <lb n="psc_116.026"/> Gegenständen ein Geschlecht zuerkannt wird. Sie wird auf <lb n="psc_116.027"/> Naturkräfte und Naturgegenstände ausgedehnt, und so tritt </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0132]
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Das Causalitätsbedürfniß des Menschen wird leicht durch psc_116.002
die Voraussetzung eines bekannten epischen Zusammenhangs psc_116.003
befriedigt; dies ist der Ursprung des Mythus (vgl. Vignoli, psc_116.004
Mythus und Wissenschaft. Jnternationale Bibliothek Bd. 38).
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Der Ursprung des Mythus, wenigstens soweit er psc_116.006
Naturmythus ist. Also z. B. in den poetischen Darstellungen psc_116.007
der Menschen sind schon gewisse Anschauungen des Lärmens psc_116.008
und des Kämpfens associirt. Nehmen wir etwa an, daß psc_116.009
die Poesie der Urvölker schon geübt ist, den Kampf zu psc_116.010
schildern: Triumphgeschrei der Sieger u. s. w. Nun wirft psc_116.011
das Causalitätsbedürfniß der Menschen die Frage auf, wenn psc_116.012
ein Donner ertönt: was ist das für ein Lärm dort oben? psc_116.013
Die bekannte Verbindung von Lärm und Kampf wird benutzt, psc_116.014
um diesen Lärm zu erklären; man schließt also: der psc_116.015
Donner ist der Lärm eines Kampfes, unsichtbare Geister psc_116.016
kämpfen, schlagen auf einander los, schreien Triumph u. s. w. psc_116.017
So wird das Gewitter mythisch erklärt, durch eine äußerst psc_116.018
vorschnelle Hypothese, aber man fühlt sich beruhigt. Da psc_116.019
man nun das Bedürfniß hatte, diesen Kampf weiter zu psc_116.020
dichten, so wird dies wieder geschehen nach Analogie der psc_116.021
bekannten wirklichen Vorgänge: der Kampf wird ausgedeutet psc_116.022
als Streit um geraubte Rinderheerden, um geraubte psc_116.023
Frauen u. s. w.
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Weiter ist ein bekanntes poetisches Mittel die Personification, psc_116.025
schon in der Sprache mitspielend, wenn leblosen psc_116.026
Gegenständen ein Geschlecht zuerkannt wird. Sie wird auf psc_116.027
Naturkräfte und Naturgegenstände ausgedehnt, und so tritt
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