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Schenk, Gottfried Anton: Geschicht–Beschreibung der Stadt Wißbaden. Frankfurt (Main), 1758.

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Es sind zwar einige, wie aus Hellmunds Thermogr. p. 111 zu ersehen, welche meynen, die auf diesem Stein befindliche Jahr-Zahl heisse nicht 1488, sondern 1088, und halten also die zweyte Zahl vor kein 4, sondern vor ein 0. Es ist aber solches Vorgeben ohne Grund. Denn es ist diese gedachte zweyte Zahl kein blosses 0, sondern ein o unten mit zwey Zacken, oder, deutlicher zu reden, einen getheiltes 8, welches vormals, sonderlich in den Stein- und Holtz-Schriften der Bau-Arbeiter, wie an vielen alten Gebäuden gar deutlich zu ersehen, ein 4 gewesen ist. Wie denn auch ohnehin, und überhaupt davon zu urtheilen, diese Zahl um deßwillen nicht 1088 heissen kan, weil die dabey gebrauchte Zahl-Figuren (welche die Araber, bekanntlich, zuerst erfunden) um das Jahr 1088 noch nicht in Teutschland gewöhnlich gewesen, sondern erst nachher, als die Gelehrsamkeit, und mit derselben auch die förmliche Rechen-Kunst besser in Uebung gekommen, eingeführet worden sind. In dem eilften Jahrhundert hat man nur noch (aus Nachahmung der Römer) der Lateinischen Zahl-Buchstaben, wie aus den Schriften derselben Zeit erhellet, sich bedienet. Zwar scheinen die Worte selbst, welche auf diesem Steine stehen, der Schreib-Art nach, etwas rauher und alt- Teutscher zu seyn, als sie fast um das Jahr 1488 gewöhnlich gewesen sind. Allein, wenn man

Es sind zwar einige, wie aus Hellmunds Thermogr. p. 111 zu ersehen, welche meynen, die auf diesem Stein befindliche Jahr-Zahl heisse nicht 1488, sondern 1088, und halten also die zweyte Zahl vor kein 4, sondern vor ein 0. Es ist aber solches Vorgeben ohne Grund. Denn es ist diese gedachte zweyte Zahl kein blosses 0, sondern ein o unten mit zwey Zacken, oder, deutlicher zu reden, einen getheiltes 8, welches vormals, sonderlich in den Stein- und Holtz-Schriften der Bau-Arbeiter, wie an vielen alten Gebäuden gar deutlich zu ersehen, ein 4 gewesen ist. Wie denn auch ohnehin, und überhaupt davon zu urtheilen, diese Zahl um deßwillen nicht 1088 heissen kan, weil die dabey gebrauchte Zahl-Figuren (welche die Araber, bekanntlich, zuerst erfunden) um das Jahr 1088 noch nicht in Teutschland gewöhnlich gewesen, sondern erst nachher, als die Gelehrsamkeit, und mit derselben auch die förmliche Rechen-Kunst besser in Uebung gekommen, eingeführet worden sind. In dem eilften Jahrhundert hat man nur noch (aus Nachahmung der Römer) der Lateinischen Zahl-Buchstaben, wie aus den Schriften derselben Zeit erhellet, sich bedienet. Zwar scheinen die Worte selbst, welche auf diesem Steine stehen, der Schreib-Art nach, etwas rauher und alt- Teutscher zu seyn, als sie fast um das Jahr 1488 gewöhnlich gewesen sind. Allein, wenn man

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[315/0351] Es sind zwar einige, wie aus Hellmunds Thermogr. p. 111 zu ersehen, welche meynen, die auf diesem Stein befindliche Jahr-Zahl heisse nicht 1488, sondern 1088, und halten also die zweyte Zahl vor kein 4, sondern vor ein 0. Es ist aber solches Vorgeben ohne Grund. Denn es ist diese gedachte zweyte Zahl kein blosses 0, sondern ein o unten mit zwey Zacken, oder, deutlicher zu reden, einen getheiltes 8, welches vormals, sonderlich in den Stein- und Holtz-Schriften der Bau-Arbeiter, wie an vielen alten Gebäuden gar deutlich zu ersehen, ein 4 gewesen ist. Wie denn auch ohnehin, und überhaupt davon zu urtheilen, diese Zahl um deßwillen nicht 1088 heissen kan, weil die dabey gebrauchte Zahl-Figuren (welche die Araber, bekanntlich, zuerst erfunden) um das Jahr 1088 noch nicht in Teutschland gewöhnlich gewesen, sondern erst nachher, als die Gelehrsamkeit, und mit derselben auch die förmliche Rechen-Kunst besser in Uebung gekommen, eingeführet worden sind. In dem eilften Jahrhundert hat man nur noch (aus Nachahmung der Römer) der Lateinischen Zahl-Buchstaben, wie aus den Schriften derselben Zeit erhellet, sich bedienet. Zwar scheinen die Worte selbst, welche auf diesem Steine stehen, der Schreib-Art nach, etwas rauher und alt- Teutscher zu seyn, als sie fast um das Jahr 1488 gewöhnlich gewesen sind. Allein, wenn man

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Zitationshilfe: Schenk, Gottfried Anton: Geschicht–Beschreibung der Stadt Wißbaden. Frankfurt (Main), 1758, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schenck_wissbaden_1758/351>, abgerufen am 27.04.2024.