Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

keinen. -- Der Staat hat zur Erreichung seiner
Absichten Trennungen nöthig, nicht die in der Un¬
gleichheit der Stände bestehende, sondern die weit
mehr innerliche, durch das Isoliren und Entge¬
gensetzen des einzelnen Talents, die Unterdrü¬
ckung so vieler Individualitäten, die Richtung
der Kräfte nach so ganz verschiedenen Seiten,
um sie zu desto tauglicheren Instrumenten für
ihn selbst zu machen. In einem wissenschaftli¬
chen Verein haben alle Mitglieder der Natur
der Sache nach Einen Zweck: es soll auf
Academieen nichts gelten, als die Wissenschaft,
und kein anderer Unterschied seyn, als welchen
das Talent und die Bildung macht. Men¬
schen, die bloß da sind, um sich auf andere
Weise geltend zu machen, durch Verschwendung,
durch nutzlose Hinbringung der Zeit in geistlo¬
sen Vergnügungen, mit Einem Wort privile¬
girte Müssiggänger, wie es in der bürgerlichen
Gesellschaft giebt -- und gewöhnlich sind es
diese, die auf Universitäten am meisten Rohheit
verbreiten -- sollen hier nicht geduldet, und
wer seinen Fleiß und seine auf die Wissenschaft

keinen. — Der Staat hat zur Erreichung ſeiner
Abſichten Trennungen noͤthig, nicht die in der Un¬
gleichheit der Staͤnde beſtehende, ſondern die weit
mehr innerliche, durch das Iſoliren und Entge¬
genſetzen des einzelnen Talents, die Unterdruͤ¬
ckung ſo vieler Individualitaͤten, die Richtung
der Kraͤfte nach ſo ganz verſchiedenen Seiten,
um ſie zu deſto tauglicheren Inſtrumenten fuͤr
ihn ſelbſt zu machen. In einem wiſſenſchaftli¬
chen Verein haben alle Mitglieder der Natur
der Sache nach Einen Zweck: es ſoll auf
Academieen nichts gelten, als die Wiſſenſchaft,
und kein anderer Unterſchied ſeyn, als welchen
das Talent und die Bildung macht. Men¬
ſchen, die bloß da ſind, um ſich auf andere
Weiſe geltend zu machen, durch Verſchwendung,
durch nutzloſe Hinbringung der Zeit in geiſtlo¬
ſen Vergnuͤgungen, mit Einem Wort privile¬
girte Muͤſſiggaͤnger, wie es in der buͤrgerlichen
Geſellſchaft giebt — und gewoͤhnlich ſind es
dieſe, die auf Univerſitaͤten am meiſten Rohheit
verbreiten — ſollen hier nicht geduldet, und
wer ſeinen Fleiß und ſeine auf die Wiſſenſchaft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="53"/>
keinen. &#x2014; Der Staat hat zur Erreichung &#x017F;einer<lb/>
Ab&#x017F;ichten Trennungen no&#x0364;thig, nicht die in der Un¬<lb/>
gleichheit der Sta&#x0364;nde be&#x017F;tehende, &#x017F;ondern die weit<lb/>
mehr innerliche, durch das I&#x017F;oliren und Entge¬<lb/>
gen&#x017F;etzen des einzelnen Talents, die Unterdru&#x0364;¬<lb/>
ckung &#x017F;o vieler Individualita&#x0364;ten, die Richtung<lb/>
der Kra&#x0364;fte nach &#x017F;o ganz ver&#x017F;chiedenen Seiten,<lb/>
um &#x017F;ie zu de&#x017F;to tauglicheren In&#x017F;trumenten fu&#x0364;r<lb/>
ihn &#x017F;elb&#x017F;t zu machen. In einem wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftli¬<lb/>
chen Verein haben alle Mitglieder der Natur<lb/>
der Sache nach Einen Zweck: es <hi rendition="#g">&#x017F;oll</hi> auf<lb/>
Academieen nichts gelten, als die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft,<lb/>
und kein anderer Unter&#x017F;chied &#x017F;eyn, als welchen<lb/>
das Talent und die Bildung macht. Men¬<lb/>
&#x017F;chen, die bloß da &#x017F;ind, um &#x017F;ich auf andere<lb/>
Wei&#x017F;e geltend zu machen, durch Ver&#x017F;chwendung,<lb/>
durch nutzlo&#x017F;e Hinbringung der Zeit in gei&#x017F;tlo¬<lb/>
&#x017F;en Vergnu&#x0364;gungen, mit Einem Wort privile¬<lb/>
girte Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igga&#x0364;nger, wie es in der bu&#x0364;rgerlichen<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft giebt &#x2014; und gewo&#x0364;hnlich &#x017F;ind es<lb/>
die&#x017F;e, die auf Univer&#x017F;ita&#x0364;ten am mei&#x017F;ten Rohheit<lb/>
verbreiten &#x2014; &#x017F;ollen hier nicht geduldet, und<lb/>
wer &#x017F;einen Fleiß und &#x017F;eine auf die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0062] keinen. — Der Staat hat zur Erreichung ſeiner Abſichten Trennungen noͤthig, nicht die in der Un¬ gleichheit der Staͤnde beſtehende, ſondern die weit mehr innerliche, durch das Iſoliren und Entge¬ genſetzen des einzelnen Talents, die Unterdruͤ¬ ckung ſo vieler Individualitaͤten, die Richtung der Kraͤfte nach ſo ganz verſchiedenen Seiten, um ſie zu deſto tauglicheren Inſtrumenten fuͤr ihn ſelbſt zu machen. In einem wiſſenſchaftli¬ chen Verein haben alle Mitglieder der Natur der Sache nach Einen Zweck: es ſoll auf Academieen nichts gelten, als die Wiſſenſchaft, und kein anderer Unterſchied ſeyn, als welchen das Talent und die Bildung macht. Men¬ ſchen, die bloß da ſind, um ſich auf andere Weiſe geltend zu machen, durch Verſchwendung, durch nutzloſe Hinbringung der Zeit in geiſtlo¬ ſen Vergnuͤgungen, mit Einem Wort privile¬ girte Muͤſſiggaͤnger, wie es in der buͤrgerlichen Geſellſchaft giebt — und gewoͤhnlich ſind es dieſe, die auf Univerſitaͤten am meiſten Rohheit verbreiten — ſollen hier nicht geduldet, und wer ſeinen Fleiß und ſeine auf die Wiſſenſchaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/62
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/62>, abgerufen am 24.11.2024.