Idee und der Wirklichkeit zeigt, so ist es, weil sie vorläufig ganz andre Zwecke zu verfolgen hat, als aus jener hervorgehen, und die Mit¬ tel so übermächtig geworden sind, daß sie den Zweck selbst, zu dem sie erfunden sind, unter graben. Die Universitäten, da sie nur Verbin¬ dungen für die Wissenschaften sind, brauchen, außer dem, was der Staat freywillig und sei¬ nes eignen Vortheils wegen für ihre äußere Exi¬ stenz thun muß, keine andern Veranstaltungen für das Reale, als welche aus der Idee selbst fließen: die Weisheit vereinigt sich hier unmit¬ telbar mit der Klugheit; man hat nur das zu thun, was die Idee des Vereins für die Wis¬ senschaft ohnehin vorschreibt, um auch die Ver¬ fassung der Academieen vollkommen zu machen.
Die bürgerliche Gesellschaft, so lange sie noch empirische Zwecke zum Nachtheil der abso¬ luten verfolgen muß, kann nur eine scheinbare und gezwungene, keine wahrhaft innere Iden¬ tität herstellen. Academieen können nur einen ab¬ soluten Zweck haben: außer diesem haben sie gar
Idee und der Wirklichkeit zeigt, ſo iſt es, weil ſie vorlaͤufig ganz andre Zwecke zu verfolgen hat, als aus jener hervorgehen, und die Mit¬ tel ſo uͤbermaͤchtig geworden ſind, daß ſie den Zweck ſelbſt, zu dem ſie erfunden ſind, unter graben. Die Univerſitaͤten, da ſie nur Verbin¬ dungen fuͤr die Wiſſenſchaften ſind, brauchen, außer dem, was der Staat freywillig und ſei¬ nes eignen Vortheils wegen fuͤr ihre aͤußere Exi¬ ſtenz thun muß, keine andern Veranſtaltungen fuͤr das Reale, als welche aus der Idee ſelbſt fließen: die Weisheit vereinigt ſich hier unmit¬ telbar mit der Klugheit; man hat nur das zu thun, was die Idee des Vereins fuͤr die Wiſ¬ ſenſchaft ohnehin vorſchreibt, um auch die Ver¬ faſſung der Academieen vollkommen zu machen.
Die buͤrgerliche Geſellſchaft, ſo lange ſie noch empiriſche Zwecke zum Nachtheil der abſo¬ luten verfolgen muß, kann nur eine ſcheinbare und gezwungene, keine wahrhaft innere Iden¬ titaͤt herſtellen. Academieen koͤnnen nur einen ab¬ ſoluten Zweck haben: außer dieſem haben ſie gar
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Idee und der Wirklichkeit zeigt, ſo iſt es, weil
ſie vorlaͤufig ganz andre Zwecke zu verfolgen
hat, als aus jener hervorgehen, und die Mit¬
tel ſo uͤbermaͤchtig geworden ſind, daß ſie den
Zweck ſelbſt, zu dem ſie erfunden ſind, unter
graben. Die Univerſitaͤten, da ſie nur Verbin¬
dungen fuͤr die Wiſſenſchaften ſind, brauchen,
außer dem, was der Staat freywillig und ſei¬
nes eignen Vortheils wegen fuͤr ihre aͤußere Exi¬
ſtenz thun muß, keine andern Veranſtaltungen
fuͤr das Reale, als welche aus der Idee ſelbſt
fließen: die Weisheit vereinigt ſich hier unmit¬
telbar mit der Klugheit; man hat nur das zu
thun, was die Idee des Vereins fuͤr die Wiſ¬
ſenſchaft ohnehin vorſchreibt, um auch die Ver¬
faſſung der Academieen vollkommen zu machen.
Die buͤrgerliche Geſellſchaft, ſo lange ſie
noch empiriſche Zwecke zum Nachtheil der abſo¬
luten verfolgen muß, kann nur eine ſcheinbare
und gezwungene, keine wahrhaft innere Iden¬
titaͤt herſtellen. Academieen koͤnnen nur einen ab¬
ſoluten Zweck haben: außer dieſem haben ſie gar
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/61>, abgerufen am 24.11.2024.
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