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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

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Idee und der Wirklichkeit zeigt, so ist es, weil
sie vorläufig ganz andre Zwecke zu verfolgen
hat, als aus jener hervorgehen, und die Mit¬
tel so übermächtig geworden sind, daß sie den
Zweck selbst, zu dem sie erfunden sind, unter
graben. Die Universitäten, da sie nur Verbin¬
dungen für die Wissenschaften sind, brauchen,
außer dem, was der Staat freywillig und sei¬
nes eignen Vortheils wegen für ihre äußere Exi¬
stenz thun muß, keine andern Veranstaltungen
für das Reale, als welche aus der Idee selbst
fließen: die Weisheit vereinigt sich hier unmit¬
telbar mit der Klugheit; man hat nur das zu
thun, was die Idee des Vereins für die Wis¬
senschaft ohnehin vorschreibt, um auch die Ver¬
fassung der Academieen vollkommen zu machen.

Die bürgerliche Gesellschaft, so lange sie
noch empirische Zwecke zum Nachtheil der abso¬
luten verfolgen muß, kann nur eine scheinbare
und gezwungene, keine wahrhaft innere Iden¬
tität herstellen. Academieen können nur einen ab¬
soluten Zweck haben: außer diesem haben sie gar

Idee und der Wirklichkeit zeigt, ſo iſt es, weil
ſie vorlaͤufig ganz andre Zwecke zu verfolgen
hat, als aus jener hervorgehen, und die Mit¬
tel ſo uͤbermaͤchtig geworden ſind, daß ſie den
Zweck ſelbſt, zu dem ſie erfunden ſind, unter
graben. Die Univerſitaͤten, da ſie nur Verbin¬
dungen fuͤr die Wiſſenſchaften ſind, brauchen,
außer dem, was der Staat freywillig und ſei¬
nes eignen Vortheils wegen fuͤr ihre aͤußere Exi¬
ſtenz thun muß, keine andern Veranſtaltungen
fuͤr das Reale, als welche aus der Idee ſelbſt
fließen: die Weisheit vereinigt ſich hier unmit¬
telbar mit der Klugheit; man hat nur das zu
thun, was die Idee des Vereins fuͤr die Wiſ¬
ſenſchaft ohnehin vorſchreibt, um auch die Ver¬
faſſung der Academieen vollkommen zu machen.

Die buͤrgerliche Geſellſchaft, ſo lange ſie
noch empiriſche Zwecke zum Nachtheil der abſo¬
luten verfolgen muß, kann nur eine ſcheinbare
und gezwungene, keine wahrhaft innere Iden¬
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[52/0061] Idee und der Wirklichkeit zeigt, ſo iſt es, weil ſie vorlaͤufig ganz andre Zwecke zu verfolgen hat, als aus jener hervorgehen, und die Mit¬ tel ſo uͤbermaͤchtig geworden ſind, daß ſie den Zweck ſelbſt, zu dem ſie erfunden ſind, unter graben. Die Univerſitaͤten, da ſie nur Verbin¬ dungen fuͤr die Wiſſenſchaften ſind, brauchen, außer dem, was der Staat freywillig und ſei¬ nes eignen Vortheils wegen fuͤr ihre aͤußere Exi¬ ſtenz thun muß, keine andern Veranſtaltungen fuͤr das Reale, als welche aus der Idee ſelbſt fließen: die Weisheit vereinigt ſich hier unmit¬ telbar mit der Klugheit; man hat nur das zu thun, was die Idee des Vereins fuͤr die Wiſ¬ ſenſchaft ohnehin vorſchreibt, um auch die Ver¬ faſſung der Academieen vollkommen zu machen. Die buͤrgerliche Geſellſchaft, ſo lange ſie noch empiriſche Zwecke zum Nachtheil der abſo¬ luten verfolgen muß, kann nur eine ſcheinbare und gezwungene, keine wahrhaft innere Iden¬ titaͤt herſtellen. Academieen koͤnnen nur einen ab¬ ſoluten Zweck haben: außer dieſem haben ſie gar

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/61>, abgerufen am 24.11.2024.