täten als bloße Anstalten zur Ueberlieferung des Wissens, als einen Verein betrachten, der bloß die Absicht hätte, daß jeder in der Jugend ler¬ nen könnte, was bis zu seiner Zeit in den Wis¬ senschaften geleistet worden ist, so daß es auch als eine Zufälligkeit betrachtet werden müßte, wenn die Lehrer, außer dem daß sie das Vorhandene mittheilen, auch noch die Wissen¬ schaft durch eigne Erfindungen bereichern: -- allein selbst angenommen, daß mit den Acade¬ mieen zunächst nicht mehr, als dieses, beab¬ sichtigt würde und werden sollte, so fodert man doch ohne Zweifel zugleich, daß die Ueberliefe¬ rung mit Geist geschehe, widrigenfalls begreift man nicht, wofür nur überhaupt der lebendige Vortrag auf Academieen nothwendig wäre; man könnte alsdann den Lehrling unmittelbar nur an die ausdrücklich für ihn geschriebenen, ge¬ meinfaßlichen Handbücher oder an die dicken Com¬ pilationen in allen Fächern verweisen. Zu ei¬ ner geistreichen Ueberlieferung gehört aber ohne Zweifel, daß man im Stande sey, die Erfin¬ dungen anderer aus der vergangenen und gegen¬
taͤten als bloße Anſtalten zur Ueberlieferung des Wiſſens, als einen Verein betrachten, der bloß die Abſicht haͤtte, daß jeder in der Jugend ler¬ nen koͤnnte, was bis zu ſeiner Zeit in den Wiſ¬ ſenſchaften geleiſtet worden iſt, ſo daß es auch als eine Zufaͤlligkeit betrachtet werden muͤßte, wenn die Lehrer, außer dem daß ſie das Vorhandene mittheilen, auch noch die Wiſſen¬ ſchaft durch eigne Erfindungen bereichern: — allein ſelbſt angenommen, daß mit den Acade¬ mieen zunaͤchſt nicht mehr, als dieſes, beab¬ ſichtigt wuͤrde und werden ſollte, ſo fodert man doch ohne Zweifel zugleich, daß die Ueberliefe¬ rung mit Geiſt geſchehe, widrigenfalls begreift man nicht, wofuͤr nur uͤberhaupt der lebendige Vortrag auf Academieen nothwendig waͤre; man koͤnnte alsdann den Lehrling unmittelbar nur an die ausdruͤcklich fuͤr ihn geſchriebenen, ge¬ meinfaßlichen Handbuͤcher oder an die dicken Com¬ pilationen in allen Faͤchern verweiſen. Zu ei¬ ner geiſtreichen Ueberlieferung gehoͤrt aber ohne Zweifel, daß man im Stande ſey, die Erfin¬ dungen anderer aus der vergangenen und gegen¬
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[46/0055]
taͤten als bloße Anſtalten zur Ueberlieferung des
Wiſſens, als einen Verein betrachten, der bloß
die Abſicht haͤtte, daß jeder in der Jugend ler¬
nen koͤnnte, was bis zu ſeiner Zeit in den Wiſ¬
ſenſchaften geleiſtet worden iſt, ſo daß es
auch als eine Zufaͤlligkeit betrachtet werden
muͤßte, wenn die Lehrer, außer dem daß ſie das
Vorhandene mittheilen, auch noch die Wiſſen¬
ſchaft durch eigne Erfindungen bereichern: —
allein ſelbſt angenommen, daß mit den Acade¬
mieen zunaͤchſt nicht mehr, als dieſes, beab¬
ſichtigt wuͤrde und werden ſollte, ſo fodert man
doch ohne Zweifel zugleich, daß die Ueberliefe¬
rung mit Geiſt geſchehe, widrigenfalls begreift
man nicht, wofuͤr nur uͤberhaupt der lebendige
Vortrag auf Academieen nothwendig waͤre;
man koͤnnte alsdann den Lehrling unmittelbar
nur an die ausdruͤcklich fuͤr ihn geſchriebenen, ge¬
meinfaßlichen Handbuͤcher oder an die dicken Com¬
pilationen in allen Faͤchern verweiſen. Zu ei¬
ner geiſtreichen Ueberlieferung gehoͤrt aber ohne
Zweifel, daß man im Stande ſey, die Erfin¬
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/55>, abgerufen am 23.11.2024.
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