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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

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das Wissen mit dem Handeln Eins wäre, die¬
ses immer aus jenem folgen müßte, da man
doch sehr gut das Rechte wissen könne, ohne es
deswegen zu thun, und was dergleichen mehr
ist. Sie haben ganz Recht, daß das Handeln
aus dem Wissen nicht folge, und sie sprechen
eben in jener Reflexion aus, daß das Wissen
nicht Mittel des Handelns sey. Sie haben nur
darin Unrecht, eine solche Folge zu erwarten.
Sie begreifen keine Verhältnisse zwischen Abso¬
luten; nicht, wie jedes Besondere für sich un¬
bedingt seyn kann, und machen das eine im
Verhältniß des Zwecks so gut wie das andere
im Verhältniß des Mittels zu einem Abhän¬
gigen.

Wissen und Handeln können nie anders in
wahrer Harmonie seyn, als durch die gleiche
Absolutheit. Wie es kein wahres Wissen giebt,
welches nicht mittelbar oder unmittelbar Aus¬
druck des Urwissens ist, so kein wahres Han¬
deln, welches nicht, und wär' es durch noch so
viele Mittelglieder, das Urhandeln und in ihm
das göttliche Wesen ausdrückt. Diejenige Frey¬

das Wiſſen mit dem Handeln Eins waͤre, die¬
ſes immer aus jenem folgen muͤßte, da man
doch ſehr gut das Rechte wiſſen koͤnne, ohne es
deswegen zu thun, und was dergleichen mehr
iſt. Sie haben ganz Recht, daß das Handeln
aus dem Wiſſen nicht folge, und ſie ſprechen
eben in jener Reflexion aus, daß das Wiſſen
nicht Mittel des Handelns ſey. Sie haben nur
darin Unrecht, eine ſolche Folge zu erwarten.
Sie begreifen keine Verhaͤltniſſe zwiſchen Abſo¬
luten; nicht, wie jedes Beſondere fuͤr ſich un¬
bedingt ſeyn kann, und machen das eine im
Verhaͤltniß des Zwecks ſo gut wie das andere
im Verhaͤltniß des Mittels zu einem Abhaͤn¬
gigen.

Wiſſen und Handeln koͤnnen nie anders in
wahrer Harmonie ſeyn, als durch die gleiche
Abſolutheit. Wie es kein wahres Wiſſen giebt,
welches nicht mittelbar oder unmittelbar Aus¬
druck des Urwiſſens iſt, ſo kein wahres Han¬
deln, welches nicht, und waͤr' es durch noch ſo
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[25/0034] das Wiſſen mit dem Handeln Eins waͤre, die¬ ſes immer aus jenem folgen muͤßte, da man doch ſehr gut das Rechte wiſſen koͤnne, ohne es deswegen zu thun, und was dergleichen mehr iſt. Sie haben ganz Recht, daß das Handeln aus dem Wiſſen nicht folge, und ſie ſprechen eben in jener Reflexion aus, daß das Wiſſen nicht Mittel des Handelns ſey. Sie haben nur darin Unrecht, eine ſolche Folge zu erwarten. Sie begreifen keine Verhaͤltniſſe zwiſchen Abſo¬ luten; nicht, wie jedes Beſondere fuͤr ſich un¬ bedingt ſeyn kann, und machen das eine im Verhaͤltniß des Zwecks ſo gut wie das andere im Verhaͤltniß des Mittels zu einem Abhaͤn¬ gigen. Wiſſen und Handeln koͤnnen nie anders in wahrer Harmonie ſeyn, als durch die gleiche Abſolutheit. Wie es kein wahres Wiſſen giebt, welches nicht mittelbar oder unmittelbar Aus¬ druck des Urwiſſens iſt, ſo kein wahres Han¬ deln, welches nicht, und waͤr' es durch noch ſo viele Mittelglieder, das Urhandeln und in ihm das goͤttliche Weſen ausdruͤckt. Diejenige Frey¬

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/34>, abgerufen am 29.03.2024.