drückt, auf wissenschaftliche Art, von den er¬ sten Grundsätzen aus, durchgeführt würde, da, so lange dieß nicht geschehen ist, im Urtheil wie in der Foderung, neben dem, was an sich gemein und platt ist, auch das Beschränkte, das Einseitige, das Grillenhafte bestehen kann. Die Construction der Kunst in jeder ihrer bestimmten Formen bis ins Concrete herab führt von selbst zur Bestimmung derselben durch Bedingungen der Zeit und geht also da¬ durch in die historische Construction über. An der vollständigen Möglichkeit einer solchen und Ausdehnung auf die ganze Geschichte der Kunst ist um so weniger zu zweifeln, nachdem der allgemeine Dualismus des Universum, in dem Gegensatz der antiken und modernen Kunst, auch in diesem Gebiet dargestellt und auf die bedeutendste Weise, theils durch das Organ der Poesie selbst, theils durch die Kritik geltend ge¬ macht worden ist. Da Construction allgemein Aufhebung von Gegensätzen ist, und die, wel¬ che in Ansehung der Kunst durch ihre Zeitab¬ hängigkeit gesetzt sind, wie die Zeit selbst, un¬
druͤckt, auf wiſſenſchaftliche Art, von den er¬ ſten Grundſaͤtzen aus, durchgefuͤhrt wuͤrde, da, ſo lange dieß nicht geſchehen iſt, im Urtheil wie in der Foderung, neben dem, was an ſich gemein und platt iſt, auch das Beſchraͤnkte, das Einſeitige, das Grillenhafte beſtehen kann. Die Conſtruction der Kunſt in jeder ihrer beſtimmten Formen bis ins Concrete herab fuͤhrt von ſelbſt zur Beſtimmung derſelben durch Bedingungen der Zeit und geht alſo da¬ durch in die hiſtoriſche Conſtruction uͤber. An der vollſtaͤndigen Moͤglichkeit einer ſolchen und Ausdehnung auf die ganze Geſchichte der Kunſt iſt um ſo weniger zu zweifeln, nachdem der allgemeine Dualismus des Univerſum, in dem Gegenſatz der antiken und modernen Kunſt, auch in dieſem Gebiet dargeſtellt und auf die bedeutendſte Weiſe, theils durch das Organ der Poeſie ſelbſt, theils durch die Kritik geltend ge¬ macht worden iſt. Da Conſtruction allgemein Aufhebung von Gegenſaͤtzen iſt, und die, wel¬ che in Anſehung der Kunſt durch ihre Zeitab¬ haͤngigkeit geſetzt ſind, wie die Zeit ſelbſt, un¬
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druͤckt, auf wiſſenſchaftliche Art, von den er¬
ſten Grundſaͤtzen aus, durchgefuͤhrt wuͤrde, da,
ſo lange dieß nicht geſchehen iſt, im Urtheil
wie in der Foderung, neben dem, was an ſich
gemein und platt iſt, auch das Beſchraͤnkte,
das Einſeitige, das Grillenhafte beſtehen kann.
Die Conſtruction der Kunſt in jeder ihrer
beſtimmten Formen bis ins Concrete herab
fuͤhrt von ſelbſt zur Beſtimmung derſelben
durch Bedingungen der Zeit und geht alſo da¬
durch in die hiſtoriſche Conſtruction uͤber. An
der vollſtaͤndigen Moͤglichkeit einer ſolchen und
Ausdehnung auf die ganze Geſchichte der Kunſt
iſt um ſo weniger zu zweifeln, nachdem der
allgemeine Dualismus des Univerſum, in dem
Gegenſatz der antiken und modernen Kunſt,
auch in dieſem Gebiet dargeſtellt und auf die
bedeutendſte Weiſe, theils durch das Organ der
Poeſie ſelbſt, theils durch die Kritik geltend ge¬
macht worden iſt. Da Conſtruction allgemein
Aufhebung von Gegenſaͤtzen iſt, und die, wel¬
che in Anſehung der Kunſt durch ihre Zeitab¬
haͤngigkeit geſetzt ſind, wie die Zeit ſelbſt, un¬
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/328>, abgerufen am 22.11.2024.
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