Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

drückt, auf wissenschaftliche Art, von den er¬
sten Grundsätzen aus, durchgeführt würde, da,
so lange dieß nicht geschehen ist, im Urtheil
wie in der Foderung, neben dem, was an sich
gemein und platt ist, auch das Beschränkte,
das Einseitige, das Grillenhafte bestehen kann.
Die Construction der Kunst in jeder ihrer
bestimmten Formen bis ins Concrete herab
führt von selbst zur Bestimmung derselben
durch Bedingungen der Zeit und geht also da¬
durch in die historische Construction über. An
der vollständigen Möglichkeit einer solchen und
Ausdehnung auf die ganze Geschichte der Kunst
ist um so weniger zu zweifeln, nachdem der
allgemeine Dualismus des Universum, in dem
Gegensatz der antiken und modernen Kunst,
auch in diesem Gebiet dargestellt und auf die
bedeutendste Weise, theils durch das Organ der
Poesie selbst, theils durch die Kritik geltend ge¬
macht worden ist. Da Construction allgemein
Aufhebung von Gegensätzen ist, und die, wel¬
che in Ansehung der Kunst durch ihre Zeitab¬
hängigkeit gesetzt sind, wie die Zeit selbst, un¬

druͤckt, auf wiſſenſchaftliche Art, von den er¬
ſten Grundſaͤtzen aus, durchgefuͤhrt wuͤrde, da,
ſo lange dieß nicht geſchehen iſt, im Urtheil
wie in der Foderung, neben dem, was an ſich
gemein und platt iſt, auch das Beſchraͤnkte,
das Einſeitige, das Grillenhafte beſtehen kann.
Die Conſtruction der Kunſt in jeder ihrer
beſtimmten Formen bis ins Concrete herab
fuͤhrt von ſelbſt zur Beſtimmung derſelben
durch Bedingungen der Zeit und geht alſo da¬
durch in die hiſtoriſche Conſtruction uͤber. An
der vollſtaͤndigen Moͤglichkeit einer ſolchen und
Ausdehnung auf die ganze Geſchichte der Kunſt
iſt um ſo weniger zu zweifeln, nachdem der
allgemeine Dualismus des Univerſum, in dem
Gegenſatz der antiken und modernen Kunſt,
auch in dieſem Gebiet dargeſtellt und auf die
bedeutendſte Weiſe, theils durch das Organ der
Poeſie ſelbſt, theils durch die Kritik geltend ge¬
macht worden iſt. Da Conſtruction allgemein
Aufhebung von Gegenſaͤtzen iſt, und die, wel¬
che in Anſehung der Kunſt durch ihre Zeitab¬
haͤngigkeit geſetzt ſind, wie die Zeit ſelbſt, un¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0328" n="319"/>
dru&#x0364;ckt, auf wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche Art, von den er¬<lb/>
&#x017F;ten Grund&#x017F;a&#x0364;tzen aus, durchgefu&#x0364;hrt wu&#x0364;rde, da,<lb/>
&#x017F;o lange dieß nicht ge&#x017F;chehen i&#x017F;t, im Urtheil<lb/>
wie in der Foderung, neben dem, was an &#x017F;ich<lb/>
gemein und platt i&#x017F;t, auch das Be&#x017F;chra&#x0364;nkte,<lb/>
das Ein&#x017F;eitige, das Grillenhafte be&#x017F;tehen kann.<lb/>
Die Con&#x017F;truction der Kun&#x017F;t in jeder ihrer<lb/>
be&#x017F;timmten Formen bis ins Concrete herab<lb/>
fu&#x0364;hrt von &#x017F;elb&#x017F;t zur Be&#x017F;timmung der&#x017F;elben<lb/>
durch Bedingungen der Zeit und geht al&#x017F;o da¬<lb/>
durch in die hi&#x017F;tori&#x017F;che Con&#x017F;truction u&#x0364;ber. An<lb/>
der voll&#x017F;ta&#x0364;ndigen Mo&#x0364;glichkeit einer &#x017F;olchen und<lb/>
Ausdehnung auf die ganze Ge&#x017F;chichte der Kun&#x017F;t<lb/>
i&#x017F;t um &#x017F;o weniger zu zweifeln, nachdem der<lb/>
allgemeine Dualismus des Univer&#x017F;um, in dem<lb/>
Gegen&#x017F;atz der antiken und modernen Kun&#x017F;t,<lb/>
auch in die&#x017F;em Gebiet darge&#x017F;tellt und auf die<lb/>
bedeutend&#x017F;te Wei&#x017F;e, theils durch das Organ der<lb/>
Poe&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, theils durch die Kritik geltend ge¬<lb/>
macht worden i&#x017F;t. Da Con&#x017F;truction allgemein<lb/>
Aufhebung von Gegen&#x017F;a&#x0364;tzen i&#x017F;t, und die, wel¬<lb/>
che in An&#x017F;ehung der Kun&#x017F;t durch ihre Zeitab¬<lb/>
ha&#x0364;ngigkeit ge&#x017F;etzt &#x017F;ind, wie die Zeit &#x017F;elb&#x017F;t, un¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[319/0328] druͤckt, auf wiſſenſchaftliche Art, von den er¬ ſten Grundſaͤtzen aus, durchgefuͤhrt wuͤrde, da, ſo lange dieß nicht geſchehen iſt, im Urtheil wie in der Foderung, neben dem, was an ſich gemein und platt iſt, auch das Beſchraͤnkte, das Einſeitige, das Grillenhafte beſtehen kann. Die Conſtruction der Kunſt in jeder ihrer beſtimmten Formen bis ins Concrete herab fuͤhrt von ſelbſt zur Beſtimmung derſelben durch Bedingungen der Zeit und geht alſo da¬ durch in die hiſtoriſche Conſtruction uͤber. An der vollſtaͤndigen Moͤglichkeit einer ſolchen und Ausdehnung auf die ganze Geſchichte der Kunſt iſt um ſo weniger zu zweifeln, nachdem der allgemeine Dualismus des Univerſum, in dem Gegenſatz der antiken und modernen Kunſt, auch in dieſem Gebiet dargeſtellt und auf die bedeutendſte Weiſe, theils durch das Organ der Poeſie ſelbſt, theils durch die Kritik geltend ge¬ macht worden iſt. Da Conſtruction allgemein Aufhebung von Gegenſaͤtzen iſt, und die, wel¬ che in Anſehung der Kunſt durch ihre Zeitab¬ haͤngigkeit geſetzt ſind, wie die Zeit ſelbſt, un¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/328
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/328>, abgerufen am 05.05.2024.