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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

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Wissenschaft der Kunst kann vorerst die histo¬
rische Construction derselben bedeuten. In die¬
sem Sinne fodert sie als äußere Bedingung
nothwendig unmittelbare Anschauung der vor¬
handenen Denkmäler. Da diese in Ansehung
der Werke der Dichtkunst allgemein möglich ist,
wird auch jene in der angegebenen Beziehung,
als Philologie, ausdrücklich unter die Gegen¬
stände des academischen Vortrags gezählt.
Demungeachtet wird auf Universitäten nichts
seltener gelehrt als Philologie in dem zu¬
vor bestimmten Sinne, welches nicht zu ver¬
wundern, da jene eben so sehr Kunst ist, wie
die Poesie und der Philologe nicht minder als
der Dichter gebohren wird.

Noch viel weniger also ist die Idee einer
historischen Construction der Werke bildender
Kunst auf Universitäten zu suchen, da sie der
unmittelbaren Anschauung derselben beraubt
sind, und wo etwa auch Ehrenhalber, mit Un¬

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Wiſſenſchaft der Kunſt kann vorerſt die hiſto¬
riſche Conſtruction derſelben bedeuten. In die¬
ſem Sinne fodert ſie als aͤußere Bedingung
nothwendig unmittelbare Anſchauung der vor¬
handenen Denkmaͤler. Da dieſe in Anſehung
der Werke der Dichtkunſt allgemein moͤglich iſt,
wird auch jene in der angegebenen Beziehung,
als Philologie, ausdruͤcklich unter die Gegen¬
ſtaͤnde des academiſchen Vortrags gezaͤhlt.
Demungeachtet wird auf Univerſitaͤten nichts
ſeltener gelehrt als Philologie in dem zu¬
vor beſtimmten Sinne, welches nicht zu ver¬
wundern, da jene eben ſo ſehr Kunſt iſt, wie
die Poeſie und der Philologe nicht minder als
der Dichter gebohren wird.

Noch viel weniger alſo iſt die Idee einer
hiſtoriſchen Conſtruction der Werke bildender
Kunſt auf Univerſitaͤten zu ſuchen, da ſie der
unmittelbaren Anſchauung derſelben beraubt
ſind, und wo etwa auch Ehrenhalber, mit Un¬

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[305/0314] Wiſſenſchaft der Kunſt kann vorerſt die hiſto¬ riſche Conſtruction derſelben bedeuten. In die¬ ſem Sinne fodert ſie als aͤußere Bedingung nothwendig unmittelbare Anſchauung der vor¬ handenen Denkmaͤler. Da dieſe in Anſehung der Werke der Dichtkunſt allgemein moͤglich iſt, wird auch jene in der angegebenen Beziehung, als Philologie, ausdruͤcklich unter die Gegen¬ ſtaͤnde des academiſchen Vortrags gezaͤhlt. Demungeachtet wird auf Univerſitaͤten nichts ſeltener gelehrt als Philologie in dem zu¬ vor beſtimmten Sinne, welches nicht zu ver¬ wundern, da jene eben ſo ſehr Kunſt iſt, wie die Poeſie und der Philologe nicht minder als der Dichter gebohren wird. Noch viel weniger alſo iſt die Idee einer hiſtoriſchen Conſtruction der Werke bildender Kunſt auf Univerſitaͤten zu ſuchen, da ſie der unmittelbaren Anſchauung derſelben beraubt ſind, und wo etwa auch Ehrenhalber, mit Un¬ 20

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/314>, abgerufen am 22.11.2024.