Daß nun erstens die Medicin allgemeine Wissenschaft der organischen Natur werden müsse, von welcher die sonst getrennten Thei¬ le derselben sämmtlich nur Zweige wären, und daß um ihr sowohl diesen Umfang und innere Einheit, als den Rang einer Wissenschaft zu ge¬ ben, die ersten Grundsätze, auf denen sie ruht, nicht empirisch oder hypothetisch, sondern durch sich selbst gewiß und philosophisch seyn müssen: dieß ist zwar seit einiger Zeit allge¬ meiner gefühlt und anerkannt worden, als es in Ansehung der übrigen Theile der Natur¬ lehre der Fall ist. Aber auch hier sollte die Philosophie vorerst kein weiteres Geschäft ha¬ ben, als in die vorhandene und gegebene Mannichfaltigkeit die äußere formale Einheit zu bringen und den Aerzten, deren Wissen¬ schaft durch Dichter und Philosophen seit ge¬ raumer Zeit zweydeutig geworden war, wie¬ der einen guten Namen zu machen. Wenn Browns Lehre durch nichts ausgezeichnet wä¬ re, als durch die Reinheit von empiri¬ schen Erklärungen und Hypothesen, die Aner¬
Daß nun erſtens die Medicin allgemeine Wiſſenſchaft der organiſchen Natur werden muͤſſe, von welcher die ſonſt getrennten Thei¬ le derſelben ſaͤmmtlich nur Zweige waͤren, und daß um ihr ſowohl dieſen Umfang und innere Einheit, als den Rang einer Wiſſenſchaft zu ge¬ ben, die erſten Grundſaͤtze, auf denen ſie ruht, nicht empiriſch oder hypothetiſch, ſondern durch ſich ſelbſt gewiß und philoſophiſch ſeyn muͤſſen: dieß iſt zwar ſeit einiger Zeit allge¬ meiner gefuͤhlt und anerkannt worden, als es in Anſehung der uͤbrigen Theile der Natur¬ lehre der Fall iſt. Aber auch hier ſollte die Philoſophie vorerſt kein weiteres Geſchaͤft ha¬ ben, als in die vorhandene und gegebene Mannichfaltigkeit die aͤußere formale Einheit zu bringen und den Aerzten, deren Wiſſen¬ ſchaft durch Dichter und Philoſophen ſeit ge¬ raumer Zeit zweydeutig geworden war, wie¬ der einen guten Namen zu machen. Wenn Browns Lehre durch nichts ausgezeichnet waͤ¬ re, als durch die Reinheit von empiri¬ ſchen Erklaͤrungen und Hypotheſen, die Aner¬
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Daß nun erſtens die Medicin allgemeine
Wiſſenſchaft der organiſchen Natur werden
muͤſſe, von welcher die ſonſt getrennten Thei¬
le derſelben ſaͤmmtlich nur Zweige waͤren, und
daß um ihr ſowohl dieſen Umfang und innere
Einheit, als den Rang einer Wiſſenſchaft zu ge¬
ben, die erſten Grundſaͤtze, auf denen ſie ruht,
nicht empiriſch oder hypothetiſch, ſondern
durch ſich ſelbſt gewiß und philoſophiſch ſeyn
muͤſſen: dieß iſt zwar ſeit einiger Zeit allge¬
meiner gefuͤhlt und anerkannt worden, als es
in Anſehung der uͤbrigen Theile der Natur¬
lehre der Fall iſt. Aber auch hier ſollte die
Philoſophie vorerſt kein weiteres Geſchaͤft ha¬
ben, als in die vorhandene und gegebene
Mannichfaltigkeit die aͤußere formale Einheit
zu bringen und den Aerzten, deren Wiſſen¬
ſchaft durch Dichter und Philoſophen ſeit ge¬
raumer Zeit zweydeutig geworden war, wie¬
der einen guten Namen zu machen. Wenn
Browns Lehre durch nichts ausgezeichnet waͤ¬
re, als durch die Reinheit von empiri¬
ſchen Erklaͤrungen und Hypotheſen, die Aner¬
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/294>, abgerufen am 27.11.2024.
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